knapp fünf Milliarden Euro. Die Frage ist daher nicht so sehr, ob es globales Wachstum und Investitionen in die Bahn gibt. Die Frage ist, wer die Aufträge am Ende bekommt. Besonders die, die der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn vergibt. Von denen wird es in den kommen- den Jahren viele geben. Denn die Ziele der Bundesregierung sind hoch: Ange- peilt ist eine Verdopplung der Fahrgast- zahlen im Personenverkehr sowie der Ausbau des Anteils der Schiene im Güter- verkehr auf 25 Prozent. Die Digitalisierung soll schneller vorangetrieben werden. Bis 2030 soll die Elektrifizierung von 75 Pro- zent des Schienennetzes abgeschlossen sein. Um das erreichen zu können, sind Investitionen in Milliardenhöhe nötig. »Das ist alles schön und gut«, sagt René Straube. »Aber es bringt nicht viel, wenn das Geld nicht bei uns an den Standorten ankommt. Wenn Aufträge vor allem nach Osteuropa wandern.« Wertschöpfung in Deutschland »Uns geht es darum, das Gesamtsystem Schiene zu stärken«, betont Jürgen Ker- ner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. »Damit das gelingt, müssen die Vergabe- richtlinien des Bundes und der Länder soziale, ökologische und innovationsför- dernde Kriterien umfassen.« Kerner for- dert, dass bei mit Steuergeldern finan- zierten öffentlichen Ausschreibungen verbindliche Quoten für die örtlichen Unternehmen festgeschrieben werden müssen. Gemeint ist damit: Bei öffentli- chen Aufträgen soll künftig vertraglich geregelt werden, dass ein bestimmter Anteil des Auftrags an deutschen Stand- orten ausgeführt und abgearbeitet wird, also eine festgelegte Quote der Wert- schöpfung in Deutschland bleibt. »In- dem man solchen Local Content verbind- lich vorschreibt, kann man Mindestwertschöpfungsanteile in Deutschland sichern«, so Kerner. Gleichzeitig wäre damit ausge- schlossen, dass steuerfinanzierte Auf- träge des Bundes oder der Länder an deutschen Standorten vorbeigehen – so geschehen zuletzt bei einem großen Pro- jekt des Landes Baden-Württemberg. »Das Projekt hatte ein Fertigungsvo- lumen von insgesamt 1,3 Milliarden Euro. Der Auftrag umfasste 130 elektrische metall 1/2 2024 Branchen & Betriebe 29 Doppelstockzüge«, sagt René Straube. »Das war ein Riesending.« Die deutschen Alstom-Werke waren gut aufgestellt: Straubes Werk in Görlitz ist spezialisiert auf Rohbau, den Wagenkastenbau. Die Kolleginnen und Kollegen in Bautzen übernehmen den Innenausbau. Am Standort Hennigsdorf gibt es große Kom- petenz im Engineeringbereich. Gebracht hat das Know-how der deutschen Standorte allerdings nichts. »Alstom hat den Auftrag bekommen. Aber die Arbeitspakete gingen an uns und eine hundertprozentige Verfügbarkeit ermöglichen.« Damit das gelingt, werden die Züge während der Fahrt digital über- wacht und die Daten fortlaufend ausgele- sen. »Mit den Daten können wir dann prä- zise den optimalen Zeitpunkt und die nötigen Maßnahmen der Instandhaltung planen«, sagt Björn Malchrowitz. Die War- tung wird so effizient, es gibt keine unnö- tigen Transfers zum Depot, keinen über- flüssigen Komponententausch. »Unser Ziel ist es, Züge möglichst über ihren ge- samten Lebenszyklus zu begleiten. Das Optimistisch: »Von uns aus kann die Mobilitätswende weiter an Fahrt aufnehmen«, sagt Björn Malchrowitz, Betriebsratsvorsitzen- der im RSC in Dort- mund. »Wir sind bereit.« t a v i r p : o t o F vorbei.« So etwas dürfe nicht noch ein- mal passieren, sagt René Straube. »Wir müssen unsere Standorte wettbewerbsfä- higer machen. Dazu brauchen wir lukra- tive Aufträge und eine gute Auslastung.« Wie es aussieht, wenn ein Standort wächst und wächst, kann man in Dort- mund besichtigen, beim Rail Service Cen- ter (RSC) von Siemens, eine der moderns- ten Werkstätten für Schienenfahrzeuge. Unterstützung der Politik 2018 wurde das RSC eröffnet. Damals ar- beiteten 50 Beschäftigte am Standort. »Heute sind wir rund 120 Kolleginnen und Kollegen«, weiß Björn Malchrowitz, der Betriebsratsvorsitzende am Standort. »Wir sind hier bestens aufgestellt. Bei uns werden Züge und Schienenfahrzeuge wieder für ihren Einsatz flottgemacht.« Das geschieht auf insgesamt sechs Gleisen in einem vollständig digitalisier- ten Depot. »Es geht darum, ungeplante Ausfallzeiten bei den Zügen unserer Kun- den zu vermeiden. Und wir wollen eine schnelle, ressourcenschonende Wartung gibt nicht nur unseren Kunden eine lang- fristige Perspektive, sondern vor allem den Kolleginnen und Kollegen eine un- glaubliche Sicherheit.« Seit 2018, seit das RSC eröffnet wurde, werden in Dortmund insgesamt 82 elektrische Züge des Rhein-Ruhr-Ex- press gewartet und instandgehalten – der Vertrag läuft über insgesamt 32 Jahre. »Von uns aus kann die Mobilitätswende weiter Fahrt aufnehmen«, sagt Björn Malchrowitz. »Wir sind bereit.« Bereit sind sie auch bei Alstom, sagt René Straube. »Durch unseren Zukunfts- tarifvertrag sind Jobs und Standorte vor- erst gesichert. Und durch eine Produkti- vitätssteigerung werden wir auch mittel- und langfristig weiter in Deutschland produzieren.« Die Beschäftigten in den Werken leisteten hervorragende Arbeit. »Was wir jetzt brauchen, ist Unterstüt- zung von der Politik. Wir brauchen eine Überarbeitung der Vergabepolitik, aber auch verbindliche Zusagen des Konzerns in Bezug auf Belegschaften und Stand- orte«, fordert Straube.