1. Mai 2019
Transformation
Transformation nach Tarif
Beschäftigte bei Faurecia in Scheuerfeld erkämpfen Mitbestimmung.

Jahrelang haben die Beschäftigten des Autozulieferers Faurecia im rheinland-pfälzischen Scheuerfeld um ihren Standort gekämpft. Jetzt sind sie bis 2028 abgesichert. Auch vor der digitalen Transformation müssen sie keine Angst haben. Sie bestimmen mit bei der Einführung der neuen Technik und werden dafür qualifiziert.

Das haben die fast 300 Beschäftigten, zu 100 Prozent Mitglieder der IG Metall, in einem „Transformationstarifvertrag“ durchgesetzt. Das Werk Scheuerfeld wird zum modernen digitalen Pilotbetrieb umgebaut. Der französische Faurecia-Konzern investiert dafür in den nächsten zwei Jahren 1,3 Millionen Euro ― und garantiert konkrete Produktaufträge, mindestens 190 feste Mitarbeiter sowie den Erhalt der Ausbildung auf bisherigem Niveau bis Ende 2028. Wer dennoch entlassen wird, erhält gemäß Tarifvertrag je nach Betriebszugehörigkeit eine fünf- bis sechsstellige Abfindung. „Eine Werkschließung würde Faurecia 50 bis 60 Millionen Euro kosten ― allein für die Belegschaft“, erklärt der Verhandlungsführer der IG Metall, Uwe Zabel. Das macht eine Schließung zu teuer.

 

Alle beteiligt und qualifiziert

Der neue Transformationstarifvertrag schreibt vor, dass die Beschäftigten die Transformation mitgestalten. Der Lenkungskreis ist je zur Hälfte mit Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrats besetzt. Die IG Metall-Vertrauensleute beraten den Betriebsrat und werden dafür qualifiziert. Die IG Metall-Mitglieder werden regelmäßig auf Versammlungen informiert und beteiligt. Klar ist: Die Arbeit im künftigen digitalen Werk wird völlig anders. Beispielsweise wird es nur noch selbstfahrende Gabelstapler geben. Doch die Staplerfahrer müssen keine Angst haben. Sie werden umgeschult. Faurecia bezahlt allen Beschäftigten Qualifizierungen, während der Arbeitszeit, bei vollem Lohn. Arbeitgeber und Betriebsrat erstellen dazu Qualifizierungspläne für jeden Beschäftigten. Auch das Entgelt ist abgesichert. Abgruppierungen darf es nicht geben.


Jahrelanger Kampf

Vor sieben Jahren sah die Zukunft noch düster aus: Faurecia wollte das Werk dichtmachen. Die Beschäftigten wehrten sich mit Warnstreiks und mehrtägigen Betriebsversammlungen. Als die Montagebänder bei Mercedes wegen fehlender Lieferungen nach drei Tagen stillstanden, lenkte die Geschäftsführung ein und nahm die Schließung zurück. Durch einen Sozialtarifvertrag sicherte die IG Metall Standort und Arbeitsplätze. Doch auch in den folgenden Jahren mussten die Beschäftigten weiterkämpfen. Sie verteidigten ihren ­Sozialtarif und verhinderten ihren Verkauf. „Von den Kolleginnen und Kollegen können andere Belegschaften viel lernen“, betont Uwe Wallbrecher, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Betzdorf. „Wenn man zusammenhält, kann man auch nicht geknackt werden, nicht mal von einem Weltkonzern.“

Nun beginnt eine neue Zeit in Scheuerfeld, meint der Betriebsratsvorsitzende Yüksel Öztürk. „Jahrelang haben wir Angst um die Arbeitsplätze gehabt. Nun geht die Arbeit des Betriebsrats in eine andere Richtung. Wir gehen an die Mitgestaltung des Werks.“


| Das könnte Dich auch interessieren

Kontakt zur IG Metall

Link zum Artikel