ist und wir teilweise wieder zurück-schichten.« Danijel und Christian sind gelernte Industriemechaniker und wären bereit für den Wechsel, auch weil es in ihren Bereichen einen Personalüberhang gibt. Christian kommt vom Automatikge-triebe, Danijel aus der Zylinderkopfferti-gung. Doch bei den neuen E-Produkten gibt es noch keinen festen Platz für sie. Nachdem die Politik vor rund einem Jahr die Förderprogramme von einem Tag auf den anderen eingestampft hat, ist die Nachfrage eingebrochen. Danijel und Christian wechselten daher freiwillig ins Unterstützungsteam und werden so überall eingesetzt, wo Not am Mann ist. Der Vorteil für die beiden: Nach 18 Mo-naten hat jeder im U-Team Anspruch auf eine zukunftsorientierte Schulung. Das hat der Betriebsrat durchgesetzt, was Danijel freut: »Ich hab schon mal die Quali für Hochvolt gemacht.« E-Mobilität sichert Arbeitsplätze Um das Nachfrageproblem zu lösen, sieht Häberle auch die Politik in der Pflicht: »Wir brauchen mehr Ladesäulen und dazu eine unbürokratische und ver-lässliche Förderpolitik.« Nichts hält Hä-berle von Parteien, die versprechen, sie würden den Verbrenner bewahren. Dazu zählt er auch die FDP. »Die FDP tut so, als würden synthetische Kraftstoffe den Verbrenner retten, wohlwissend, dass es unmöglich ist, das nötige Volumen an E-Fuels zu bekommen, um alle Verbren-ner damit klimaschonend zu machen.« Häberle verdeutlicht: »Wir geben den Verbrenner nicht auf, solange er er-laubt und nachgefragt ist. Aber wenn wir nicht auf E-Mobilität setzen, gehen irgendwann in Untertürkheim die Lich-ter aus.« Für ihn ist klar: »E-Mobilität wird Arbeitsplätze sichern, und ganz ne-benbei dürfen wir nicht vergessen, dass wir ein Klimaproblem haben. Wir wären ja schön blöd, wenn wir mit den E-Autos etwas dagegen tun könnten, es aber nicht täten.« Untertürkheim und machen gerade bei einem Fahrevent mit. So können sie die Elektroautos, an deren Produktion sie künftig beteiligt sein werden, erleben und testen – und das gilt als Arbeitszeit. Der IG Metall-Betriebsrat hatte beim Unternehmen auf diese Probefahrten gedrängt, um den Kolleginnen und Kollegen die neue Antriebswelt näherzu-bringen. Rund 27 000 Beschäftigte fuh-ren so mittlerweile Probe – in Deutsch-land, Polen und Ungarn. Fahren vernichtet Vorurteile »Wer in Untertürkheim schafft, der hat Benzin im Blut«, erklärt Michael Häberle. Der Betriebsratsvorsitzende von Mercedes-Benz in Stuttgart-Unter-türkheim, zu dem auch der Werkteil Mettingen gehört, schiebt nach: »Daher muss jeder mal die Möglichkeit bekom-men, unsere neuen elektrischen Pro-dukte und das Fahrgefühl kennenzu -lernen. Das ist auch deshalb so wichtig, weil es ganz viele Vorurteile zum Thema E-Mobilität gibt, die größtenteils unbegründet sind«, meint Häberle. Der Metaller klärt auf: »Zum Bei-spiel das Thema Reichweite. Das ist viel-leicht noch ein Argument für Leute, die ganz oft im Jahr extrem große Strecken zurücklegen. Aber wer vier Wochen im Jahr in den Urlaub geht und den Rest in Stuttgart ist, der hat kein Problem.« Häberle betont jedoch auch: »Was wir brauchen, sind mehr Ladestationen, vor allem vor Mietshäusern. Da muss die Politik was tun.« Nach knapp 40 Minuten tauschen Danijel und Christian den Wagen und die Plätze. Christian sitzt jetzt beim EQS 580 am Lenker. Ihn interessieren andere Sa-chen, das merkt Danijel, wenn sein Kol-lege ihn jetzt in den Kurven ordentlich im Sitz hin und her rutschen lässt. »Wie beim Gokartfahren«, freut sich Christian. »Dass die Hinterachse mitlenkt, ist echt der Wahnsinn.« Als die nächste Ampel auf Grün schaltet, drückt es die beiden Insassen wieder ordentlich in den Sitz. »Wie der anzieht!«, freut sich Christian. Danijel kann nur zustimmen: »Durch-gängige Beschleunigung, egal ob bergauf oder bergab. Was für ein Drehmoment!« »Mit dem will ich mal auf den Nürburg-ring«, betont Christian. Später wird er diesen Wunsch noch ein-, zweimal wie-derholen. In Deutschland und Europa müssen alle Neuwagen ab 2035 klima-neutral unterwegs sein und auch in vie-len anderen Ländern der Welt wird künf-tig klimaneutrales Fahren verlangt. Mercedes-Benz geht davon aus, dass der weltweite Anteil von Elektroautos und Plug-in-Hybriden an Neuwagenverkäu-fen bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts bis zu 50 Prozent erreichen wird. Für Danijel, Christian und sehr viele Beschäftigte der Autoindustrie be-deutet das eine große Umstellung. Doch die IG Metall und die IG Metall-Betriebs-räte trifft diese Erkenntnis nicht unvor-bereitet. »Ich habe 2015 angefangen, das Thema Transformation ins Unterneh-men zu tragen. Um Arbeitsplätze zu si-chern, ist uns wichtig, dass wir die Transformation zu einer immer stärke-ren Elektrifizierung hinbekommen.« Dank IG Metall und den IG Metall-Betriebsräten sind die Beschäftigten in Untertürkheim auf einem guten Weg. Ab 2025 kommt der elektronische Antriebs-strang aus Untertürkheim und im Werk-teil Hedelfingen werden seit 2021 Batte-riesysteme für den EQS und den EQE produziert, die Danijel und Christian ge-rade fahren. Obwohl die Elektromobilität die ausgemachte Zukunft des Konzerns ist, haben viele Beschäftigte Vorbehalte gegenüber dem neuen Produkt, berich-tet Häberle: »Vor allem jetzt, wo die Nachfrage nach E-Autos so eingebrochen Foto: Alexander Wunsch/Daimler AG»Wir brauchen eine verlässliche und unbürokratische Förderpolitik.« Michael Häberle, Betriebsratsvorsitzender, Mercedes-Benz, Untertürkheimmetall 1/2 2025 Branchen & Betriebe 29FÖRDERPAKET FÜR E-MOBILITÄT Die Beschäftigten von Herstellern und Zulieferern, die Milliarden in die E-Mobilität investiert haben, werden belastet durch den schlep-penden Hochlauf der Elektromobili-tät. Die IG Metall fordert daher ein Förderpaket. Das Papier gibt es hier: igmetall.de/impulspaket28_29_mz_1-2025_data.qxp_Layout 1 Kopie 13.12.24 15:39 Seite 29