Aktionstag der IG Metall für faire und sichere Arbeit
Über 200 000 Beschäftigte setzen ein deutliches Zeichen

„Arbeit – sicher und fair!“ Unter diesem Motto haben sich am 24. Februar rund 210 000 Beschäftigte aus 1360 Betrieben am Aktionstag der IG Metall beteiligt. Die vielfältigen bundesweiten Proteste in und vor den Betrieben richteten sich gegen die zunehmende Bedrohung regulärer ...


25. Februar 201125. 2. 2011


... Arbeitsverhältnisse durch prekäre Beschäftigung. Wir werfen einen Blick auf die Aktionen in den einzelnen Bezirken.

Prekäre Jobs in Leiharbeit, befristete Anstellungen und Werkverträge bedrohen zunehmend reguläre Beschäftigungserhltnisse. Deutschlandweit haben Metallerinnen und Metaller am 24. Februar ein deutliches Zeichen an Politik und Arbeitgeber gesendet: Macht Schluss mit der Billigstrategie! Arbeit muss sicher und fair sein! Was in den einzelnen Bezirken los war:

Baden-Württemberg
An den Kundgebungen, Aktionen und Veranstaltungen im Südwesten beteiligten sich etwa 92 000 Beschäftigte aus mehreren hundert Betrieben. „Das zeigt: Die Brisanz des Themas ist in den Belegschaften angekommen“, kommentiert IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann die große Resonanz auf den Aktionstag in den Unternehmen Baden-Württembergs.



In Sindelfingen auf einer Kundgebung vor über 6000 Daimler-Beschäftigten bezeichnete er es als „grotesk“, wenn ein Aufschwung für abertausende Menschen einen Abstieg in schlecht bezahlte und unsichere Jobs bedeute. Der Gewerkschafter betonte außerdem, gleiche Arbeit für gleiches Geld sei die Normalität in ganz Europa, nur nicht in Deutschland. „Es entspricht dem gesunden Menschenverstand, dass eine Gesellschaft die gleiche Leistung mit verschiedenem Maße misst, zutiefst ungerecht ist.“

Die Kritik der Arbeitgeberverbände an den Protesten wies Hofmann dagegen als „weltfremd“ zurück. Gerade mal sieben Prozent der Langzeitarbeitslosen fänden den Weg über Leiharbeit in feste Beschäftigung. Dagegen habe die Leiharbeitsbranche in der Krise Hunderttausende auf die Straße gesetzt.

Neben den betriebliche Kundgebungen an den Daimler-Standorten Sindelfingen, Untertürkheim, Mannheim, Rastatt und Mettingen, beim Sportwagenhersteller Porsche in Zuffenhausen und bei Bosch in Feuerbach, Bühl und Waiblingen, fanden weitere Aktionen unter anderem bei SEW in Bruchsal, Kern-Liebers, ZF in Friedrichshafen, an Standorten der Mahle GmbH, bei Schuler und bei Audi in Neckarsulm statt. Kundgebungen an zentralen öffentlichen Plätzen gab es außerdem in Schwäbisch Hall, Reutlingen, Ludwigsburg.

Nordrhein-Westfalen
Über 40 000 Beschäftigte haben sich heute in 415 Betrieben in Nordrhein-Westfalen an Aktionen zur Durchsetzung einer fairen Bezahlung von Leiharbeitern beteiligt. „Die schwarz-gelbe Regierung lässt die Leiharbeiter im Regen stehen. Kein einziges Problem löst Frau von der Leyen mit ihrer Gesetzesvorlage zur Leiharbeit“, sagte Oliver Burkhard, IG Metall-Bezirksleiter in Nordrhein-Westfalen. Stattdessen könnten Arbeitgeber weiter ungehemmt aus regulär Beschäftigten billige Leiharbeiter machen können. So würden Menschen zu Beschäftigten zweiter Klasse, mit 30 oder gar 50 Prozent weniger Lohn. Und diese Billiglöhne für Leiharbeiter müssten dann durch staatliche Mittel aufgestockt werden, um überhaupt auf Hartz IV-Niveau zu kommen, kritisierte Burkhard.



Mit Hardrock-Klängen begannen die Proteste bereits um 6.00 Uhr in Duisburg. Am Tor 1 vor dem ThyssenKrupp-Werk haben über 500 Stahlarbeiter mit Fackeln, Leuchtkerzen, Nebel und Scheinwerfern darauf aufmerksam gemacht, dass Lohndumping und unsichere Arbeitsbedingungen für sie nicht hinnehmbar sind. In Essen kamen 200 Beschäftigte, überwiegend von Kennametal Widia und Kolektor vor dem Werkstor zusammen. In Köln beteiligten sich insgesamt 7500 Beschäftigte an Aktionen. 250 davon kamen im John-Andrews-Entwicklungszentrum von Ford in Köln-Merkenich zusammen. In Düsseldorf haben sich 350 Beschäftigte für eine knappe Stunde an der Kundgebung vor dem Daimler-Sprinter Werk beteiligt.

Am Aktionsfrühstück vor dem Werkstor von TRW in Gelsenkirchen kamen 300 Beschäftigte aus 15 Betrieben zusammen. Etwa 850 Beschäftigte aus 11 Betrieben hatten sich in Dortmund-Dorstfeld zur Demonstration und Kundgebung vor der Firma Continental versammelt.

Küste
Im Norden Deutschlands haben sich rund 10 000 Beschäftigte an Aktionen gegen Leiharbeit, Werkverträge, Befristungen und die Nicht-Übernahme von Auszubildenden beteiligt. Unter dem Motto „Arbeit – sicher und fair“ gab es in mehr als 90 Betrieben Kundgebungen, Belegschaftsversammlungen und Informationsveranstaltungen für Leiharbeiter.



„Arbeit muss sicher und fair sein. Für uns heißt das: feste und unbefristete Jobs statt Leiharbeit, Werkverträgen und Befristungen“, sagte Jutta Blankau, Bezirksleiterin der IG Metall Küste, auf einer Kundgebung vor 1500 Beschäftigen aus mehreren Betrieben vor dem VW-Werk in Emden. In Papenburg versammelten sich 2000 Menschen zu einer Kundgebung vor der Meyer Werft. An der Kundgebung in Bremerhaven beteiligten sich 500 Beschäftigte aus Betrieben der Windkraftbranche und aus anderen Branchen.

Bei Airbus in Bremen versammelten sich 250 Beschäftigte beim Betriebsrat, nachdem das Unternehmen die geplanten Informationsrunden für Leiharbeitnehmer und interessierte Stammbeschäftigte aus formalen Gründen untersagt hatte. In der Region Unterelbe beteiligten sich knapp 2500 Beschäftigte aus 33 Betrieben an Protestaktionen während der Arbeitszeit.

In Kiel beteiligten sich rund 350 Beschäftige an einem Demonstrationszug durch die Innenstadt und einer Kundgebung vor dem Bahnhof. Insgesamt gab es in Kiel und Neumünster in 20 Betrieben Aktionen. In Lübeck verteilten Metaller Flugblätter am Bahnhof. In der Region Hamburg gab es insgesamt in 25 Betrieben Aktionen.

Niedersachsen und Sachsen-Anhalt
Im IG Metall-Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben sich etwa 18 000 Beschäftigte am betrieblichen Aktionstag gegen prekäre Arbeitsverhältnisse beteiligt. Unter dem Motto „Arbeit – sicher und fair“ gab es in mehr als 120 Betrieben Aktionen gegen die dramatische Zunahme von Leiharbeit und befristeten Jobs.



Bezirksleiter Hartmut Meine kritisierte auf der Kundgebung vor dem Werkstor des LKW-Zulieferers Wabco in Hannover das völlig unzureichende Ergebnis des Vermittlungsverfahrens im Rahmen der Hartz IV-Reform: „Für Leiharbeiter wird es kaum eine Verbesserung geben. Sie werden auch weiterhin Beschäftigte zweiter Klasse sein, die trotz gleicher Arbeit weniger Geld als die Stammbeschäftigten erhalten.“ Die Bundesregierung habe es erneut versäumt, die Arbeitgeber in gesetzliche Schranken zu weisen und für faire Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen.

In ihrem Protest setzten die Belegschaften der Betriebe auf verschiedene kreative Aktionen: So führten beispielsweise Beschäftigte der Ilsenburger Grobblech, der Radsatzfabrik Ilsenburg und Beschäftigte von ThyssenKrupp Presta einen Autokorso durch. Bei Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover ließen die Beschäftigten schwarz-gelbe Luftballons steigen und forderten die Politik auf, endlich tätig zu werden. Weitere Aktionen in Hannover gab es bei Troester, Iveco, Siemens und MTU. Bei SKF und Hay in Lüneburg zogen die Beschäftigten vors Werkstor. In Hildesheim und Salzgitter gab es Aktionen bei Bosch gegen die Zunahme von Leiharbeit. In Gifhorn zogen die Beschäftigten von Conti Teves vors Tor und in Stadthagen beim Automobilzulieferer Faurecia gab es eine „Frühschlussaktion’“ vor dem Haupttor.

Frankfurt
Bis zum Mittag haben sich im IG Metall Bezirk-Frankfurt, der die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, und Thüringen umfasst, etwa 21 000 Beschäftigte am Aktionstag der IG Metall gegen für faire und sichere Arbeit beteiligt. In etwa 75 betrieblichen Aktionen und Kundgebungen protestierten die Belegschaften gegen befristete Jobs und Leiharbeit.



IG Metall Bezirksleiter Armin Schild hob hervor, dass besonders junge Menschen von prekärer Beschäftigung betroffen seien. Mehr als 53 Prozent der Beschäftigten unter 24 Jahren hangelten sich von Job zu Job und hätten nur geringe Aussichten auf einen festen Arbeitsvertrag.

Die schwarz-gelbe Blockadehaltung zu einer Neuregelung des Equal-Pay-Grundsatzes im Hartz IV-Vermittlungsausschuss bezeichnete Schild in diesem Zusammenhang als einen „Skandal“. Statt die gleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbeschäftigten gesetzlich zu regeln, habe sich die Politik zum Handlanger der Leiharbeits-Lobby gemacht. Schwerpunkte der Aktionen im Bezirk Frankfurt waren in Nordhessen, dem Rhein-Main- Gebiet, in der Pfalz, dem Saarland sowie in West – und in Ostthüringen.

Berlin-Brandenburg-Sachsen
In Berlin, Brandenburg und Sachsen beteiligten sich rund 14 000 Beschäftigte aus zahlreichen Industriebetrieben am bundesweiten Aktionstag. „Mit der Hartz-IV-Reform macht sich die Bundesregierung zum Handlanger von Lohndumping und Armutslöhnen“, kritisierte IG Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel. Es sei nicht akzeptabel, dass Leiharbeiter weiter Beschäftigte zweiter Klasse sein sollten, so Höbel. Er forderte, den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ endlich gesetzlich zu verankern.



In seiner Ansprache vor etwa 300 Beschäftigten bei Bombardier Hennigsdorf forderte auch der DGB-Vorsitzende Michael Sommer gleiche Bezahlung für Leiharbeitskräfte. In Berlin führten Vertrauensleute der Siemens-Betriebe in Spandau Straßenaktionen durch und informierten Autofahrer an viel befahrenden Kreuzungen über die zunehmenden Missstände bei der Leiharbeit. In Chemnitz nahmen mehr als 500 Metallerinnen und Metaller von Volkswagen und Bosch Rexroth an Protestkundgebungen vor dem Werktor teil. Bei BMW in Leipzig klärte die IG Metall die dort beschäftigten Leiharbeiter über die für sie geltenden Tarifverträge auf. Auch bei ZF in Brandenburg, ArcelorMittal (EKO) in Eisenhüttenstadt, dem Stahlwerk in Gröditz, Bombardier in Görlitz und SIAG-Anlagenbau in Cottbus beteiligten sich mehrere hundert Beschäftigte an den Aktionen.

Bayern
In 149 Betrieben in Bayer haben sich über 53 900 Arbeitnehmer am IG Metall-Aktionstag „Arbeit – sicher und fair“ beteiligt. Bereits in den frühen Morgenstunden fanden in vielen Betrieben Toraktionen statt. Bei Audi in Ingolstadt wurden die Arbeitnehmer bereits um 5.15 Uhr an den Toren in Kundgebungen von den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten über die Zunahme und den Missbrauch der Leiharbeit sowie über das Thema Equal-Pay von Stamm- und Leiharbeitsbeschäftigten informiert.



In etlichen Städten rief die IG Metall zu Kundgebungen vor den Betrieben auf. Spontan beteiligten sich viele zehntausende von Arbeitnehmern an diesen Veranstaltungen während der Arbeitszeit. Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der bayerischen IG Metall, sprach auf einer Kundgebung in Augsburg vor rund 1000 Beschäftigten der MAN Diesel & Turbo GmbH. Weitere Schwerpunkte der Aktivitäten und Aktionen waren unter anderem bei den bayerischen Siemens-Standorten, LINDE und ZF Sachs in Unterfranken, Bosch in Bamberg, Federal Mogul in Nürnberg und BMW München.

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