24. November 2025
80 Jahre Mitglied in der IG Metall
Einmal Vertrauensmann – immer Vertrauensmann
Seit 80 Jahren ist Heinz Quindt (98) Mitglied der IG Metall. Er arbeitete als Maschinenschlosser und Vertrauensmann der IG Metall im Stahlwerk Osnabrück, das 1989 geschlossen wurde. Im Pflegeheim haben sie ihn erneut zum Sprecher gewählt. Dort erreichte er mehr Betreuungspersonal.

80 Jahre ist Heinz Quindt (98) nun Mitglied der IG Metall. Im November wurde er dafür von der IG Metall Osnabrück und Nadine Boguslawski, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall geehrt.

Am 1. September 1945 trat der damals gerade 18 Jahre alte Maschinenschlosser-Lehrling in die Metallgewerkschaft in Osnabrück ein, die sich erst zwei Wochen zuvor nach dem Ende der Nazi-Diktatur und des zweiten Weltkriegs neu gegründet hatte. Dort nahm er seine Lehre im von Bomben stark zerstörten Stahlwerk Osnabrück wieder auf.
 

Eintritt in die Gewerkschaft am 1. September 1945 – „ganz normal“

Seine Lehre hat der heute 98-Jährige bereits 1942 begonnen. Sein Onkel arbeitete bereits im Stahlwerk und hatte ihm die Lehrstelle besorgt. Doch dann wurde Heinz mit 17 Jahren von den Nazis zum Kriegsdienst eingezogen und kämpfte in einem Panzerbataillon. Dort geriet er in Tschechien in Gefangenschaft. Doch er floh und lief nach Hause, den ganzen Weg bis nach Osnabrück.

Warum er damals, gleich nach dem Krieg, in die Gewerkschaft eingetreten ist? „Das war damals so“, meint Heinz Quindt, „ganz normal.“

Nein, normal war das damals nicht, findet Stephan Soldanski, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Osnabrück, der bei der Jubilarehrung die Laudatio hielt. „Das ist schon auch eine besondere Zeit gewesen, in die Gewerkschaft einzutreten. Unter den Nationalsozialisten waren Gewerkschaften verboten.

Im Stahlwerk arbeitete der Maschinenschlosser Heinz Quindt in der Instandhaltung und reparierte Maschinen. Sie hatten ein Walzwerk und große Pressen. „Wenn wir Reparaturen gemacht haben, dann waren wir oben in den Trägern im Dach“, erinnert sich Heinz. „Da sind wir rumgeturnt, haben den Flaschenzug runtergelassen.“
 

„Bei Streiks waren wir immer dabei“

In den 1950er Jahren schuf die IG Metall dann im Rahmen ihrer strategischen Neuausrichtung auf „betriebsnahe Gewerkschaftsarbeit“ die neue Funktion der Vertrauensleute als Bindeglied zur Belegschaft. Und Heinz Quindt wurde einer von ihnen. Als Instandhalter kam er viel im Betrieb herum.

„Wenn es etwas gab, habe ich alle im Keller zusammengerufen“, erinnert sich der Vertrauensmann. “Und da war richtig was los. Bei Streiks waren wir immer dabei. Wir waren immer eine gute Gemeinschaft.

Doch beim letzten großen Streik in der Stahlindustrie 1978 – damals erkämpfte die IG Metall erstmals sechs Wochen bezahlten Jahresurlaub – ging es im zu den Klöckner-Werken gehörenden Stahlwerk in Osnabrücker Stadtteil Schinkel bereits bergab. 5000 Beschäftigte haben hier in den 60er Jahren gearbeitet. Dann kam die Stahlkrise. Im Zuge von Fusionen, zunächst mit Krupp dann mit Thyssen, wurden immer mehr Arbeitsplätze abgebaut. „Die Alten gingen raus, über Sozialpläne“, erinnert sich Heinz. „Die Gewerkschaft und der Betriebsrat haben das gut gestaltet.“

Am 27. Mai 1988 wurde schließlich sie die letzte Charge im Stahlwerk Osnabrück abgestochen und der Lichtbogenofen stillgelegt. Nach 120 Jahren war das Stahlwerk Osnabrück Geschichte.
 

Zum Vertreter im Pflegeheim gewählt

Doch aus der IG Metall austreten kam für den Rentner nicht in Frage. Heinz Quindt lebt heute im „Haus Amare“, einem Seniorenwohnheim in Georgsmarienhütte nahe Osnabrück. Er ist noch fit und kocht regelmäßig selbst. Bis vor zweieinhalb Jahren wohnte er noch allein.

In der Tagespflege haben ihn die anderen Seniorinnen und Senioren zu ihrem Vertreter gewählt. „Ich war der Einzige, der sich gemeldet hat und was gesagt hat“, erklärt der frühere Stahl-Vertrauensmann.

Und er hat auch schon etwas als Vertreter erreicht: In der Tagespflege gab es zu wenig Personal, um den Strickkreis und die Basteltruppe gleichzeitig zu betreuen. Heinz rief im Stadthaus an – und machte noch eine Betreuungsperson klar. Denn Vertrauensmann zu sein, hört nicht am Werkstor auf, auch nicht mit fast 100 Jahren.

 

Rund 100 Kolleginnen und Kollegen werden in diesem Jahr bundesweit von der IG Metall für 80 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Mehr dazu im Mitgliedermagazin metall


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