Tarifkonflikt beim Wälzlagerhersteller Koyo in Bielefeld
Mit Tarif geht’s besser

Das hat sich Koyo einfacher vorgestellt: Einfach den Arbeitgeberverband verlassen und dann die Entgelte kürzen. Doch der Bielefelder Wälzlagerhersteller hatte die Rechnung ohne IG Metall und Belegschaft gemacht. Die Beschäftigten fordern die Rückkehr des Unternehmens in den Tarifverbund.

23. Mai 201323. 5. 2013


Tarifbindung lohnt sich – für die Mitglieder der IG Metall ebenso wie für die Unternehmen. Denn ein Tarifvertrag garantiert den Mitarbeitern nicht nur gute und faire Löhne entsprechend der IG Metall-Tarifverträge, tarifliche Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld und eine Wochenarbeitszeit von 35 Stunden.

Dem Arbeitgeber gibt Tarifbindung Sicherheit. Sie bedeutet, dass er während der Laufzeit des Tarifvertrages sicher sein kann, dass die Beschäftigten ihrem Job nachgehen und keine Arbeitsniederlegungen stattfinden – es sei denn, der Arbeitgeber verstößt gegen den geltenden Tarifvertrag. Tarifbindung ist damit gutes Geschäft für beide Seiten.

Leider gibt es immer noch Arbeitgeber, die glauben, dass sie ohne Tarifbindung besser fahren. Beispielsweise der Wälzlagerhersteller Koyo in Künsebeck bei Bielefeld. Koyo war bis vor wenigen Wochen noch im Arbeitgeberverband organisiert und tarifgebunden. Doch am 2. April teilte das Unternehmen per Email der IG Metall Bielefeld mit, zum Ende des Monats aus dem Tarifverbund auszutreten. Als Grund nannte Koyo die Entgeltforderung der IG Metall in der Metall-Tarifrunde und damit eine Verteuerung der Standortkosten. Koyo befürchtete schlechtere Wettbewerbsbedingungen.

 

Proteste von Früh-, Spät- und Nachtschicht

Die Beschäftigten und die IG Metall sind sauer. In einem Warnstreik am 6. Mai machten rund 250 Beschäftigte der Frühschicht deutlich, was sie von dem Verbandsaustritt ihres Arbeitgebers halten. Sie gaben sich kämpferisch. Ebenso wie die Spät- und Nachtschicht. Auch diese Mitarbeiter protestierten und verließen jeweils 90 Minuten früher als sonst ihren Arbeitsplatz.

Tatsächlich will Koyo bei einem Teil der Beschäftigten die Entgelte massiv kürzen. Konkret geht es um die Fix- oder Leistungszulage von durchschnittlich 32 Prozent für Beschäftigte in der Produktion, die über die normale Stückzahl hinaus mehr produzieren. Diese Leistungszulage will die Geschäftsleitung auf künftige Tariferhöhungen anrechnen und damit langfristig die Lohnkosten senken. Das soll so lange erfolgen, bis die Leistungszulagen auf 110 Prozent des Tarifentgeltes gesunken sind. „Dann hätten die betroffenen Beschäftigten sehr viel weniger im Portemonnaie“, stellt Ute Herkströter von der IG Metall Bielefeld fest. Doch Koyo will nicht nur bei den Fixzulagen kürzen. Auch die bisher betriebsüblichen Jubiläumsurlaube für langjährige Betriebszugehörigkeit will das Unternehmen abschaffen. Diese Maßnahmen sind keine neue Rezeptur. Bei den Arbeitnehmern sparen, das ist eine uralte Masche.

Nach dem gleichen Modell ist im vergangenen Jahr auch ein anderes Unternehmen in Bielefeld vorgegangen. Euscher, ein Präzisionshersteller für Zieh- und Blechstahlteile wollte ebenfalls die Tariferhöhung umgehen. Zwischenzeitlich ist das Bielefelder Unternehmen jedoch wieder in den Tarifverbund und den Flächentarifvertrag zurückgekehrt.

Koyo hat mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Derzeit sind die Kapazitäten in der Produktion nur zwischen 60 und 65 Prozent ausgelastet. Der Umsatz ist im vergangenen Jahr gesunken und derzeit wird an fünf Tagen im Monat Kurzarbeit geleistet. Die IG Metall sieht die wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens und hat vorgeschlagen, einen Ergänzungstarifvertrag zu vereinbaren. Wenn das Unternehmen in den Tarifverbund zurückkehrt, wären die Beschäftigten zu einer Kürzung ihrer Entgelte bereit – jedoch alle Beschäftigte in gleicher Höhe. Also die direkt in der Produktion Tätigen ebenso wie die indirekt. Die Mitarbeiter lehnen es ab, dass nur eine Gruppe der Beschäftigten, nämlich ausschließlich die in der Produktion tätigen, verzichten sollen.

 

Mit Konsequenz gegen Tarifflucht

„Zuerst jedoch muss das Unternehmen zurück in den Tarifvertrag“, erklärt Herkströter. „Tarifflucht stellen wir uns mit aller Konsequenz entgegen“ sagt sie und kündigt an, dass die IG Metall Bielefeld von den Unternehmen, die aus dem Tarifverbund flüchten, eine pauschalierte Sonderzahlung von 50 000 Euro fordert. Davon soll eine Erholungsbeihilfe, eine tarifliche Altersversorgung und ein Tarifvertrag über eine arbeitgeberfinanzierte Zusatzkrankenversicherung für IG Metall-Mitglieder finanziert werden.

 

Am 22. Mai haben IG Metall, Betriebsrat und Geschäftsleitung über eine Rückkehr von Koyo in den Tarifverbund verhandelt. Dazu hat das Unternehmen nun seine Bereitschaft signalisiert. Auch Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zum Leistungsentgelt werden demnächst aufgenommen, so Herkströter. „Unter diesen Voraussetzungen werden wir auch die Forderung nach einer Sonderzahlung von 50 000 Euro zurückziehen“, erklärt die Gewerkschafterin.

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