Tarifflucht Druckerhersteller OCE
Gegen Tarifflucht auf die Barrikaden

Sechs Jahre lang hat die Belegschaft von Océ Poing Mehrarbeit geleistet und auf Geld verzichtet, um den Standort zu erhalten. Nun will das Unternehmen nicht mehr nach Metalltarifvertrag bezahlen. Die Tarifflucht treibt die Beschäftigten auf die Barrikaden.

27. April 201227. 4. 2012


Der Betriebsbesuch des geschäftsführenden IG Metall-Vorstandsmitglieds Jürgen Kerner in Poing am Donnerstag dieser Woche kam nicht von ungefähr. Kerner sprach den Beschäftigten Mut zu und versicherte ihnen die Unterstützung der IG Metall. Denn bei dem Unternehmen Océ, das Hochleistungsdrucker herstellt, brodelt es gewaltig. Océ ist Anfang April aus dem Arbeitgeberverband VBM ausgetreten. Seitdem herrscht große Unruhe in der Belegschaft, erklärt der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Rosenheim, Jochen Hafner.


Strategie durchkreuzen

Das Unternehmen plant eine Tarifflucht der besonderen Art. Statt des Metalltarifs will Océ den wesentlich ungünstigeren Tarif für den Groß- und Einzelhandel einführen. In der Belegschaft setzt sich die Erkenntnis durch, dass man nur zusammen mit der Gewerkschaft diese Strategie durchkreuzen kann. Es kam zu einer regelrechten Eintrittswelle in die IG Metall, auch im Angestellten- und Entwicklerbereich.

Seit 2005 arbeiten die 1000 Beschäftigten von Océ drei Stunden in der Woche mehr – unentgeltlich. Im Gegenzug hatte das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Vor zwei Jahren wurde der Betrieb von Canon übernommen und leidet weiter unter der Krise der Druckerbranche. Bis heute fehlt ein Sanierungskonzept. Statt dessen häuften sich die Managementfehler.

„Durch den Verzicht auf drei Stunden Bezahlung haben alle im Unternehmen einen Beitrag zum Erhalt des Standorts geleistet. Unser Ziel ist es, wieder in den Metall- und Elektrotarifvertrag zu kommen“, so der Bevollmächtigte Hafner. Auf der letzten Betriebsversammlung forderte die IG Metall die Unternehmensleitung zu Gesprächen auf. In der ersten Mai-Woche wird es ein Treffen zwischen den Bevollmächtigten der IG Metall Rosenheim und der Geschäftsleitung Océ Poing geben. „Wir gehen offen in dieses Gespräch. Eine Regelung um jeden Preis wird es mit uns nicht geben. Mit entscheidend ist die Rückkehr zum Tarifvertrag der bayerischen Metall- und Elektroindustrie“, sagte Hafner.

Unfair gegenüber den Beschäftigten

„Der Tarifvertrag für die Metall-und Elektroindustrie Bayern gibt den Beschäftigten Sicherheit und eine Perspektive. Dadurch hat die Belegschaft die nötige Energie und Motivation, die großen Herausforderungen bei OCE Poing zu meistern“, sagte der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Rosenheim, Christian Naß. Jürgen Kerner forderte das Unternehmen auf, zum Metall- und Eletrotraifvertrag zurückzukehren. Alles andere sei unfair gegenüber den Beschäftigten, die so lange solidarisch zu Océ gehalten hätten, so Kerner. Wer auf dem Druckermarkt bestehen will, muss die Zusammenführung von herkömmlichem und digitalem Druck gelingen, sagte Kerner.

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