Wann geht es endlich wieder berg- auf? »Voraussetzung für eine Rückkehr auf den Wachstumskurs ist die Eindäm- mung der Coronainfektionen, sodass sich das soziale und wirtschaftliche Leben normalisiert«, erläutert Lars P. Feld, Vorsitzender des Sachverständi- genrats der Wirtschaftsweisen, die mit ihren Gutachten die Bundesregierung beraten. Auch die anderen Experten se- hen das so. Die meisten Institute gehen von einer Shutdowndauer von zwei bis vier Monaten aus. Wie lange die Beschränkungen des öffentlichen Lebens und der Wirt- schaft bestehen und wann sie aufgeho- ben werden, entscheiden die Bundesre- gierung und die Landesregierungen. Sie verlassen sich auf das Urteil der Vi- rologen und Epidemiologen, die nun beobachten, wie sich die Infektions- zahlen entwickeln. Welche Faktoren spielen sonst noch eine Rolle? Nicht nur die Maßnahmen der Bundes- regierung treffen die Wirtschaft und die Beschäftigten. Einige Unternehmen ha- ben ihre Produktionsbänder angehal- ten, da es an Zulieferprodukten aus dem Ausland fehlt. Oder sie meldeten Kurzarbeit an, weil die Nachfrage im Zuge der Coronakrise eingebrochen ist. Entscheidend für die heimische Wirt- schaft und viele Betriebe ist daher nicht nur, wie sich die Lage hierzu- lande entwickelt, sondern auch, wie lange und stark das Coronavirus den Rest der Welt lähmt. Denn: während in China die Produktion wieder hoch- fährt, steht Teilen Europas, den USA und wichtigen Schwellenländern das Schlimmste noch bevor. Wichtig wird sein: »Nur wenn es gelingt, das Hochfahren der Volkswirt- schaften zu synchronisieren, ist eine rasche Erholung denkbar«, schreiben Wilfried Kurtzke und Beate Scheidt, die Konjunkturexperten der IG Metall aus dem Ressort Koordination der Bran- chenpolitik, in der Publikation »Wirt- schaft aktuell« der IG Metall (siehe QR- Code). Gerade für die M+E-Industrie sind die in Italien erbrachten Vorleis- tungen größer als die in China. Das er- fordert ein koordiniertes europäisches Vorgehen. Die beiden Makroökonomen bezweifeln die Zuverlässigkeit der Sze- Positives Szenario des IW Negatives Szenario des IW Wirkung der Coronakrise auf das BIP, Normalverlauf = 100 Wirkung der Coronakrise auf das BIP, Normalverlauf = 100 Gesamtwirt schaft Industrie Dienstleister Gesamtwirt schaft Industrie Dienstleister 120 110 100 90 80 70 60 120 110 100 90 80 70 60 Mai Juli Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft, 2020 Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft, 2020 Mai 2020 | metallzeitung 9 narien nicht zuletzt auch deshalb, weil die in vielen Ländern angelaufenen wirtschafts politischen Maßnahmen darin nicht adäquat abgebildet werden können. Welche Wirtschaftszweige trifft die Krise besonders? Viele würden jetzt wohl Restaurants, Kneipen und den Einzelhandel nen- nen. Aber Fakt ist: Auch die Industrie trifft es hart (siehe Grafik). Sie schnei- det verglichen mit der Gesamtwirt- schaft sowohl im positiven wie auch im negativen Szenario des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) deutlich schlechter ab. Während nach Berech- nungen des IW die Wirtschaft in ihrem Negativszenario 10 Prozent an Wert verlieren würde, wären es bei der In- dustrie 18 Prozent. Wie bewerten die Wirtschaftsinstitute die Maßnahmen der Politik und was empfehlen sie? »Bund und Länder, aber auch die Eu- ropäische Zentralbank, haben auf vie- len Feldern schnell das Richtige ge- tan, um die ökonomischen Folgen dieser dramatischen Krise zu mil- dern«, sagt Sebastian Dullien, wissen- schaftlicher Direktor des IMK. Verbes- serungsbedarf sieht er an der gleichen Stelle wie die IG Metall: Das Arbeitslo- sengeld I sowie das Kurzarbeitergeld sollten aufgestockt werden, um die Einkommensverluste von Betroffenen zu begrenzen. Es könnten aber noch weitere Maßnahmen erforderlich werden. Die Wissenschaftler gehen bei ihren Be- rechnungen von einer bis Anfang Mai stillgelegten Wirtschaft aus und be- tonten, sollte es länger dauern, sei es extrem wichtig, die Wirtschaft so schnell wie möglich wieder auf Tou- ren zu bringen. »Dabei spielt der pri- vate Konsum eine entscheidende Rolle, er ist die zentrale Starthilfe für den Konjunkturmotor«, erklärt Sebas- tian Dullien. Auch das IW betont: Je länger sich die Wirtschaft im Ausnah- mezustand befinde, desto erforderli- cher sei es, wirtschaftspolitisch mehr zu tun.