18. Oktober 2016
Tarifvertrag beim Trafokesselbauer Menk
Beharrlichkeit zahlt sich aus
Kürzere Arbeitszeiten, regelmäßig mehr Geld sowie je einen halben Tag frei an Weihnachten und Silvester – der 17 Monate lange Hürdenlauf zu einem Tarifvertrag hat sich für die Beschäftigten der Menk GmbH in Bad Marienberg gelohnt.

„Die Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital, das die Firma hat. In die muss sie investieren“, sagt Jörg Hübner von Menk. Dass dazu auch ein Tarifvertrag gehört, war und ist für ihn selbstverständlich. Hübner ist Betriebsratsvorsitzender bei dem Trafokesselbauer, dessen Standort in dem kleinen beschaulichen Kneipp-Heilbad Bad Marienberg im Westerwald liegt.

In der kleinen Stadt Bad Marienberg geht es eher friedlich zu. Hier ist die Welt noch in Ordnung, wie man so sagt. Doch nicht in Ordnung waren viele Jahre lang die Bezahlung und die Arbeitszeit bei Menk. Noch nie in seiner Firmengeschichte war das Unternehmen tarifgebunden. Erst jetzt.

Vor einigen Jahren wurde die Arbeitszeit auf 42 Stunden erhöht – ohne Lohnausgleich. Damals wurde der Betriebsrat vor die Wahl gestellt, entweder einer Lohnkürzung oder einer Arbeitszeitverlängerung zuzustimmen. Der Betriebsrat entschied sich schweren Herzens für die Arbeitszeitverlängerung. Ursprünglich war diese Regelung auf fünf Jahre begrenzt, doch sie wurde nie zurückgenommen. Begründung dafür war das Oder-Hochwasser, von dem 2010 das Schwesterwerk in Prag betroffen war. Mit dem Argument, die Firma habe sich wirtschaftlich noch nicht so weit erholt, um ohne

Schaden die Leistungen aus dem Tarifvertrag zu stemmen, wurden auch in der jüngeren Vergangenheit Forderungen nach einem Tarifvertrag immer wieder abgelehnt. So wollte der Betriebsrat sich jedoch irgendwann nicht mehr abspeisen lassen. Er suchte Unterstützung bei der IG Metall-Geschäftsstelle Betzdorf, gemeinsam schalteten sie die Technologieberatungsstelle Rheinland-Pfalz ein. Mithilfe deren Gutachten konnten die Arbeitnehmervertreter dieses Argument des Arbeitgebers entkräften.

Immer wieder forderten der Betriebsrat und die IG Metall Verhandlungen über einen Tarifvertrag. Die Unternehmensleitung bewegte sich nicht. Bis zum ersten Warnstreik im Februar 2015. „Einen Tarifvertrag wollen wir, dafür sind wir heute hier!“, forderten die IG Metall-Mitglieder vor dem Werkstor. Danach kam der Geschäftsführer erstmalig zu Verhandlungen mit IG Metall und Betriebsrat. Die Gespräche begannen Erfolg versprechend. Doch der Prozess zog sich 17 Monate lang hin. Zwei Mal wechselte die Geschäftsführung und mit jedem Wechsel wurden die Verhandlungen weiter in die Länge gezogen.

 

 

 

 

Die Arbeitnehmervertreter ließen nicht locker. IG Metall und Betriebsrat informierten die Belegschaft immer wieder und klärten die Beschäftigten darüber auf, wie wichtig ein Tarifvertrag ist. Immer mehr traten der IG Metall bei. Auch weil sie der Forderung nach einem Tarifvertrag Nachdruck verleihen wollten.


Im Frühjahr 2016 beteiligten sich die Beschäftigten bei Menk mit Aktionen und Warnstreiks an der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie. Demonstrationen und Warnstreiks – so etwas hatte es bislang in dem beschaulichen Kurort noch nie gegeben. Zwei volle Arbeitstage legten die Metallerinnen und Metaller die Arbeit nieder. Auch mit einer Demonstration durch Bad Marienberg erhöhten sie kontinuierlich den Druck auf die Geschäftsleitung. Weitere Verhandlungen folgten.


IG Metall, Betriebsrat und Belegschaft blieben hartnäckig und haben letztendlich ihr Ziel erreicht: Einen Tarifvertrag. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde von 42 Stunden auf 40 Stunden abgesenkt. Von den 240 Mitarbeitern sind 30 Beschäftigte im Drei-Schicht-System. Sie arbeiten 37,5 Stunden mit bezahlten Pausen in der Woche. Zusätzlich erhalten alle einen weiteren Urlaubstag. Dafür wird die Arbeitszeit am 24. und 31. Dezember halbiert. Die Beschäftigten erhalten die im Mai ausgehandelten Entgelterhöhungen für das Metallhandwerk von 2,85 Prozent. Zudem wurde die Tätigkeit der gewerkschaftlichen Vertrauensleute und Tarifkommissionsmitglieder während der Arbeitszeit im Tarifvertrag verankert.

 

Dieses Verhandlungsergebnis haben die IG Metall-Mitglieder am 15. Juli mit großer Mehrheit angenommen. Nun ist die Welt in Bad Marienberg wieder in Ordnung – zumindest für die Beschäftigten von Menk.


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