Kürzungen durch Sparhaushalt
Gewerkschaften kritisieren Einschränkungen beim Elterngeld scharf

Wer gemeinsam mehr als 150.ooo Euro im Jahr verdient, soll künftig kein Elterngeld mehr beziehen – so der Plan der Bundesregierung. Die IG Metall kritisiert das Vorhaben scharf. Besonders die Betriebsräte warnen: Gleichstellungspolitisch wäre das ein großer Rückschritt.


Ab 2024 sollen nur noch Haushalte mit einem gemeinsamen – zu versteuerndem – Einkommen von maximal 150.000 Euro Elterngeld beziehen können – alle, die mehr verdienen, würden komplett leer ausgehen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus bestätigte Berichte über geplante Einschränkungen beim Elterngeld. Grund hierfür seien Einsparungen, die durch den von Finanzminister Christian Lindner angeordneten Sparhaushalt notwendig würden.

Auch jetzt gilt bereits eine Obergrenze bei einem Einkommen von 300.000 Euro für Paare beziehungsweise 250.000 Euro für Alleinerziehende. Diese Grenze der zu versteuernden Einkommen nun auf die Hälfte zu reduzieren, hätte fatale Folgen für die Gleichstellung, kritisiert die IG Metall. „Die Koalition gefährdet damit die gleichstellungspolitischen Erfolge der letzten Jahre und drängt viele Frauen aus dem Erwerbsleben und zurück in die klassische Rollenverteilung”, sagt Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall.


Kolleginnen zeigen sich besorgt

Betriebsrätinnen und Betriebsräte im Organisationsbereich der IG Metall berichteten schon seit geraumer Zeit, dass Väter auch aufgrund der hohen Inflation weniger oder gar keine Elternzeit nehmen. „Das liegt unter anderem daran, dass das Elterngeld auf dem Niveau von 2007 stagniert. Im Koalitionsvertrag wurde noch vereinbart, die Mindest- und Höchstsätze für das Elterngeld zu dynamisieren. Statt dieses Vorhaben umzusetzen, soll nun zusätzlich der Kreis der Bezugsberechtigten eingeschränkt werden. Das wird zu einem substanziellen gleichstellungspolitischen Rückschritt führen und gehört dringend überdacht.“

Das entspricht den Berichten aus den Betrieben. Zahlreiche Betriebsrätinnen und Betriebsräte der IG Metall empören sich über die geplante Absenkung der Bezugsberechtigten. „Wir arbeiten bei BMW intensiv daran, Frauen und Männern die gleichen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Diversity soll auf allen Ebenen gelebt werden“, sagt Elisabeth Altmann-Rackl, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei BMW in München. Bei den IG Metall-Betriebsräten würden sich jetzt viele Kolleginnen melden: „Sie befürchten wieder vor eine überwunden geglaubte Entscheidung gestellt zu sein: Kind oder Karriere. Die Bundesregierung muss ihre Entscheidung im laufenden parlamentarischen Verfahren dringend überdenken“, fordert die Betriebsrätin.


Künftig weniger Väter in Elternzeit?

Die IG Metall setzt sich gesellschaftspolitisch und tarifpolitisch für eine bessere Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt ein. Tarifverträge verringern nicht nur die Entgeltlücke, sondern befördern auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Blick auf Voll- und Teilzeitquoten. Weibliche Beschäftigte in den Branchen der IG Metall arbeiten laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit fast doppelt so häufig in Vollzeit als in der übrigen Wirtschaft: 9,3 Prozent statt 6,6 Prozent.

Neben dem Hebel mehr Frauen in Vollzeit zu beschäftigen und mehr qualitativ hochwertige Kita-Plätze zu schaffen, bleibt es ein weiterer wichtiger Bestandteil, dass mehr Väter einen größeren Teil der Sorgearbeit übernehmen. Bevor das Elterngeld 2007 eingeführt wurde, gingen nur 3 Prozent der Väter in Elternzeit. Heute nehmen fast 43 Prozent der Väter Elternzeit, wobei drei von vier Vätern nur zwei Monate Elternzeit nehmen. Wird der Kreis derer, die das Elterngeld beziehen nun weiter eingegrenzt, kann man davon ausgehen, dass diese Zahl wieder abnimmt. Wie viele Haushalte in Deutschland die Gesetzesänderung betreffen würde, ist unklar. Schätzungen gehen jedoch von bis zu 490.000 Betroffenen aus, wenn man jene Paare einbezieht, die potenziell noch Kinder bekommen in den nächsten Jahren.

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