21. Oktober 2014
Unternehmen müssen sich flexibler an Bedürfnisse von Fachkräf...
Kaum moderne Arbeitszeitmodelle
In den Unternehmen muss grundlegend umgedacht werden. Um den Fachkräftebedarf zu sichern, braucht es flexible Arbeitszeiten, die es erlauben, Arbeit und Privatleben besser zu vereinbaren. Qualifizierte Beschäftigte gibt es genug, nur liegen viele Potenziale brach, weil sich das Gros der ...

... Betriebe nicht von starren Arbeitszeitregelungen losreißen kann.

Dass da etwas gewaltig im Argen liegt, zeigen die bloßen Zahlen: 82 Prozent der Arbeitnehmer möchten ihre Arbeitszeit auch mal kurzfristig an private Bedürfnisse anpassen können, ergab eine Befragung der IG Metall, an der sich über eine halbe Million Beschäftigte beteiligten. Doch bei nur 14 Prozent aller Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten existieren betriebliche, tarifliche oder freiwillige Vereinbarungen zu einer familienfreundlichen Arbeitszeitgestaltung. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegen also fast 70 Prozent. Dabei würde es nicht nur den Beschäftigten zugute kommen, hätten sie mehr sogenannte Zeitsouveränität.



Für Arbeitgeber ist es eine Chance, Fachkräfte mit attraktiven Arbeitsplätzen zu werben, an das Unternehmen zu binden – oder schlicht Arbeit in Vollzeit zu ermöglichen. Denn beispielsweise Frauen und ältere Beschäftigte arbeiten überdurchschnittlich oft in Teilzeit und in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Und bei diesen beiden Gruppen liegt in Bezug auf die Fachkräftesicherung laut wissenschaftlichen Untersuchungen das größte Potenzial. Doch die Chance, ihnen durch individuell gestaltbare Arbeitszeiten mehr Erwerbsstunden zu ermöglichen, wird schlicht vertan.

Menschen müssen Arbeitszeit an Herausforderungen anpassen können

Aus Sicht der IG Metall muss das Verhältnis von Arbeit und Familienleben grundsätzlich neu geregelt werden. Die Gewerkschaft plädiert für ein neues Normalarbeitsverhältnis. Dieses berücksichtigt, dass sich die Beschäftigten in unterschiedlichen Lebensphasen befinden. Beispielsweise pflegt inzwischen jeder zehnte Arbeitnehmer mindestens einen Angehörigen. Die Menschen müssen die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeit an solche Herausforderungen anzupassen. Doch bislang fordern Arbeitgeber Flexibilität nur und bieten selbst keine an.

Besonders bei den Angestellten in den Büros wäre mehr Flexibilität durch mobiles Arbeiten so einfach wie nie. Nur nutzen einige Arbeitgeber diese Möglichkeit einseitig aus. Sie fordern etwa ständige Erreichbarkeit – ohne Zeitausgleich oder Bezahlung. Das führt dazu, dass viele Hochqualifizierte Arbeit und Privatleben nicht besser miteinander vereinbaren können, sondern – ganz im Gegenteil – eine abschreckende Entgrenzung erleben. Damit ist auch hier die Chance vertan, Fachkräfte mit einem attraktiven Arbeitsplatz zu werben und zu binden.

Vorbilder bereits vorhanden

Dass es besser geht, zeigen Betriebsvereinbarungen und Regelungen, die Betriebsräte mit der IG Metall entwickelt und umgesetzt haben. Gemeinsam mit den Beschäftigten hat etwa der Betriebsrat bei BMW eine Betriebsvereinbarung zu mobilem Arbeiten durchgesetzt. Die Beschäftigten des Automobilherstellers können selbst entscheiden, wann sie von Zuhause arbeiten. Und diese Mobilarbeitszeit wird erfasst und bezahlt. Solche Regelungen müssen zum Standard werden. Dann bieten Unternehmen Arbeitsplätze mit Lebensqualität, dann sagen die Beschäftigten: Ja, dort sehe ich eine Perspektive, dort möchte ich hin – und dort möchte ich bleiben.

Ein Arbeitszeitmodell für alle – das passt schon lange nicht mehr. Und schon gar nicht, dass sich Flexibilität nur an den Interessen des Unternehmens orientieren soll. Mit dem kranken Kind zum Arzt gehen, ein Elterngespräch in der Schule wahrnehmen: Unternehmen müssen den Beschäftigten ermöglichen, auf die Unwägbarkeiten des Alltags zu reagieren. Denn die Familienstrukturen ändern sich, etwa die „Zuverdiener-Ehe“ ist ein Auslaufmodell. Viele Arbeitgeber haben verschlafen, darauf mit Arbeitszeitkonten, kurzen Vollzeitmodellen mit verbindlicher Rückkehr auf Wunsch des Beschäftigten oder verbindliche Home-Office-Modell zu reagieren.

Bessere Kinderbetreuung dringend nötig

Nicht zuletzt muss auch die Politik dazu beitragen, dass Arbeit und Leben, Familie und Beruf besser miteinander vereinbar sind. Dafür muss es beispielsweise ein größeres und besseres Angebot an Kita- und Krippenplätze sowie Ganztagsschulen geben. Denn – auch das ergab die Beschäftigtenbefragung der IG Metall – 30 Prozent der Arbeitnehmer benötigen eine Kinderbetreuung, die besser an die Arbeitszeiten angepasst ist. Zum anderen muss es ein gesetzlich abgesichertes Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz und bessere Rahmenbedingungen für eine lebenslagengerechte Arbeitszeitgestaltung mit Freiräumen und Wahloptionen für die Beschäftigten geben.


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