Tarifvertrag bei Halberg Guss
Senkrechtstart mit Perspektive

Die Beschäftigten von Halberg Guss haben einiges mitgemacht. Erst ging der Automobilzulieferer in Leipzig pleite, dann war er zwei Jahre lang in Insolvenz. Jetzt geht es endlich aufwärts: Mit einem Tarifvertrag, einer Standortsicherung und der Mitgliedschaft in der IG Metall.

19. April 201119. 4. 2011


Die Beschäftigten der Metallgießerei hatten es satt, über Jahre hinweg nur mit dürren Lohnsteigerungen abgespeist zu werden. Weil Halberg Guss nicht im Arbeitgeberverband und damit nicht tarifgebunden war, klaffte eine immer größere Einkommenslücke zu anderen Betrieben. Der Abstand zum Flächentarif betrug zuletzt 15 Prozent.

Senkrechtstart hingelegt
Das wollte sich die Belegschaft nicht mehr länger bieten lassen. Der Betriebsrat mit seinem Vorsitzenden Thomas Jürs wurde aktiv, ging durch die Hallen und warb für den Eintritt in die IG Metall. Und überzeugte schließlich fast alle. Die Belegschaft von Halberg Guss trat im Februar nahezu geschlossen in die IG Metall ein. In einem Senkrechtstart schoss der Organisationsgrad von vier auf 94 Prozent – eine komfortable Ausgangsbasis für Verhandlungen mit dem Arbeitgeber.

Jetzt haben Betriebsrat und IG Metall mit dem neuen Eigentürmer, der holländischen HTP-Gruppe, einen Tarifvertrag ausgehandelt. Ab April erhalten die 550 Beschäftigten zunächst 2,7 Prozent mehr Geld. Das entspricht dem Ergebnis zwischen IG Metall und Arbeitgebern aus der letzten Tarifrunde. Im Mai steigen die Löhne um weitere 1,5 Prozent. Das ist der erste Schritt zur Angleichung an den Flächentarifvertrag. „Der Tarifvertrag kann sich sehen lassen“, freut sich Betriebsratsvorsitzender Thomas Jürs. Endlich hat die Belegschaft die Perspektive, genauso viel zu verdienen wie Kollegen in anderen Gießereien.

Einzigartig in der Region
Wie Sieglinde Merbitz, Bevollmächtigte der IG Metall Leipzig, am Montag auf der Betriebsversammlung erklärte, hat der neue Eigentümer die Angleichung der Löhne auf das Niveau des Flächentarifvertrages bis 2018 zugesagt. Jedes Jahr würden die Löhne um 1,5 Prozent angehoben – zusätzlich zum Ergebnis der Tarifverhandlungen. Zum ersten Mal bekommen die Beschäftigten in diesem Jahr Urlaubsgeld. Außerdem gibt HTP eine Standortsicherung für das Leipziger Werk bis 2018 mit seinen Beschäftigten. „Das hat in der Region sonst niemand“, sagt Merbitz.

Halberg Guss hatte 2009 Insolvenz anmelden müssen, als infolge der Absatzkrise der Automobilindustrie Aufträge ausblieben. Fast zwei Jahre führte der Insolvenzverwalter Verkaufsverhandlungenb mit mehreren Investoren. Im Januar bekam die holländische HTP-Gruppe den Zuschlag. Zu HTP gehören mehrere Unternehmen in Deutschland mit mehr als 4000 Mitarbeitern.

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