Digitale Pressemappe zur Pressemitteilung Nr. 41/2018
Erste Umfrageergebnisse zur Umsetzung des Tarifabschlusses in der Metall- und Elektroindustrie

Großes Interesse: 190 000 Beschäftigte wollen mehr freie Zeit statt Geld +++ Arbeitgeber sind verpflichtet, betriebliche Lösungen zu finden

12. November 201812. 11. 2018


Frankfurt am Main – Mehr Geld oder mehr Zeit? 190 000 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie, die Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder Schicht arbeiten, wollen im nächsten Jahr lieber acht zusätzliche freie Tage statt mehr Geld in Anspruch nehmen. Das zeigen erste Ergebnisse einer aktuellen Befragung der IG Metall unter Betriebsräten in 1 400 Unternehmen der Branche. Diese Wahlmöglichkeit eröffnet ihnen der Tarifabschluss vom Februar 2018. "Wir freuen uns, dass die neue tarifliche Regelung von den Beschäftigten so gut angenommen wird. Ganz offensichtlich entsprechen die neuen Möglichkeiten zur Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit den konkreten Bedürfnissen der Beschäftigten. Wir haben damit den Nerv der Zeit getroffen", sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, am Montag in Frankfurt.

Aus der Umfrage sind bisher folgende Trends erkennbar: 40 000 Antragssteller wollen die neue Regelung nutzen, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Auch 10 000 Beschäftigte, die Angehörige pflegen, suchen Entlastung mithilfe der acht zusätzlichen freien Tage.


Weniger Arbeit – mehr Leben

In den Tarifverträgen wurde für alle Beschäftigten auch der Anspruch festgeschrieben, ihre wöchentliche Arbeitszeit befristet auf bis zu 28 Stunden reduzieren zu können. Von dieser „kurzen Vollzeit“ wollen nach den bisherigen Umfrageergebnissen im nächsten Jahr rund 8 000 Beschäftigte Gebrauch machen. „Für diejenigen, die berufliche und familiäre Verpflichtungen unter einen Hut bringen müssen, haben wir mit den neuen tariflichen Regelungen ein attraktives Angebot geschaffen. Auch die verkürzte Vollzeit ist für viele Beschäftigte ein geeigneter Weg zu einer besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Leben - trotz des fehlenden Entgeltausgleichs. Wichtig ist, dass sie dabei die Sicherheit haben, später beruflich wieder voll einsteigen zu können“, stellte Hofmann fest.

Die meisten Anträge auf Umwandlung von Geld in Zeit wurden von 140 000 Schichtarbeitern gestellt. „Das hohe Interesse der Schichtarbeiter an zusätzlichen freien Tagen wundert uns nicht. Gerade in den Bereichen mit starren Schichtsystemen sind die Belastungen durch Mehrarbeit und Sonderschichten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen dringend mehr zeitliche Freiräume - auch zum Erhalt ihrer Gesundheit“, betonte Hofmann.


Flexibilität auf beiden Seiten

Der Erste Vorsitzende der IG Metall wies darauf hin, dass es zahlreiche Möglichkeiten für die Unternehmen gebe, die ausfallende Arbeitszeit auszugleichen – zum Beispiel durch die Nutzung von Arbeitszeitkonten, Qualifizierung und Förderung der Beschäftigten. Dies setze eine vorausschauende Personalpolitik voraus. Jörg Hofmann: „Wer ein attraktiver Arbeitgeber für Fachkräfte sein will, der muss Arbeitszeiten bieten, die zum Leben passen - so, wie wir es im Tarifvertag vereinbart haben.“

Flexibilität dürfe jetzt keine Einbahnstraße mehr sein, bekräftigte Hofmann. „Wenn Aufträge reinkommen, dann sind die Betriebe beliebig flexibel. Das muss auch gelten, wenn die Beschäftigten nach mehr freier Zeit fragen.“ An die Arbeitgeber appellierte er, sich gut zu überlegen, wie sie mit den Bedürfnissen der Beschäftigten umgehen wollen. „Wer heute Anträge der Beschäftigten auf mehr freie Zeit ablehnt, darf nicht damit rechnen, dass die Kolleginnen und Kollegen morgen zur Sonderschicht erscheinen.“ Laut Tarifvertrag sind Arbeitgeber verpflichtet, bis Ende des Jahres gemeinsam mit den Betriebsräten Lösungen für eine praktikable Umsetzung zu finden.


Hinweis an die Redaktionen:
Die regionalen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie vom Februar 2018 schreiben fest, dass Beschäftigte die Kinder erziehen, Angehörige pflegen und langjährig in Schicht arbeiten, die Möglichkeit haben, einen Teil des neuen tariflichen Zusatzgeldes (T-Zug) in Höhe von 27,5 Prozent eines Monatsentgelts ab 1. Januar 2019 in acht freie Tage umzuwandeln. Die Anträge für die zusätzlichen freien Tage für das Jahr 2019 mussten bis 31. Oktober 2018 beim Arbeitgeber eingereicht werden.

Der Tarifvertrag sichert zudem allen Beschäftigten einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden für bis zu 24 Monate. Danach haben sie das Recht, zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Die verkürzte Vollzeit können Beschäftigte zu jedem Quartalsbeginn beantragen, mit einem halben Jahr Vorlauf.


Broschüre: „Die Zeit nehme ich mit!“ (PDF)
Infografik: „Wahloption auf acht freie Tage“ (PNG)
Foto: „Pressekonferenz 12. November 2018“ (v. l. n. r.: Michael Eilers, Silke Ernst, Stefan Schaumburg, Nektaria Christidou / Fotograf: Frank Rumpenhorst) (JPG)

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