SKF Schweinfurt in Schweinfurt
Klare Grenzen für die Belastung

Bei SKF/Schweinfurt bestanden seit mehreren Jahren Betriebsvereinbarungen über Gleitzeit und Flexibilität. Einziges Problem: Weil die Vereinbarungen nicht konsequent gelebt wurden, häuften sich in der betrieblichen Praxis oft viele Plusstunden an. Der Betriebsrat wollte dem einen Riegel vorschieben.


Im Frühjahr 2015 war angesichts überfüllter Zeitkonten im Betrieb nicht mehr zu übersehen, dass die vorhandenen Vereinbarungen sich nicht ausreichend auf die tägliche Praxis bei den Betroffenen und ihren Vorgesetzten auswirkten. „Wir haben einen Weg gesucht, diesen Stau auf den Zeitkonten ein für alle Mal wirkungsvoll zu verhindern“, sagt Betriebsratsvorsitzende Norbert Völkl. Der Betriebsrat holte die zuständige IG Metall Schweinfurt ins Boot und informierte dann Geschäftsführung und Personalabteilung über die Problematik. Dort stieß man schon bald auf offene Ohren, erinnert sich der Erste Bevollmächtigte Peter Kippes: „Dem Unternehmen ist natürlich vor allem an Flexibilität gelegen. Jeder Manager weiß aber auch sehr gut, dass zu viele Überstunden irgendwann zum betriebswirtschaftlichen Bumerang werden. Wird die Überlastung zu hoch, schlägt sich das in der Leistungsfähigkeit nieder. Die Fehlerhäufigkeit steigt, die Qualität leidet, und irgendwann steigt auch der Krankenstand – das will niemand.“

Ein entsprechender Hinweis zum Ziel der Eindämmung überquellender Zeitkonten findet sich daher schon in der Präambel der Vereinbarung wieder: „Es ist gemeinsames Interesse von Unternehmen und Betriebsrat, dass Arbeitnehmer gesund bleiben und mit Spaß und Motivation die Arbeit im Unternehmen erfolgreich verrichten.“ Vor diesem Hintergrund stieß man auch bei den anschließenden Gesprächen und Verhandlungen auf keine größeren Hindernisse.


Grenzen der Flexibilität

Das Ergebnis ist eine weitere Betriebsvereinbarung, die den Spielraum der bestehenden Regelungen zu Gleitzeit und Flexibilität grundsätzlich erhält, ihm jedoch nachdrücklich klare Grenzen setzt. Vereinbart wurde, dass beim Erreichen von 70 Stunden auf dem Konto zwischen dem Betroffenen und der Führungskraft ein „Entlastungsgespräch“ mit dem Ziel zu führen ist, die Menge der Plusstunden zu senken. Bei 90 Stunden werden beide per Mail darauf hingewiesen, dass bei Überschreitung von 100 Stunden automatisch eine individuelle Gleitzeit- oder Freischichtentnahme von fünf Tagen erfolgt. Parallel werden die nächsthöhere Führungskraft, die Personalabteilung und der Betriebsratsvorsitzende über den Fall in Kenntnis gesetzt. „Wird dennoch die Grenze von 100 Plusstunden überschritten, werden alle Beteiligten informiert, dass die bereits angekündigte Zeitentnahme zwingend am nächsten Arbeitstag erfolgt“, sagt Norbert Völkl.

Bei Verstößen gegen diese Anordnung bleibt es nicht beim erhobenen Zeigefinger, unterstreicht der Betriebsratsvorsitzende: „Wer trotzdem einfach im Betrieb erscheint und seiner Arbeit nachgeht, muss mit einer Abmahnung oder Verwarnung rechnen. Dasselbe gilt für Vorgesetzte, wenn sie davon wissen oder es sogar veranlassen. ,Wiederholungstätern’ drohen disziplinarische Maßnahmen, im äußersten Fall bis hin zur Kündigung.“ Damit es zu solchen Extremfällen gar nicht erst kommt, sind allerdings noch Sicherungen eingebaut, beispielsweise ein Gespräch zwischen dem Betroffenem, seiner und der nächsthöheren Führungskraft, der Personalabteilung und dem Betriebsrat. Um die Aufgabenlast Beschäftigter bei Bedarf dauerhaft senken können, steht außerdem eine Palette verschiedener Maßnahmen zur Verfügung.

Die Vereinbarung trat im November 2015 in Kraft und hat nach Einschätzung Völkls vom Start weg Wirkung gezeigt: „Wir haben unser Ziel erreicht, Exzesse überlaufender Zeitkonten gehören bei SKF in Schweinfurt praktisch zur Vergangenheit.“

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