14. März 2019
Interview mit Betriebsrätin Burcu Sicilia
Gegen Diskriminierung zur Wehr setzen
VW-Betriebsrätin Burcu Sicilia ermuntert Beschäftigte mit Migrationshintergrund, selbstbewusst aufzutreten. In dieser Haltung haben sie ihre eigenen negativen Erfahrungen mit Diskriminierung noch bestärkt.

Wie sollten Beschäftigte auf diskriminierende Äußerungen reagieren?

Burcu Sicilia: Bei heftigen und systematischen Entgleisungen braucht man gar nicht erst diskutieren. Das sollte sofort beim Betriebsrat oder einem Vorgesetzten gemeldet werden. Alle Beschäftigte müssen den Mut haben und sagen: „So was geht nicht, das ist diskriminierend.“ Betroffene sollten sich immer Unterstützung von Vertrauenspersonen holen.


Wie verlief Dein Weg zu Volkswagen?

Meine Eltern stammen ursprünglich aus der Türkei. Ich bin in Salzgitter geboren und als Arbeiterkind aufgewachsen. Die Schule habe ich mit dem Abitur abgeschlossen. Im Anschluss ging es 2010 zu Volkswagen nach Wolfsburg für ein Duales Studium. Danach habe ich über drei Jahre im Einkauf gearbeitet, war Vertrauensfrau für Migranten und seit Mai 2018 bin ich nun Betriebsrätin, zuständig für die technische Entwicklung. In der IG Metall-Geschäftsstelle Wolfsburg bin ich ehrenamtlich im Migrationsausschuss aktiv.

 

Sicilia Burcu ist Betriebsrätin bei Volkswagen in Wolfsburg. (Foto: Matthias Leitzke)

 

Wurdest Du schon mal wegen Deiner Wurzeln diskriminiert?

Nicht im Betrieb, aber während der Schulzeit. Eine Lehrerin hat mir damals gesagt, ich könne keine Eins in Deutsch bekommen, weil ich keine Deutsche sei. Ich habe unter anderem deshalb die Schule gewechselt.


Was hat diese negative Erfahrung bei Dir bewirkt?

Weil ich selbst einen Migrationshintergrund habe, liegt mir die betriebliche und gesellschaftliche Integration von Menschen generell sehr am Herzen. Ich will ihnen helfen, sich gegen Diskriminierungen zu wehren. In dieser Einstellung haben mich meine negativen Erfahrungen erst noch bestärkt. Menschen mit Migrationshintergrund sollten Mut haben und selbstbewusst auftreten. Denn: Sie meistern ihre Sache genauso gut oder schlecht wie jeder andere.


Wie fördert Ihr betriebliche Integration?

Der Bildungsausschuss bei VW ist maßgeblich für das Thema Aus- und Weiterbildung zuständig. Wir begleiten die Auswahlprozesse und achten unter anderem darauf, dass auch Kolleginnen und Kollegen, die vielleicht erst ein paar Jahre in Deutschland sind, berücksichtigt werden. Volkswagen engagiert sich zudem stark im Förderverein „Ready4Work“, der es sich zum Ziel gesetzt hat, verstärkt Ausbildungsplätze für Jugendliche zu schaffen, die noch nicht lange in Deutschland sind oder aus schwierigen Verhältnissen kommen.


Bei Euch in Wolfsburg gibt es auch eine eigene Migrantenvertretung im Betrieb.

Ja, richtig. Die Kolleginnen und Kollegen hier in Wolfsburg machen einen super Job, sind ständig unterwegs, beraten und helfen, wenn es zum Beispiel Sprachprobleme gibt. Es ist wichtig, immer wieder für das Thema Integration zu sensibilisieren – auch wenn es in vielen Bereichen im Betrieb überhaupt keine Probleme gibt.


Welche Aktionen plant ihr während der Internationalen Wochen gegen Rassismus, die 2019 vom 11. bis 24 März unter dem Motto „Europa wählt Menschenwürde“ stattfinden?

Die Migrantenvertretung bei VW hat jedes Jahr Diskussionsveranstaltungen oder Vorträge auf dem Programm. Der Migrationsausschuss der IG Metall-Geschäftsstelle veranstaltet in diesem Jahr wieder einen Kabarett-Abend. Dafür laden wir einen bekannten Comedian ein. Damit haben wir in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht.


Welche Botschaft ist Dir persönlich wichtig?

Viele Leute tun so, als gäbe es Rassismus gar nicht. Das stimmt aber einfach nicht. Das Engagement gegen rechts ist ein sehr wichtiges Thema.


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