24. Juni 2016
ITK-Beschäftigte drängen Arbeitgeber zu verbessertem Angebot
Druck auf Atos zeigt Wirkung
Tausende Beschäftigte des Technik-Konzerns Atos beteiligten sich diese Woche anlässlich eines bundesweiten Aktionstags an Warnstreiks. In der ITK-Branche keine Selbstverständlichkeit. Doch auch dort zeigt solch Einsatz Wirkung: Der Arbeitgeber bewegt sich in den Tarifverhandlungen ein erstes Stück.

... bewegt.

Damit hatte der Arbeitgeber wohl nicht gerechnet: 3000 Beschäftigte des IT-Dienstleiters Atos legten diesen Mittwoch anlässlich eines bundesweiten Aktionstags die Arbeit nieder. Der Grund: Der Arbeitgeber verweigert ihnen die angemessene Tariferhöhung. Beim Technik-Konzern gilt seit 2013 der „Rahmentarifvertrag IT-Dienstleistungen“. Dieser ist an die jährlichen Entgelterhöhungen aus den Tarifabschlüssen in der Metall- und Elektroindustrie gekoppelt. Doch die Erhöhungen will Atos nicht weitergeben.

Durch die Anbindung hätten die Beschäftigten Anspruch auf eine Entgelterhöhung von 3,4 Prozent. Denn dieses Plus wurde 2015 in der Metall- und Elektroindustrie ausgehandelt. Doch bis zuletzt weigerte Atos sich, die Erhöhung zu zahlen. Die IG Metall konnte vergangenes Jahr erreichen, dass alle ihre Mitgliedern das Plus in Form einer Einmalzahlung erhielten. Doch die tabellenwirksame Erhöhung hatte der Konzern aufgeschoben. Inzwischen steht die nächste Erhöhung von 2,8 Prozent an, die in diesem Jahr in der Metall- und Elektroindustrie ausgehandelt wurde.

Das war den Beschäftigten nun zu viel. Am Tag der dritten Verhandlung legten sie deshalb bundesweit an allen Standorten die Arbeit nieder (Bildergalerie).

Dazu muss man wissen: Atos geht es blendend. Das französische Unternehmen gehört zu den größten IT-Dienstleistern in Deutschland. An den bundesweit 48 Standorten arbeiten rund 8500 Beschäftigte. Ende 2015 hat Atos das IT-Unternehmen Unify gekauft und in diesem Jahr auch gleich noch die Dividende für Aktionäre um 38 Prozent erhöht. Der Konzern plant im IT-Dienstleistungsmarkt in Deutschland für dieses Jahr einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro und eine Umsatzrendite von 9,2 Prozent.

Trotz der guten Zahlen waren die Tarifverhandlungen zuletzt festgefahren und Atos hatte lediglich eine Entgelterhöhung von 0,5 Prozent angeboten und das Angebot in der zweiten Verhandlung auf 1,5 Prozent erhöht. Doch der Einsatz der Beschäftigten hat offenbar Wirkung gezeigt. Unter dem Eindruck der bundesweiten Aktionen hatte die Geschäftsführung am Mittwoch ein verbessertes Angebot vorgelegt.

Der Druck der Beschäftigten hat einen Fortschritt bewirkt. Doch Juan-Carlos Rio Antas, Verhandlungsführer der IG Metall, schätzt: „Bei all den Themen, die auf den Tisch liegen, wird eine Einigung sehr schwierig, weil die Vorstellungen der Arbeitgeberin extrem weit von unseren Positionen entfernt sind.“ Wichtig sei, dass die Mitarbeiter den Druck weiter aufrechter erhalten, um zu einem fairen Ergebnis zu kommen. Die nächsten Verhandlungen finden am 12. und 13. Juli in Freiburg statt.

Karl-Heinz Welker wertet das Angebot ebenfalls als eine Bewegung in die richtige Richtung. „Aber vom Ziel sind wir noch weit entfernt“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Atos-Standorts an der Würzburger Straße in Führt. Für das Verhalten des Arbeitgebers hat er kein Verständnis: „Atos hat einen Tarifvertrag unterschrieben, fühlt sich jetzt aber nicht mehr daran gebunden. So etwas ist auch für mich neu.“ Seine Forderung: Der Arbeitgeber soll sich an die Vereinbarung halten. Der Kampfeswillen der Beschäftigten sei ungebrochen hoch.

Insgesamt zeigt sich auch in der ITK-Branche immer stärker, wie sehr die Beschäftigten Tarifverträge zu schätzen wissen. Denn für die Arbeitnehmer gehen sie mit regelmäßigen Entgelterhöhungen und verbindlich geregelten Arbeitsbedingungen einher. Daneben haben die Vereinbarungen nachgewiesenermaßen bei vielen ITK-Unternehmen dazu beigetragen, Stellenabbau zu verringern. Auch viele Arbeitgeber wissen Tarifverträge zu schätzen – bedeuten sie doch ein großes Stück Verlässlichkeit.


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