17. Juli 2025
Ratgeber Ersatzmitglieder im Betriebsrat
Von der Ersatzbank aufs Spielfeld
Ersatzmitglieder sind wichtiger Teil der betrieblichen Mitbestimmung. Sie sichern den Bestand und die Funktionsfähigkeit des Betriebsratsgremiums. Ersatzmitglieder sollten eng an die Betriebsratstätigkeit eingebunden werden.

Ersatzmitglieder sind eine wichtige Stütze des Betriebsratsgremiums. Sie sichern die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Betriebsrats. Sie treten automatisch ein, wenn ein Mitglied verhindert oder ausgeschieden ist. 

 

Freistellung von Ersatzmitgliedern

Sobald ein Ersatzmitglied nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zeitweise in den Betriebsrat nachrückt, erhält es dieselben Rechte wie ein ordentliches Betriebsratsmitglied. Es ist dann zeitweise im Amt. Ergeben sich also erforderliche Betriebsratstätigkeiten für das Ersatzmitglied, ist es nach § 37 Abs. 2 BetrVG für die Erledigung dieser Aufgaben von der Erfüllung seiner Arbeitstätigkeiten freizustellen. Für die Frage der Erforderlichkeit gelten dann dieselben Maßstäbe wie bei einem ordentlichen Betriebsratsmitglied. Erforderliche Tätigkeiten sind beispielsweise die Teilnahme an Betriebsratssitzungen, deren Vor- und Nachbereitung oder die Teilnahme an Betriebsversammlungen. Das Ersatzmitglied muss sich zur Erledigung der Betriebsratsaufgaben beim Arbeitgeber lediglich an- und abmelden, einer Genehmigung zur Freistellung bedarf es dagegen nicht.
 

Sicherung der Vergütung, Freizeitausgleich und Kostenerstattung

Die Freistellung nach § 37 Abs. 2 BetrVG erfolgt unter Fortzahlung der geschuldeten Vergütung. Der Arbeitgeber muss daher das Arbeitsentgelt auch für die Zeiten abrechnen und auszahlen, in denen das Ersatzmitglied nachgerückt ist und erforderliche Betriebsratstätigkeiten ausübt. Wenn Arbeitszeitkonten geführt werden, sind die Zeiten der Betriebsratstätigkeit entsprechend ebenfalls als Arbeitszeit zu erfassen und zu buchen. 

 

Allgemeine Rechte, Einsicht- und Informationsrechte

Während des Zeitraums des Nachrückens nimmt das Ersatzmitglied dieselben Aufgaben wie das vertretene Betriebsratsmitglied wahr. Es kann also zum Beispiel Anträge stellen und Zeit für die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen beanspruchen. Es rückt allerdings nicht in die Ämter des vertretenen Betriebsratsmitglieds ein, es kann also beispielsweise nicht im Rahmen des Nachrückens den Vorsitz des Betriebsrats übernehmen oder Mitglied im Betriebsausschuss werden. Im Zeitraum des Nachrückens ist dem Ersatzmitglied voller Zugang zu allen relevanten Informationen und Unterlagen des Betriebsrats zu gewähren.
 

Verschwiegenheitspflichten

Für Ersatzmitglieder gelten nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausdrücklich dieselben Verschwiegenheitspflichten, die auch die ordentlichen Betriebsratsmitglieder treffen. Ersatzmitglieder müssen also über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen bewahren, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Amtstätigkeit – also vor allem während der Zeit des Nachrückens – zur Kenntnis gelangt sind.
 

Schulungsanspruch

Auch für Ersatzmitglieder kann sich ein Bedürfnis auf Fortbildung in arbeitsrechtlichen Themen ergeben. Nehmen Ersatzmitglieder häufig Aufgaben von Betriebsratsmitgliedern wahr, haben sie Anspruch auf Schulung. Besonders relevant ist dies im Bereich der Grundlagenschulungen, das sind Betriebsratsqualifizierungen und Schulungen im Arbeitsrecht. Insbesondere im Falle des regelmäßigen Nachrückens eines Ersatzmitglieds ist es wichtig, dass arbeitsrechtliche Grundkenntnisse die aktive Teilnahme an den Sitzungen und dem übrigen Tagesgeschäft ermöglichen. 
 

Schutz vor Kündigung und Versetzung

Das Ersatzmitglied ist gegen nachteilige Maßnahmen des Arbeitgebers zunächst genauso wie ein Betriebsratsmitglied geschützt, sofern es sich gerade im Amt befindet. In Zeiten des Nachrückens genießt das Ersatzmitglied daher den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), sofern es in dieser Zeit Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat. Das Ersatzmitglied kann dann nicht ordentlich gekündigt werden. Möglich ist allenfalls der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, die allerdings auch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 Abs. 1 BGB zulässig ist. In Betracht kommen dafür regelmäßig nur schwere Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten, beispielsweise bei Begehung von Straftaten gegen den Arbeitgeber. 

So lange das Ersatzmitglied nachgerückt ist, bedarf der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zudem der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG. Anders als bei der gewöhnlichen Anhörung nach § 102 BetrVG ist die Wirksamkeit der Kündigung hier gerade nicht abhängig von der Reaktion des Betriebsrats. Insbesondere wird auch das Schweigen des Betriebsrats auf die Anhörung nicht als Zustimmung gewertet. Sofern der Betriebsrat die geforderte Zustimmung nicht erteilt, kann der Arbeitgeber nur noch mit einem Beschlussverfahren auf Zustimmungsersetzung gegen den Betriebsrat reagieren. Während des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bleibt das Ersatzmitglied zwangsläufig ungekündigt und erhält weiterhin seine Vergütung. Wenn das zeitweise nachgerückte Ersatzmitglied wieder aus dem Amt ausscheidet, weil der Verhinderungsfall geendet hat, ist auch § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht mehr anwendbar. Es gilt dann nur noch der sog. nachwirkende Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Danach ist der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung für einen weiteren Zeitraum von einem Jahr ab Verlust des Amtes unzulässig. Das Ersatzmitglied ist also weiterhin für mindestens ein Jahr geschützt.


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