PRESSEMITTEILUNG
IG Metall unterstützt Klagen: Vereinbarkeitsrichtlinie muss vollständig umgesetzt werden!

Gewerkschaft unterstützt Väter vor Gericht +++ Vereinbarkeitsrichtlinie in Deutschland aus Sicht der Gewerkschaft nicht ausreichend umgesetzt +++ Zeit nach der Geburt entscheidende Phase für gesamte Erwerbsbiografie von Frauen

6. August 20256. 8. 2025


Frankfurt am Main – Die IG Metall unterstützt aktuell mehrere Väter, die gegen die Bundesrepublik Deutschland klagen. Die Väter wollen erstreiten, für den von Ihnen genommenen Urlaub in den ersten Wochen nach der Geburt ihrer Kinder angemessen kompensiert zu werden. Sie stützen ihre Klagen auf die mangelnde Umsetzung der Richtlinie 2019/1158 der Europäischen Union (Vereinbarkeitsrichtlinie) durch die Bundesrepublik Deutschland. Entsprechend der Vereinbarkeitsrichtlinie müssen die Mitgliedsstaaten einen Freistellungsanspruch von mindestens zehn Tagen anlässlich der Geburt eines Kindes für den Vater oder den nach nationalem Recht anerkannten zweiten Elternteil einführen. Damit alle Väter sich diese Freistellung leisten können, muss sie auch vergütet werden. Eine solche Freistellung anlässlich der Geburt eines Kindes ist in Deutschland bisher nicht eingeführt worden.

In einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Berlin II wurden zwei dieser Klagen abgewiesen. Die IG Metall unterstützt die Väter weiterhin, die in die nächste Instanz gehen wollen.

Die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten gewährt Vätern entsprechend der Vereinbarkeitsrichtlinie einen spezifischen Freistellungsanspruch anlässlich der Geburt. Deutschland gehört zu den wenigen EU-Mitgliedsstaaten, die dem zweiten Elternteil bislang keine spezielle Freistellung anlässlich der Geburt gewähren.

Die IG Metall setzt sich dafür ein, dass es eine Freistellungsphase für den zweiten Elternteil im engen zeitlichen Zusammenhang zur Geburt geben sollte. Die Elternzeit und das Elterngeld können diesen speziellen Freistellungsanspruch nicht ersetzen, weil sie nicht im Zusammenhang mit der Geburt in Anspruch genommen werden müssen und auch keine separate, vergütete Freistellung von zehn Tagen ermöglichen. Die spezielle Freistellung anlässlich der Geburt entlastet die Mutter in der für ihre physische und psychische Gesundheit bedeutsamen Phase nach der Geburt und fördert die Bindung zwischen Kind und beiden Elternteilen in besonderem Maße. Eine frühe partnerschaftliche Aufteilung hat somit einen hohen emotionalen und gesundheitlichen Wert für Eltern und Kind. Sie fördert auch eine faire Aufteilung der Sorgearbeit in den späteren Lebensphasen des Kindes.

Care- oder Sorgearbeit wird noch immer zu großen Anteilen von Frauen geleistet – mit der Coronapandemie hat sich dieser Umstand weiter verstärkt. Dies birgt nicht nur eine größere zeitliche und körperliche Belastung für Frauen, sondern verschärft auch die sogenannte Teilzeit-Falle, also die unfreiwillige, reduzierte Erwerbstätigkeit von Frauen. Sie ist mit erheblichen finanziellen Einbußen in der gesamten Erwerbsbiografie von Frauen verbunden und eine wesentliche Ursache des Gender Pay Gaps, der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass die Phase nach der Geburt des ersten Kindes entscheidend für die gesamte Erwerbsbiografie ist.

Der Koalitionsvertrag sieht eine Reform des Elterngelds vor, um eine stärkere Beteiligung des zweiten Elternteils, meist der Väter, und damit eine gerechte Verteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit gerade im Hinblick auf die Geburt des Kindes zu fördern. Aus Sicht der IG Metall kann diese Zielsetzung durch die Einführung der Freistellung des zweiten Elternteils anlässlich der Geburt des Kindes erreicht werden. Die Bundesregierung muss die Vereinbarkeitsrichtlinie vollständig umsetzen und diese Freistellung einführen.

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