13. Februar 2017
Entscheidung des Bundessozialgericht
Unfallschutz gilt nur für unmittelbaren Arbeitsweg
Bei einem Unfall auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeit sind Beschäftigte gesetzlich versichert. Aber greift der Versicherungsschutz auch, wenn man sich auf dem Weg zur Arbeit verfährt?

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt Beschäftigte nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch auf dem direkten Weg zwischen Wohnort und Arbeitsstätte. Versichert sind auch Umwege, die zum Beispiel nötig werden, um Kinder während der Arbeitszeit unterzubringen. Gleiches gilt für Umleitungen (auch wegen Stau), Fahrgemeinschaften, und wenn der Arbeitsplatz über einen längeren Weg schneller erreicht werden kann.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich kürzlich erneut mit der Frage befasst, ob ein Arbeitnehmer einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Wegeunfall erlitten hat, weil er sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht auf dem nach dem Wortlaut des Gesetzes ausschließlich versicherten „unmittelbaren Weg“ von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte befunden hat.


Unfall auf vierspuriger Autobahn

Geklagt hatte ein Lagerist, der von seinem Arbeitgeber aushilfsweise an einem anderen Standort eingesetzt wurde. Der Kläger fuhr mit seinem Pkw zur Arbeit, als er nach dem Verlassen einer Autobahn aus ungeklärten Gründen in die falsche Richtung abbog. Nach 2,5 Kilometern und wenigen Minuten Fahrzeit bemerkte er seinen Fehler und versuchte, auf einer vierspurigen Bundesstraße zu wenden. Dabei kollidierte er mit einem anderen Fahrzeug. An den Unfall kann sich der Kläger aufgrund einer Schädelverletzung nicht mehr erinnern.

Das BSG entschied, dass sich der Kläger auf einem sogenannten Abweg befand. Er habe den unter Versicherungsschutz stehenden Weg verlassen, indem er irrtümlich auf der Bundesstraße in die „falsche“, und nicht in Richtung seiner Arbeitsstätte abgebogen ist. Obwohl er kurz vor dem Unfallereignis ein Wendemanöver einleitete, um dadurch wieder in Richtung seiner Arbeitsstätte zu fahren, hatte er zum Unfallzeitpunkt den direkten Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte noch nicht wieder erreicht und sich weiterhin auf einem Abweg befunden. Denn der Unfall ereignete sich über 2,5 Kilometer von der direkten, üblichen Wegstrecke entfernt. Paragraf 8 Absatz 2 Nummer 1 Sozialgesetzbuch VII legt als End- oder Ausgangspunkt des Wegs nur den Ort der versicherten Tätigkeit fest.


Nur direkter Arbeitsweg versichert

Das BSG führte aus, dass durch den in der Vorschrift verwendeten Begriff „unmittelbar“ klargestellt wird, dass grundsätzlich nur das Zurücklegen des direkten Wegs nach und von der versicherten Tätigkeit gesetzlich unfallversichert ist. Bewegt sich der Versicherte nicht auf einem solchen direkten Weg, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fort, befindet er sich auf einem Abweg.

Die Richter räumten zwar ein, dass aufgrund des unfallbedingten Gedächtnisverlusts des Klägers nicht geklärt werden konnte, warum er falsch abgebogen war. Es sei jedoch seine Sache zu beweisen, dass dafür keine Gründe verantwortlich waren, die in seiner Person liegen.

Das BSG stellte dabei auch klar, dass nicht jedes irrtümliche Abweichen vom direkten Weg zur oder von der Arbeitsstätte zu einem Verlust des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes führt. Entscheidend seien die Umstände des Einzelfalls. Verfahre sich ein Beschäftigter auf dem Arbeitsweg, bleibe er unfallversichert, wenn die irrtümliche Abweichung auf äußere, mit der besonderen Art des Wegs verbundenen Gefahren, wie Dunkelheit, Sichtbehinderung durch Nebel oder schlechter Beschilderung beruhe.

Bundessozialgericht vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R

 

 


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