Es waren lange und intensive Verhandlungen. Als die Geschäftsführung der Rendsburger Werft Nobiskrug im Juni auf einer Betriebsversammlung ankündigte, bis zu 200 Stellen abbauen zu wollen und obendrein einen „Mitarbeiterbeitrag“ von zwei Millionen Euro pro Jahr einforderte, begann für Betriebsräte und aktive IG Metaller ein monatelanger Ausnahmezustand.
„Unser wichtigstes Anliegen war es, den Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass gute Jachten ohne gutes und ausreichendes Personal nicht zu haben sind,“ fasst Klaus Schulz, Betriebsratsvorsitzender, die Zielvorgabe zusammen. „Dabei haben wir Teilerfolge errungen. Jeder verlorene Arbeitsplatz ist einer zu viel. Dennoch werden deutlich weniger Kollegen die Werft verlassen müssen als das vom Arbeitgeber geplant war“.
Tatsächlich erfolgt der Kaskobau in Zukunft bei der Kieler Schwesterwerft German Naval Yards. Insgesamt 46 Kollegen und Kolleginnen werden deswegen ein Arbeitsangebot in Kiel erhalten. Weitere 18 Beschäftigte in sogenannten „rentennahen Jahrgängen“ werden ein Angebot erhalten, das es ermöglichen soll, ohne Abschläge frühzeitig in Rente zu gehen. 17 Kollegen und Kolleginnen dagegen droht eine betriebsbedingte Kündigung. „Hier ist es uns zumindest gelungen, durch Abfindungsregelungen und bis zu zwölf Monate Transfergesellschaft wirtschaftliche Nachteile abzumildern“, so Schulz.
Dass die wirtschaftliche Schieflage der Werft zuvorderst auf Führungsversagen in der Vergangenheit zurückzuführen ist, hat Betriebsrat und IG Metall dazu bewegt, in Zukunft mehr Mitsprache in wirtschaftlichen Angelegenheiten einzufordern. „Als Experten unserer Arbeit wollen wir mitreden bei den Themen Arbeitsabläufe und -verfahren, Verbesserungsprozesse und Personalbemessung“, schildert Andreas Riegmann, Sprecher des Wirtschaftsausschusses, die Beweggründe.
Die Einrichtung eines entsprechenden Lenkungsausschusses wurde in einem Tarifvertrag geregelt. Ebenso der Mitarbeiterbeitrag: Dieser umfasst einen Beitrag von 50 Stunden aus dem Arbeitszeitkonto 2018 sowie 1,5 Stunden unentgeltliche Mehrarbeit pro Woche für die Jahre 2019 bis 2021 und die jährlichen 400 Euro Festbetrag des tariflichen Zusatzgelds.
„Dieser Beitrag ist ein Vertrauensvorschuss der Belegschaft in eine wirtschaftlich solidere Zukunft von Nobiskrug“, bewertet Martin Bitter, Geschäftsführer der IG Metall Rendsburg, die Vereinbarung. „Uns war wichtig, nicht in laufende Entgelte und Sonderzahlungen einzugreifen. Und wir wollten eine Perspektive, nach Ende der Laufzeit wieder auf das Flächenniveau der Metallindustrie zurückzukehren. Mit diesem Abschluss und der notwendigen Stärke im Betrieb ist das möglich.“
Erstmals wurde bei Nobiskrug auch ein Bonus nur für IG Metall- Mitglieder vereinbart. Sie haben künftig die Möglichkeit, den zur Zahlung anstehenden Baustein des tariflichen Zusatzgelds (27,5 Prozent eines Monatsentgelts) in sechs freie Tage umzuwandeln, auch dann, wenn sie keine Kinder unter acht Jahren haben oder Familienangehörige in häuslicher Umgebung pflegen.
Die Nobiskrug-Tarifkommission ( Foto: IG Metall Rendsburg )