Tarifvertrag für den Engineering-Bereich bei der Firma Lenze
„Flächentarif – gemeinsam geht das“

Unter diesem Motto engagierten sich die Beschäftigten der Firma Lenze Automation seit dem Sommer 2012 für Tarifverträge. Viele Aktionen und sechs Verhandlungsrunden später war es dann soweit. Seit Jahresbeginn gilt für die 150 Ingenieure der niedersächsischen Lenze-Standorte der Tarifvertrag ...

6. Februar 20136. 2. 2013


... der Metall- und Elektroindustrie Niedersachsen.

Was bringt es eigentlich, wenn ein Unternehmen tarifgebunden ist? Das war nicht allen Beschäftigten bei der Firma Lenze Automation von Anfang an klar. Denn offene Konflikte gab es bei der Engieering-Tochter des weltweit agierenden mittelständischen Maschinenbau-Zulieferers mit insgesamt über 3000 Beschäftigten eher selten. Die Gespräche zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung waren stets sachlich und freundlich, leider jedoch auch unverbindlich. Trotzdem waren die dort beschäftigten Ingenieure erst einmal geduldig. „Daher hat es auch so lange gedauert, bis das Unternehmen unterschrieb“, sagte Uwe Mebs von der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim. Das war dann am 9. November 2012 der Fall. Seither gilt für die niedersächsischen Standorte des Unternehmens der Anerkennungs-Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie Niedersachsen, obwohl die Firma nicht im Arbeitgeberverband ist.

Seit 2006 wurde der Engineering-Bereich in dem Unternehmen umstrukturiert. Mit dem Ergebnis, dass mehrere Gruppen von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Arbeitsverträgen – mit ungleichen Arbeitsbedingungen und Bezahlung – entstanden. Sehr zum Unmut der Beschäftigten. „Das hat die Beschäftigten bei Lenze zur Gegenwehr motiviert“ erinnert sich Uwe Mebs, IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim. Im Mai 2009 hatte daraufhin eine kleine Gruppe von Ingenieuren eine Projektgruppe gegründet und sich für Tarifverträge eingesetzt. „TarifAktiv“ traf sich einmal im Monat mit dem Ziel für die niedersächsischen Lenze Standorte die Tarifbindung durchzusetzen.


Ungleiche Arbeitsbedingungen und Bezahlung

Gemeinsam mit der IG Metall engagierte sich die Mehrheit der Beschäftigten für die Tarifbindung. Das war im Juli vergangenen Jahres der Fall. Die Gewerkschaft startete Verhandlungen über einen Anerkennungstarifvertrag – mit großer Unterstützung von Seiten der Beschäftigten. „Irgendwann dann hat die Unternehmensseite erkannt, dass die Zeiten von tariflosen Zuständen vorbei sind. Hochmotivierte Ingenieurinnen und Ingenieure sind nur zu Spitzenleistungen bereit, wenn die Arbeits- und Leistungsbedingungen stimmen und wenn es gerecht zugeht“, so Mebs.


Pfiffige Aktionen

„Kommen Sie mit uns auf die Fläche“ lautete die Einladung von Seiten der Interessenvertreter an die Geschäftsleitung. Symbolisch für den Flächentarifvertrag hatten die Aktiven eines Tages einen „roten Teppich“ ausgerollt. Darauf war bereits eine große Gruppe von Beschäftigten versammelt. Ihre Verbundenheit mit der IG Metall und der Forderung nach Anerkennung des Tarifvertrages machten die Ingenieure auch dadurch deutlich, dass sie bei jeder Aktion mit roten T-Shirts bekleidet waren, die mit dem Motto „Flächentarif – so einfach ist das“ bedruckt waren.

Aktion „Kommen Sie mit uns auf die Fläche“ bei Lenze. Foto: Thilo Jahn


Aber es gab noch viel mehr Aktionen. Der Mittwoch wurde zum „Tarifmittwoch“. An diesen Wochentagen gab es beispielsweise einen „Mauerbau in der Kantine“, „Grenzbegehungen auf dem Firmengelände“ oder „Spiel ohne Grenzen“. Auch ein Warnstreik war in Vorbereitung – wurde allerdings dann wieder abgeblasen, da es Fortschritte bei den Verhandlungen gab.


Viel mehr als nur Beteiligung

„Wir haben jeden Schritt mit den Mitgliedern abgestimmt. Da ist nichts über deren Köpfe hinweg passiert“, erklärt Thilo Jahn von der IG Metall Hameln. Da sei kein Flugblatt gedruckt worden, bevor es mit den Beschäftigten abgestimmt war. „Das war viel mehr als Beteiligung“, so Jahn. So ist auch die intensive und breite Teilnahme der Beschäftigten an den Aktionen zu erklären.

Wichtigstes Ziel war die Anerkennung des Flächentarifvertrages und mit ihm die Rechtssicherheit sowie die regelmäßige Entgelterhöhungen, die der Flächentarif den Mitgliedern bietet. Zweiter positiver Effekt war die Angleichung der Arbeitszeitregelungen. Die Vereinbarung schafft zudem mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten. Sie können Überstunden auf ein sogenanntes „Langzeitkonto“ buchen lassen, das vor Insolvenz geschützt ist, und diese Arbeitsstunden nach individuellen Bedürfnissen frei nehmen.

Seit Januar 2013 gilt nun für die 150 Ingenieure der Flächentarif der Metall- und Elektroindustrie Niedersachsens und die zusätzlichen Vereinbarungen zum Langzeitkonto. Ein Erfolg für die Aktiven im Betrieb und die IG Metall insgesamt.

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen