28. September 2020
Norma-Standort in Maintal gesichert
Einigung bei Norma: Erfolgreicher Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze
Der Kampf hat sich gelohnt: In der Nacht von Samstag auf Sonntag konnten sich IG Metall und die Geschäftsführung von Norma auf einen Zukunfts-, Transformations- und Sozialtarifvertrag einigen. Der angekündigte Kahlschlag ist vom Tisch. Die Gremien der IG Metall werden über den Kompromiss beraten.

„Das war ein erfolgreicher, solidarischer Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze“, sagt Uwe Zabel, Verhandlungsführer der IG Metall. Mit dem Abschluss konnte eine Lösung für die beiden Standorte des Automobilzulieferers gefunden werden, so Zabel. „Es ist uns gelungen, die Zukunft des Standorts Maintal zu sichern und Perspektiven für Gerbershausen zu schaffen. Das ist ein Erfolg von Solidarität und aktiver Beteiligung, der tarifvertraglich Zukunft und Arbeitsplätze sichert, soziale Auffanglösung gestaltet und Perspektiven in schwieriger Zeit schafft.“

Jörg Köhlinger, Leiter des IG Metall Bezirks Mitte, zeigte sich mit dem Kompromiss ebenfalls zufrieden. „Der Kampf der Beschäftigten war nicht umsonst. Der von der Unternehmensseite geplante Kahlschlag konnte verhindert werden.“


Angekündigter Kahlschlag abgewendet

Das sah am Anfang ganz anders aus. Im Juni hatte die Norma-Unternehmensleitung verkündet, dass sie den Standort Gerbershausen mit 160 Beschäftigten komplett schließen und ins billigere Ausland verlagern will. Zudem sollen am Standort Maintal über 200 Arbeitsplätze abgebaut werden und die Löhne um bis zu 1000 Euro im Monat sinken – und das, obwohl das Unternehmen, das fast alle großen Autohersteller Schlauchschellen für Verbrennermotoren beliefert, trotz Corona noch gute Gewinne macht.

Die Beschäftigten ließen sich die Abbaupläne nicht bieten – sie kämpften entschlossen und solidarisch gegen den angekündigten Kahlschlag des Managements: 450 Norma-Beschäftigte demonstrierten vergangene Woche mit einem gemeinsamen Warnstreik gegen die Schließung des Werks in thüringischen Gerbershausen. 250 Beschäftigte des Norma-Werks im hessischen Maintal reisten mit fünf Bussen an. Gemeinsam mit der IG Metall kämpfen sie für die Zukunft ihrer Arbeitsplätze und für einen Sozialtarifvertrag – unter dem Motto „Ob Ost, ob West – gemeinsamer Protest“.


Verbindliche Garantien durchgesetzt

Der Kampf hat sich gelohnt: Für den Stammsitz des Schlauchschellen-Spezialisten in Maintal konnte eine Beschäftigungs- und Standortsicherung mit verbindlichen Zukunftsgarantien bis mindestens 31.12.2025 durchgesetzt werden. Der geplante Abbau von über 200 Arbeitsplätzen konnte verhindert und um die Hälfte reduziert werden; er soll vorrangig durch sozialverträgliche Lösungen umgesetzt werden. Der geforderte Entgeltverzicht von bis zu 1000 Euro pro Monat und Beschäftigten konnte erfolgreich abgewehrt werden.

Robert Weißenbrunner, Geschäftsführer der IG Metall Hanau-Fulda, freut sich, „dass die Zahl der möglichen betriebsbedingten Kündigungen deutlich reduziert werden konnte und der Standort eine nachhaltige Zukunft hat.“ Vor dem Hintergrund des technologischen Wandels in der Automobilindustrie soll nun der Standort Maintal zu einem zukunftssicheren Produktionsstandort transformiert werden. „Das alles geschieht unter vereinbarter enger Beteiligung der Belegschaft und ihrer Arbeitnehmervertreter.“

Für den Standort Maintal mit derzeit rund 700 Beschäftigten sagt das Unternehmen Investitionen zur Steigerung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit in Höhe von 15 Millionen Euro innerhalb der nächsten drei Jahre zu. Zur Zukunftssicherung wird Norma während der Laufzeit des Tarifvertrags mindestens 15 Ausbildungsplätze bzw. duale Studienplätze pro Jahr anbieten.


Perspektive für Arbeitsplätze

Mit dem Abschluss konnte zugleich eine Perspektive für die Arbeitsplätze in Gerbershausen in Thüringen geschaffen werden, erklärt Bernd Spitzbarth, Geschäftsführer der IG Metall Nordhausen. „Unter Beteiligung der Landesregierung, einer Strukturentwicklungsgesellschaft, den Beschäftigten und ihrer Vertreter sowie Norma selbst werden Investoren gesucht und Perspektiven für die Arbeitsplätze über 2022 hinaus entwickelt.“ Das Ergebnis wertet Spitzbarth als Teilerfolg. „Unsere Priorität bei der Auseinandersetzung lag auf dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Die Menschen brauchen Zukunft. Das Licht wurde mit dem Abschluss nicht gänzlich ausgeschaltet. Die Chance, den Industriestandort und damit Beschäftigung zu erhalten, ist geblieben.“

In den kommenden zwei Jahren müsse jetzt mit Hochdruck in der dafür eingerichteten Projektgruppe gearbeitet werden, dass es zu einer entsprechenden Ansiedlung in Gerbershausen komme und die Beschäftigten weiter in guter Arbeit blieben. Mit der Einrichtung einer Transfergesellschaft mit einer Dauer von 12 Monaten habe man eine Verlängerung der Zeitachse bis Ende 2023 erreicht. „Weitere 12 Monate Zeit, um Investoren zu finden und die betroffenen Menschen unter Umständen von direkter Arbeitslosigkeit und Harz IV zu verschonen.“

Die Gremien der IG Metall werden in den nächsten Tagen intensiv über den Kompromiss beraten und bis zum 12. Oktober 2020 entscheiden.


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