1. Oktober 2019
Christoph Böckmann
Windkraft
Hart am Wind
Die Branche steckt tief in der Krise. Schuld ist die Politik. Sie muss endlich unterstützen, statt den Ausbau zu bremsen.

Die Energiewende ist im vollen Gang. Die letzten Atommeiler gehen vom Netz und der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist beschlossene Sache. In die Bresche springen sollen die erneuerbaren Energien. Die Auftragsbücher der Generatoren-, Turm- und Rotorproduzenten sowie ihrer Zulieferer sollten also zum Bersten voll sein. Doch die Realität sieht anders aus: Mit Senvion ist einer der großen deutschen Player dieses Jahr in die Insolvenz gerutscht. Und auch bei  anderen Windenergieanlagenherstellern und vielen Zulieferern herrscht Flaute: Seit Jahren wird in der Branche Personal abgebaut. Allein 2017, dem letzten bislang statistisch erfassten Jahr, sind knapp 26 000 Arbeitsplätze in der Windenergiebranche verschwunden.

Der Grund dafür: In Deutschland ist der Ausbau der Windkraftanlagen deutlich ins Stocken geraten. Wurden 2017 noch 1800 neue Windräder im Bundesgebiet installiert, waren es von Januar bis Ende Juni diesen Jahres nur 86, wie die Daten des Bundesverbands der Windenergie zeigen. Das ist die niedrigste Neubaurate seit fast 20 Jahren.

Schuld an der Misere trägt allein die Politik. Denn langwierige Genehmigungsverfahren, unzureichende Flächenbereitstellung für Windkraftanlagen, der überfällige Netzausbau und die massiv abgeschmolzene finanzielle Förderung sind nur einige der Gründe für die aktuell schwache Zubaurate. Die IG Metall Küste hat Betriebsräte der Branche zu den aktuellen Rahmenbedingungen befragt. Ergebnis: 96,4 Prozent bemängelten, dass von der Politik keine oder nur geringe Unterstützung käme.

Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, nimmt deshalb die Bundesregierung in die Verantwortung: „Unsere Windindustrie ist Garant für das Gelingen der Energiewende. Es kann nicht nur darum gehen, ein Ausstiegsdatum für die Kohleverstromung festzulegen und den Rest der unsichtbaren Hand des Marktes zu überlassen.“

Auf dem Krisengipfel der Windindustrie Anfang September hatte Lemb das Wirtschaftsminister Peter Altmaier nochmal klargemacht und betont: „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Es ist fünf vor zwölf!“. Altmaier versprach daraufhin, politisch nachzubessern: „Wir möchten, dass diese Branche erhalten bleibt und dass sie eine Zukunftsperspektive hat.“


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