Anton Wolf: Wir sind ein großer Pumpen- und Industrieamaturhersteller und haben bei uns am Standort in Pegnitz an einer Fertigungsinsel angefangen, die MES-Systeme zu installieren. Insgesamt haben wir mit drei CNC-Drehmaschinen gestartet. Unsere Montagelinien wurden etwa ein halbes Jahr später mit aufgenommen.
In erster Linie sollten Fehler und Verschwendung aufgedeckt werden. Wir wollten eine höhere Maschinenauslastung erreichen. Maschinen-Stillstände sollten also, wo immer möglich, minimiert werden. Wenn Maschinen durchlaufen, wenn sie nicht stillstehen, dann steigert das die Produktivität – und zugleich können wir dann die Liefertreue erhöhen.
Wir haben uns von Anfang an eingebracht. Wir waren schon vor der Auswahl des Anbieters im Lenkungskreis beteiligt, haben das Projekt mit vorangetrieben. Dabei haben wir von Anfang an auf Chancen und Risiken hingewiesen, die mit der Einführung eines MES-Systems bestehen. Vor allem war uns wichtig, dass der Datenschutz vollumfänglich gewährleistet bleibt. Die Kolleginnen und Kollegen sollten geschützt sein, geschützt bleiben.
Ja, das haben wir. Wir haben vorab gemeinsam mit der Geschäftsleitung auf der Betriebsversammlung über die Einführung von MES informiert. Und ebenso vor der Einführung des Systems sind wir direkt am Arbeitsplatz mit betroffenen Kollegeninnen und Kollegen ins Gespräch gekommen. Wir haben offen über ihre Bedenken gesprochen und wir konnten, nach und nach, auch Ängste vor einer digitalen Überwachung nehmen.
Zunächst einmal: Die betroffenen Beschäftigten wurden im Vorfeld in Schulungen auf das Arbeiten mit MES-Systemen vorbereitet. Sie wurden umfassend qualifiziert. Wir als Betriebsräte waren auch immer mit dabei. Nach der Installation der Systeme bekamen die Beschäftigten Schulungen direkt an ihren Arbeitsplätzen, direkt am System. Das war auch nötig, denn die Tätigkeiten haben sich mit MES schon verändert. Die Kolleginnen und Kollegen müssen nun die unterschiedlichen Maschinenstillstände mit entsprechenden Buttons direkt in den MES-Systemen dokumentieren. Das war anfangs ungewohnt für die Beschäftigten, ein Zusatzaufwand. Die Produktivität sank dadurch erstmal.
Wir haben zunächst eine Pilotvereinbarung verhandelt, um zu sehen, wie alle Beteiligte mit der Situation umgehen. Wir wollten auch sehen, ob der Arbeitgeber sich an die Regeln hält. Wichtig war uns, dass umfassender Datenschutz gewährleistet wird - dass das das Arbeiten am MES-System also anonym geschehen kann. Die Firma wollte MES unbedingt einführen. Deshalb haben sie sich auf unsere Regeln eingelassen.
Das MES-System wird nicht personenbezogen betrieben: Kein Beschäftigter, der an diesem System arbeitet, kann identifiziert werden, keine ausgeführten Tätigkeiten können einem bestimmten Kollegen, einer bestimmten Kollegin zugeordnet werden. Das stellen wir sicher, weil es keine individuelle Anmeldung am System gibt. Stattdessen nehmen sich die Mitarbeiter bei Arbeitsbeginn einen x-beliebigen Chip, mit dem sie sich anmelden. Sie starten das System also anonym. Natürlich können dann alle Eingaben, alle Schritte des Systems dokumentiert und ausgewertet werden. Es darf aber lediglich der Arbeitsplatz insgesamt, nicht allerdings der einzelne Mitarbeiter ausgewertet werden. Verhaltens-und Leistungskontrolle haben wir in unserer Betriebsvereinbarung ausdrücklich verboten. Wir haben dazu auch ein „Berechtigungskonzept“ ausgearbeitet, in dem festgeschrieben ist, dass prinzipiell nur der zuständige Meister und der Projektleiter auf die entsprechenden Daten Zugriff hat. Bei Zuwiderhandlung sieht die Betriebsvereinbarung arbeitsrechtliche Konsequenzen vor.
Ja, eine ganze Menge. MES ist ja nur eines von vielen neuen, digitalen Systemen, die bei uns derzeit eingeführt werden. Es ist ein nie endender Prozess. Wir haben jetzt eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen, die regelt, dass bei Einführung eines neuen Systems vom jeweiligen Projektleiter zuerst eine Checkliste ausgefüllt werden muss, in der Chancen und Risiken beleuchtet werden und beschrieben ist, wie sich die Arbeit der betroffenen Beschäftigten verändert. Erst nach Prüfung gibt es unsere Zustimmung oder Ablehnung.