Tarifverträge zur Integration förderbedürftiger Azubis
Neue Chance auf Ausbildung

Der Lkw-Zulieferer Hörmann Automotive in Gustavsburg gibt allen eine Chance auf eine Ausbildung. Auch jungen Menschen, die in der Schule und im Beruf „gescheitert“ sind. Und das trotz anhaltender Krise im Lkw-Bau.

26. Mai 201526. 5. 2015


Es läuft bei Dennis Ott. Seit September ist er Werkzeugmechanik-Azubi beim Lkw-Zulieferer Hörmann Automotive in Gustavsburg bei Mainz. Und gerade ist er in die erste eigene Wohnung umgezogen. Ein Jahr zuvor lief es gar nicht. Ott hatte seine Ausbildung in einem Sanitär-Heizung-Klimabetrieb abgebrochen. „Ich konnte nicht mehr“, erzählt der 22-Jährige. „Ich war jeden Tag zwölf Stunden auf der Baustelle, musste ständig schleppen. Und der Ton war rau.“

Von der Schlepperei bekam Ott Rückenschmerzen. Dann kamen private Probleme dazu. Er resignierte – und blieb zu Hause.

Blöd gelaufen. Und Ausbildungsabbrecher haben schlechte Karten für einen Neustart. Doch da gab ihm ein Freund den Tipp: Bewirb Dich doch bei Hörmann. Es klappte: Ott bekam erst ein Praktikum, dann eine Einstiegsqualifizierung zur Überbrückung – und schließlich den Ausbildungsplatz. Hörmann gibt bewusst auch denen eine Chance, die eben nicht die besten Noten und lupenreine Karrieren haben. Sogar ein 35-jähriger Azubi ist dieses Jahr dabei. Dafür haben Betriebsrat und Geschäftsleitung eine Betriebsvereinbarung zu den sogenannten Integrationsazubis abgeschlossen, auf Basis eines IG Metall-Tarifvertrags. Am Ende genauso gut.

„Natürlich ist der Betreuungsaufwand bei den Integrationsazubis anfangs etwas größer“, meint Betriebsrat Thomas Müller. „Aber nach ein paar Wochen klappt das. Wir haben bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Noten sind gar nicht so entscheidend. Wichtig ist, dass der Bewerber zu uns passt und sich wirklich für die Arbeit interessiert. “Die Regelung ist um so bemerkenswerter, da die wirtschaftliche Lage schwierig ist. Die Nutzfahrzeugbranche steckt seit Jahren tief in der Krise. Trotzdem spart Hörmann nicht an der Ausbildung, sondern hat sie sogar erweitert. „Auch wenn wir momentan noch in der Krise sind, wir brauchen Fachkräfte für die Zukunft“, erklärt Müller. „Da macht es Sinn, auch weniger erfolgreichen Jugendlichen eine Perspektive zu geben.“ Das zahlt sich aus.

Am Ende der Ausbildung sind die Integrationsazubis meist genauso gut, wie die anderen: überdurchschnittlich. Die Hörmann-Azubis sind regelmäßig unter den Besten bei den Abschlussprüfungen in der Region. Auch bei Dennis Ott scheint das aufzugehen. Anfangs hatte er noch Durchhänger, kam ab und an zu spät oder gar nicht. Doch mittlerweile gehört er zu den Besten seines Ausbildungsjahrgangs.

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