metall 5/6 2023 Branchen & Betriebe 21 tungen an den Arbeitsplätzen installiert. »Und natürlich ach- ten wir akribisch darauf, dass die Bestimmungen der Arbeits- stättenrichtlinie umgesetzt werden«, sagt Claudia Bremer. »Wir überprüfen, ob genügend Platz für die Beschäftigten vor- handen ist und ob ein wirksamer Lärmschutz besteht.« Dazu hat der Betriebsrat eine neue Gefährdungsbeurteilung entwi- ckelt. »Wir überprüfen mittlerweile nicht nur die Arbeitsplätze im Büro. Die Kolleginnen und Kollegen dokumentieren mit ei- nem Fragebogen auch ihre Arbeitsplatzsituation daheim. So sehen wir, wie es beispielsweise mit der technischen Ausstat- tung im Homeoffice ausschaut.« Schließlich achtet der Be- triebsrat auch darauf, dass die vereinbarte Sharingquote nicht überschritten wird – bei Siemens in Braunschweig liegt sie bei »Das Büro soll ein Ort für gemeinsames Arbeiten an bestimmten Themen sein.« Die Kolleginnen und Kollegen müssen sich wohlfühlen.« Claudia Bremer i k s w e z s u r K k e r a M : o t o F und Kollegen entwickeln Automatisierungstechnik für die Bahn, hauptsächlich Leit- und Sicherungssysteme für Züge und Gleis- anlagen. »Die Arbeitsanforderungen bei uns am Standort sind verschieden. Es gibt Softwareentwickler, die im Homeoffice arbeiten können, und fertigungsnahe Beschäftigte, die Teile, Geräte, Baugruppen am Arbeitsplatz benötigen«, sagt Claudia Bremer. »Die unterschiedlichen Anforderungen wollen wir berücksichtigen.« Frühe Beteiligung der Beschäftigten Der Betriebsrat hat deshalb eine Befragung gestartet – und Ein- zelgespräche mit Beschäftigten aus Abteilungen geführt, bei de- nen das neue Büroraumkonzept in Pilotprojekten ausprobiert wurde. »Wir wollten wissen, ob die Kolle- ginnen und Kollegen bereit sind, auf einen festen Büroarbeitsplatz zu verzichten«, sagt Claudia Bremer. »Und wir haben protokol- liert, was wichtig ist, um gut arbeiten zu können.« Die Antworten ergaben ein exak- tes Bild der bisherigen Arbeitsorganisation. »Zugleich bekamen wir Hinweise auf die Maßnahmen, die bei der Einführung von Desksharing umgesetzt werden mussten«, sagt Benjamin Weiberg. »An diesen Eckdaten haben wir unsere Arbeit ausgerichtet.« Das taten sie mit Vehemenz: Die Planungshoheit für die Gestaltung der neuen Büroflächen liegt zwar in der Verantwor- tung der einzelnen Abteilungen. Der Betriebsrat aber hat in einer Betriebsvereinbarung maßgebliche Parameter geregelt: Alle Wechselarbeitsplätze sind ergonomisch gestaltet. Die Be- schäftigten bekommen eine eigene Tastatur, eine eigene Maus. Flächendeckendes WLAN ist installiert. Ein klares, einfach zu bedienendes Buchungssystem wurde aufgebaut. Dazu wurden Schließfächer angeschafft, in denen die Beschäftigten ihre per- sönlichen Sachen verstauen können, sowie technische Ausrüs- AGILES ARBEITEN UND NEW WORK Agiles Arbeiten, Desksharing, Stand-ups im Scrum- Team. »New Work« ist mehr als ein Modewort: Es verändert die Arbeit in den Büros. Die IG Metall bleibt durchsetzungsfähig, auch im Zeitalter von »New Work«. Zusammen mit den Beschäftigten in den Büros gestalten wir die neue Arbeitswelt. Wir tun das sehr erfolgreich: 2022 haben wir 31 714 Angestellte in die IG Metall auf- genommen. So viele wie noch nie. Auf der 22. Bundesangestelltenkonferenz der IG Metall in Willingen diskutierten Metallerinnen und Metaller im Frühjahr über die Zukunft einer vielfältigen, schlagkräftigen IG Metall – und ver- abschiedeten einstimmig ein Debattenpapier. Unter dem Motto »Einheit in Vielfalt« wollen wir die Ar- beitswelt von morgen gestalten. Unser quartals- weise tagendes Betriebsrätenetzwerk »New Work« befasst sich intensiv mit agilen Arbeitsstrukturen und dem Wandel in den Büros. 1 : 1,9. »Im Durchschnitt kommt also ein Büroarbeitsplatz auf zwei Beschäftigte. Damit kommen wir gut zurecht«, weiß Benjamin Weiberg. Die Quote basiert auf der Annahme, dass die Beschäftigten durchschnittlich zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten. Sie rechnet auch ein, dass eben nicht ausnahmslos alle Beschäftigten am Desksharing teilnehmen und einen Büroarbeitsplatz buchen müssen. Ort des Miteinanders, Ort des Rückzugs »Wir haben Ausnahmen geschaffen für Kolleginnen und Kolle- gen, bei denen es fachliche oder technische Gründe gibt, die ein Desksharing unmöglich machen«, sagt Claudia Bremer. Das ist etwa der Fall, wenn Beschäftigte an vier Monitoren arbeiten müssen und deshalb einen festen Büroarbeitsplatz brauchen. Besonders wichtig ist dem Betriebsrat, dass diese Rege- lung auch »persönliche Gründe« aufzählt – und damit Beschäf- tigte umfasst, die eine Schwerbehinderung haben oder aber persönliche Gründe anführen, die ein Arbeiten im Desksha- ringmodell für sie unmöglich machen. »Bei unseren Befragun- gen hat sich immer wieder gezeigt: Das Büro soll ein Ort für gemeinsames Arbeiten an bestimmten Themen sein. Das be- deutet zuallererst, dass sich die Beschäftigten an ihren Arbeits- plätzen wohlfühlen müssen«, sagt Claudia Bremer. Weil das so ist, gibt es in einigen Abteilungen nun hübsch dekorierte Besprechungsräume, voll mit digitaler Technik, gro- ßen Bildschirmen und Stehtischen für das schnelle Meeting. Daneben aber auch Orte, an denen man sich zurückziehen kann, seine Ruhe hat. »Unsere Bürolandschaft ist in Zonen mit verschiedenen Funktionen aufgeteilt«, sagt Bremer. Je nach Arbeitsanforderung finden die Beschäftigten Räume, die agiles Arbeiten und den Austausch im Team beför- dern oder konzentriertes Ausarbeiten von Ideen ermöglichen. »Darauf sind wir ein bisschen stolz«, sagt Benjamin Weiberg. Mit den Erfahrungen, die sie bislang gesammelt haben, wollen sie nun weitere Abteilungen am Standort umbauen. »Dabei wer- den wir weiterhin alle Kolleginnen und Kollegen beteiligen.«