Tarifrunde Metall und Elektro 2021
Was Du zur Metall-Tarifbewegung wissen solltest

Wer verhandelt mit wem? Wen betreffen die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie und was genau fordert die IG Metall? Antworten auf diese und weitere wichtigen Fragen findest Du in unseren FAQ und Erklärvideo zur Tarifbewegung 2021.

16. Dezember 202016. 12. 2020


In der Metall- und Elektroindustrie sind die Tarifverhandlungen gestartet. Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent, um Zukunft und Beschäftigung zu sichern – und um die Einkommen zu stärken.

Doch was genau bedeutet die Forderung der IG Metall, was wollen wir damit bewirken? Und was passiert in der laufenden Tarifbewegung, bis am Ende ein neuer Tarifvertrag steht. Unsere FAQ geben Antworten.
 

Wer verhandelt mit wem?

Bei Tarifverhandlungen sitzen sich die zwei Tarifparteien gegenüber – Gewerkschaft und Arbeitgeber. Bei den Verhandlungen für die Flächentarifverträge der Metall- und Elektroindustrie verhandeln die Verhandlungskommissionen der IG Metall der einzelnen Tarifgebiete mit den regionalen Metall-Arbeitgeberverbänden.

In Bayern etwa verhandelt die IG Metall Bayern mit dem Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (vbm), in Baden-Württemberg mit Südwestmetall. Die regionalen Metall-Arbeitgeberverbände haben sich unter dem Dach des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie (kurz: Gesamtmetall) zusammengeschlossen.

In den Verhandlungskommissionen der IG Metall sitzen Tarifexpert*innen aus den IG Metall-Bezirken und aus den Betrieben. Die Verhandlungsführung übernimmt der oder die jeweilige Bezirksleiter*in der IG Metall.

Wen betreffen die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie?

Die Tarifverhandlungen betreffen unmittelbar die Beschäftigten in Betrieben, die an die Tarifverträge der IG Metall für die Metall- und Elektroindustrie gebunden sind, die Mitglied im regionalen Metall-Arbeitgeberverband sind oder die Tarifverträge anerkennen.

Mittelbar betroffen sind rund 3,8 Millionen Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie. Dazu gehören etwa die Auto- und Zulieferindustrie und der Maschinenbau. Allerdings: Rechtsanspruch auf die Regelungen in den Tarifverträgen haben nur Mitglieder der IG Metall.

Die IG Metall verhandelt noch in zahlreichen weiteren Branchen und auch in einzelnen Unternehmen, wo eigene Haustarifverträge gelten (siehe unten).

 

Was fordert die IG Metall in den Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie?

Die IG Metall will in der Metall-Tarifbewegung 2021 Beschäftigung sichern, Zukunft gestalten und die Einkommen stärken – mit einem Volumen von 4 Prozent mehr Geld.

 

 

Wie will die IG Metall Beschäftigung sichern?

Um Beschäftigung zu sichern, fordert die IG Metall neue Möglichkeiten für Betriebe, um die Arbeitszeit längerfristig abzusenken. Damit können Betriebe, zum Beispiel bei Auftragsmangel, das geringere Arbeitsvolumen besser auf die Beschäftigten verteilen und so Personalabbau vermeiden.

Neben der Corona-Krise müssen die Betriebe auch die Transformation bewältigen – die Digitalisierung, den Klimawandel und den Umstieg auf E-Mobilität. Das kann Jahre dauern, in denen erst mal weniger Arbeit für die Beschäftigten im Betrieb da ist. Die bisherigen Werkzeuge – Kurzarbeit und Arbeitszeitabsenkung nach den Tarifverträgen zur Beschäftigungssicherung – reichen nicht aus, um so lange Zeiträume zu überbrücken.

Daher fordert die IG Metall neue Möglichkeiten zur Absenkung der Arbeitszeiten, die Betriebe wählen können.

Die IG Metall schlägt dazu beispielsweise eine 4-Tage-Woche mit teilweisem Lohnausgleich vor – nicht generell für alle, sondern als weitere Wahlmöglichkeit für Betriebe oder einzelne Bereiche des Betriebs, um Beschäftigung zu sichern. Dadurch würde dann ein Tag in der Woche frei – zum Leben oder für Weiterbildung.

Auch die Arbeitgeber hätten von der Beschäftigungssicherung durch Arbeitszeitabsenkungen Vorteile. Sie müssen nicht entlassen, sparen sich Abfindungen und können ihre Fachkräfte für bessere Zeiten halten, statt sie dann wieder mühsam auf dem leergefegten Arbeitsmarkt zu suchen.

Was fordert die IG Metall, um Zukunft zu gestalten?

Die IG Metall will Arbeitsplätze sichern – jetzt und für die Zukunft. Das geht nur, wenn die Unternehmen in die Arbeit der Zukunft investieren, in Standorte, Technik und Qualifizierung, in die Transformation. Das will die IG Metall Betrieb für Betrieb passgenau in Zukunftstarifverträgen aushandeln und festschreiben.

In den laufenden Metall-Tarifverhandlungen fordert die IG Metall daher Rahmenregeln für betriebliche Zukunftstarifverträge.

Wie will die IG Metall die Einkommen stärken? 

Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent. Das heißt: 4 Prozent Lohnerhöhung in Betrieben, die genug Aufträge und somit genug Arbeit und Ertrag haben. In Betrieben jedoch, die aufgrund laufender Transformation weniger Arbeit haben und deshalb die Arbeitszeit absenken, um Beschäftigung zu sichern, sollen die 4 Prozent Volumen für einen Teillohnausgleich zur Verfügung stehen, um die Einbußen für die Beschäftigten abzufedern.

Mit dieser Forderung trägt die IG Metall der höchst unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Situation Rechnung: Einige Betriebe brummen – trotz Corona. Andere Betriebe sind in Schwierigkeiten. 

Zudem orientiert sich die IG Metall bei ihren Entgeltforderungen immer an den volkswirtschaftlichen Rahmendaten: Inflation plus gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung plus eine Umverteilungskomponente. Inflation und Produktivität sind derzeit eher niedrig.

In der aktuellen Krise ist es jedoch entscheidend, die Kaufkraft zu stabilisieren. Die Ausgaben der privaten Haushalte machen mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts aus. Durch Corona und Kurzarbeit haben viele Beschäftigte weniger Geld. Die Folge: Die Wirtschaft brach 2020 um 5,4 Prozent ein – 3,5 Prozent davon sind verursacht durch den Einbruch der privaten Ausgaben.

Nächstes Jahr soll es laut Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute wieder 4,7 Prozent Wachstum geben – 2,5 Prozent davon allein durch mehr private Ausgaben. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Beschäftigten das Geld dafür haben.

Wie kommt die IG Metall zu ihren Forderungen?

Der Forderungskatalog wird bei Gewerkschaften direkt an der Basis ermittelt. Soll heißen: Die Bedürfnisse und Forderungen der IG Metall-Mitglieder in den Betrieben werden bis in den IG Metall-Vorstand getragen, der die Forderungen der Mitglieder dann zu rechtlich sauberen Forderungen für die Tarifverhandlungen bündelt.

Eine zentrale Rolle bei der Aufstellung der Tarifforderungen kommt den Tarifkommissionen der einzelnen Tarifgebiete zu. Das sind überwiegend Betriebsräte und IG Metall-Vertrauensleute aus den Betrieben, sowie Betriebsbetreuer der IG Metall. Die Mitglieder der Tarifkommissionen werden von den Delegiertenversammlungen der IG Metall vor Ort gewählt. Sie diskutieren mit den IG Metall-Mitgliedern in den Betrieben und in Versammlungen – und bringen ihre Forderungen in die Sitzungen der Tarifkommissionen ein. Neben der Aufstellung der Forderungen beschließen die Tarifkommissionen auch die Kündigung der betroffenen Tarifverträge. In dieser Tarifbewegung ist das am 15. Oktober 2020 passiert.

Auf Basis der Diskussionen in den Tarifkommissionen gibt der Vorstand der IG Metall dann zunächst eine Forderungsempfehlung ab. In der diesjährigen Metall-Tarifbewegung geschah das am 9. November 2020.

Zusätzlich hat die IG Metall rund 250 000 Beschäftigte online befragt.

Nach weiterer Diskussion der Forderungsempfehlung beschließen dann die Tarifkommissionen ihre Forderungen. Das passierte am 17. November 2020.

Am Ende bestätigt dann noch einmal der IG Metall-Vorstand die Forderungen die Tarifkommissionen. Das geschah am 26. November 2020.

Die Tarifkommissionen bilden schließlich aus ihrer Mitte die Verhandlungskommissionen (siehe oben), die die Verhandlungen mit den Arbeitgebern führen.

Wie wollen wir als IG Metall trotz Corona für unsere Forderungen Druck machen und notfalls auch streiken?

Viele Unternehmen setzen derzeit die Beschäftigten und ihre Betriebsräte unter Druck, Sie kündigen Personalabbau und fordern Lohnverzicht. Wir müssen viele Auseinandersetzungen in einzelnen Betrieben führen und für die Zukunft unserer Arbeitsplätze kämpfen.

Wegen der Corona-Pandemie müssen auch wir umdenken und auf alternative kreative Aktionsformen umsteigen. Wir lernen voneinander. Es gibt viele Beispiele, wie wir unter Einhaltung der Corona-Regeln unsere Forderungen in die Öffentlichkeit tragen und Druck auf die Arbeitgeber machen können. Auch in Corona-Zeiten hat die IG Metall bereits In mehreren Betrieben und Branchen mit Warnstreiks gute Tarifergebnisse durchgesetzt. Das werden wir auch in der Metall- und Elektroindustrie schaffen.

Unser Ziel ist es, einen Tarifabschluss bis Ende der Friedenspflicht am 1. März 2021 ohne Warnstreiks zu erreichen. Wenn nötig, werden wir unseren Forderungen aber auch mit Warnstreiks Nachdruck verleihen.

Was passiert, wenn wir auf die Arbeitgeber zugehen und diese nicht ausreichend Druck spüren, haben wir gesehen: Anfang des Jahres bot die IG Metall den Arbeitgebern ein „Moratorium” an: Die IG Metall verzichtete auf eine bezifferte Entgeltforderung. Im Gegenzug sollten die Arbeitgeber Beschäftigung sichern und Kündigungen vermeiden. Dieser Vereinbarung sind die Unternehmen nicht nachgekommen.

Was ist mit den anderen Branchen – wie etwa der Textil- und Bekleidungsindustrie oder Eisen- und Stahlindustrie?

In anderen Branchen gelten andere Tarifverträge mit eigenen Regelungen, anderen Laufzeiten und Terminen. Dort verhandelt die IG Metall gesondert mit den Arbeitgebern.

In der Tarifbewegung 2021 führt die IG Metall gleich in ihren vier großen Industriebranchen Tarifverhandlungen. In der Textil- und Bekleidungsindustrie sind die Verhandlungen bereits am 8. Dezember 2020 gestartet. In der Eisen- und Stahlindustrie soll es im Februar 2021 losgehen.

Die Holz- und Kunststoffindustrie ist im Sommer dran.

Im Handwerk hat die IG Metall in den letzten Monaten bereits eine Reihe von Tarifabschlüssen erzielt – mit Lohnerhöhungen und Corona-Prämien.

Dazu kommen spezielle Tarifverträge für einzelne Unternehmen, sogenannte Firmen- oder Haustarifverträge. Auch bei Volkswagen gibt es einen eigenen Haustarif. Bei VW starten die Verhandlungen zwischen IG Metall und Unternehmensleitung am 13. Januar 2021.

 

Was ist mit den Leiharbeitern?

Leihbeschäftigte sind von den Metall-Tarifverhandlungen nicht unmittelbar betroffen. Auch in der Leiharbeit gelten eigene Tarifverträge. Da Leiharbeiter*innen von ihrer Leihfirma in allen Branchen eingesetzt werden können, für die andere DGB-Gewerkschaften zuständig sind – etwa die IG BCE in der Chemieindustrie oder die NGG in der Nahrungsindustrie –, verhandeln die DGB-Gewerkschaften gemeinsam in einer Tarifgemeinschaft mit den Leiharbeitgeberverbänden BAP und IGZ.

Die DGB-Tarifgemeinschaft hat im Dezember 2019 einen Tarifabschluss erzielt, der Leiharbeitern mehr Geld, mehr Urlaub und einen Bonus für Gewerkschaftsmitglieder sichert.

Zusätzlich hat die IG Metall noch einmal spezielle Tarifverträge für Leihbeschäftigte bei Einsatz in ihren Branchen durchgesetzt.

In der Metall- und Elektroindustrie etwa haben Leiharbeiter dadurch bessere Chancen auf Übernahme und erhalten bereits ab sechs Wochen Einsatz im Betrieb Branchenzuschläge, zusätzlich zu ihrem normalen Leiharbeitstarif.

 

Wie geht die Tarifbewegung in der Metall- und Elektroindustrie nun weiter?

Nach dem Start der Tarifverhandlungen Mitte Dezember laufen die regionalen Verhandlungen weiter. Experten auf beiden Seiten checken und rechnen mögliche Lösungen durch.

Am 31. Dezember 2020 laufen die Tarifverträge über Entgelte und Ausbildungsvergütungen aus, am 31. Januar 2021 dann die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung. Da es in der Metall- und Elektroindustrie ein spezielles Schlichtungs- und Schiedsabkommen gibt, läuft die Friedenspflicht noch weiter bis zum 1. März 2021. Ab dem 2. März sind dann Warnstreiks erlaubt.

Wann gibt es endlich wieder richtig Streik?

Streiks sind immer das letzte Mittel, um Forderungen durchzusetzen. Die Risiken von Streiks sind in der heutigen Zeit sehr hoch, da die Betriebe und ihre Lieferketten stark miteinander verflochten und voneinander abhängig sind.

Ein Streik bei einem kleinen Zulieferer kann eine ganze Branche lahmlegen und sofort immense Kosten verursachen. Arbeitgeber haben dann das Recht, ihre Beschäftigten ohne Lohn auszusperren, auch wenn sie selbst gar nicht streiken. Beim großen Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche 1984 etwa haben lediglich 50 000 Beschäftigte gestreikt – zugleich haben die Arbeitgeber eine halbe Million Beschäftigte ausgesperrt, was selbst für die gut gefüllte Streikkasse der IG Metall existenzbedrohend war.

Streiks kann es erst dann geben, wenn die IG Metall die Verhandlungen für gescheitert erklärt und mindestens 75 Prozent der IG Metall-Mitglieder in den betroffenen Betrieben in einer Urabstimmung für Streik stimmen.

Dennoch gibt es immer wieder Tarifverhandlungen, in denen die Arbeitgeber trotz Warnstreiks jede Einigung blockieren. Dann muss die IG Metall zum Streik aufrufen. Zuletzt gab es etwa bei Voith in Sonthofen einen fünf Wochen langen Streik. In vielen weiteren Unternehmen hat die IG Metall in den letzten Wochen bereits Urabstimmungen vorbereitet, etwa bei Norma in Maintal, was letztlich den entscheidenden Druck auf den Arbeitgeber zur Einigung ausübte. Das funktioniert nur, weil die Arbeitgeber wissen, dass die IG Metall genug Mitglieder in den Betrieben hat, um notfalls auch für ihre Forderungen zu streiken.

Als zusätzliche Eskalationsstufe zwischen kurzen Warnstreiks und unbefristeten Streiks hat die IG Metall zudem in der Metall-Tarifrunde 2018 die ganztägigen Warnstreiks eingeführt – mit Streikunterstützung durch die IG Metall. Damals nahmen 500 000 Beschäftigte an den ganztägigen Warnstreiks teil.

 

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