metall 9/10 2024 Bildung 17 da werden Prüfungsfragen diskutiert, an Formulierungen ge- feilt, Einwände von Ausbildern und Sachverständigen eingear- beitet.« Großen Spaß mache die Arbeit in solchen Momenten. Außerdem würde einem bewusst, wie wichtig die Arbeit im Ausschuss ist. »Die Prüfungsaufgaben haben einen direkten Einfluss auf die Qualität der Ausbildung und damit auf den späteren Lernerfolg«, weiß Benjamin Fritz. Die Mitbestimmung stelle sicher, dass die Prüfungsaufgaben praxisnah und fair ge- staltet seien. »Als Metallerinnen und Metaller haben wir da eine große Verantwortung. Der will ich gerecht werden. Dafür muss man Zeit und Engagement investieren.« Dreimal im Jahr treffen sich die Ausschussmitglieder für je drei Tage zu einer Arbeitsklausur. Der Fachausschuss, in dem Benjamin Fritz sitzt, ist wie jeder Prüfungsausschuss in Deutschland paritätisch besetzt. In diesem Fall sind für ge- wöhnlich drei Arbeitgebervertreter mit dabei: drei Kolleginnen und Kollegen der Arbeitnehmerseite, drei Berufsschullehrerin- nen beziehungsweise -lehrer sowie, je nach Bedarf, Sachver- ständige und weitere Fachleute. »Wir sitzen dann alle gemein- sam an einem Tisch und dann geht es los.« Neue Anforderungen, neue Aufgaben Los geht es, genau genommen, schon viel früher, schon Wo- chen, Monate vor den turnusmäßigen Ausschusstreffen. »Wir begutachten und diskutieren die Prüfungsaufgaben in unseren Sitzungen. Wir entscheiden gemeinsam darüber, welche wir auswählen und welche nicht«, sagt Benjamin Fritz. »Aber je- der von uns entwickelt und formuliert seine Fragen schon vorab. Das geht nicht von heute auf morgen. Da gibt es einiges zu beachten.« Zum Beispiel, dass die jeweiligen Fragen präzise und um- fassend die Anforderungen des jeweiligen Berufs abbilden. Dass die Fragen fair gestellt sind, ausreichend anschaulich, dass sie immer auf konkrete Lernerfahrungen der Auszubil- denden bezogen werden können. Hier geben die Berufsschul- lehrerinnen und -lehrer wichtige Impulse. »Elementar ist AUSBILDUNG & MITBESTIMMUNG Die IG Metall hat in der dualen Berufsausbildung zahlreiche Mitbestimmungsmöglichkeiten errungen. Eine zentrale Rolle spielt die Mitbestimmung bei der Erstellung der Prüfungs- aufgaben in der Aus- und Weiterbildung. Das Konsensprinzip und die paritätische Vertretung ziehen sich dabei durch alle Ent- scheidungsprozesse. Die Prüfungsanforderun- gen werden von paritätisch besetzten Sachverständigengremien entwickelt. Aktuell stehen in den 174 Berufen, die die IG Metall mitgestaltet, Neubesetzungen in den Prüfungsausschüssen an. Interessierte melden sich unter: pruefen@igmetall.de auch, neue Entwicklungen im jeweiligen Beruf aufnehmen und auf diese in der angemessenen Tiefe einzugehen.« Das Berufsbild des Gießereimechanikers zum Beispiel hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt und wird sich weiter wandeln. Digitale Arbeitsschritte werden wichtiger, 3-D-Druck mehr und mehr Einzug auch in mittelgroße Gießereien halten, sagt Benjamin Fritz. »Darauf müssen wir eingehen.« Das sei nicht immer leicht. Das sei auch mal Kampf, denn notwendig seien Gespür und Fingerspitzengefühl, um das richtige Maß zu finden. »Man muss eine Balance finden zwischen den Kernprü- fungsaufgaben, die die grundlegenden Anforderungen des Be- rufs abbilden, und den technischen Neuerungen, die sich gerade überall in den Betrieben durchsetzen«, sagt der Metaller. Für die jungen Kolleginnen und Kollegen, die die Ausbildung zum Gieße- reimechaniker absolvieren, bedeutet das: Sie müssen als Spezia- listen mit Verantwortung für die gesamte gießtechnische Ferti- gung natürlich in den elementaren Anforderungen des Berufs ausgebildet und geprüft werden. »Die jungen Leute müssen beispielsweise anhand eines Modells Gussformen fertigen können. Sie müssen das Er- schmelzen der richtigen Legierung im Schmelzbetrieb beherr- schen und natürlich auch die Arbeit in der Qualitätssicherung und in der Gussnachbehandlung.« Um ihren Beruf erfolgreich ausführen zu können, benötigen die jungen Leute fundierte praktische Fertigkeiten und dazu viel theoretisches Verständ- nis. »Das müssen wir mit unseren Prüfungen abbilden.« Das allerdings genüge noch nicht. Die jungen Auszubil- denden bräuchten heute auch Kenntnisse in der »additiven Fertigung«. Sie müssen wissen, wie ein 3-D-Drucker funktio- niert, wofür man ihn einsetzt, worauf man achten muss. Daran entzünden sich dann Diskussionen. »Mir ist es wich- tig, darauf zu achten, dass die Auszubildenden ihr Leistungspo- tenzial ausschöpfen können«, sagt Benjamin Fritz. »Aber ich setze mich genauso dafür ein, dass die Aufgaben in ihrem Anfor- derungsniveau nicht überzogen sind.« Konkret bedeutet das: Aufgaben zum Themenbereich 3-D-Druck sind erforderlich , schließlich ist diese Technik Realität in vielen Betrieben. Aber diese Aufgaben dürfen nicht so gestellt sein, dass sie nur Auszubildende von Großkonzernen beantworten können, die im Betrieb tagtäglich die neuesten Maschinen im Einsatz se- hen. Sie müssen so gestellt sein, dass Prüflinge mit den Aufga- ben zurande kommen – selbst wenn es in ihrem Betrieb solch eine Technik nicht gibt. »Das auszuloten, da das richtige Maß zu finden, dafür setze ich mich ein. Das macht mir Spaß.« Auch weil die Arbeit niemals abgeschlossen ist, niemals abgeschlossen sein kann. Weil es immer weitergeht. Weil es immer neue Technologien geben wird – und damit neue Qualifikationen, die gebraucht, neue Fähigkeiten und Fertig - keiten, die geprüft werden müssen. »Die Arbeitswelt wandelt sich beständig. Weil das so ist, müssen wir Ausbildungs- und Prüfungsfragen auch dauernd anpassen«, sagt Benjamin Fritz. »Dabei mitzuwirken, erfüllt mich mit Freude. Und mit ein bisschen Stolz.«