1. Juni 2019
Recht so
Neue Regeln beim Anspruch auf Krankengeld
Am 11. Mai 2019 ist das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung in Kraft getreten. Welche Neuerungen sich für Versicherte ergeben, wenn der Krankengeldanspruch fortbesteht, erläutert Tjark Menssen.

Gesetzlich Krankenversicherte haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie arbeitsunfähig sind sowie bei einer Krankenhausbehandlung oder der Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des letzten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, maximal aber 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts.

Aufgrund ein und derselben Krankheit kann innerhalb von drei Jahren für längstens 78 Wochen Krankengeld bezogen werden. In den meisten Fällen sind die ersten sechs Wochen durch Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers abgedeckt, danach bleiben noch 72 Wochen, in denen die Kasse ein Einkommen sichert.

Ein erneuter Anspruch entsteht danach erst, wenn der Versicherte mindestens sechs Monate lang nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war. Hindert aber eine andere Krankheit den Versicherten daran, arbeiten zu gehen, so besteht für diese Krankheit eine eigene Drei-Jahres-Frist. Die neue Erkrankung darf aber nicht schon während der vorangegangenen entstanden sein.


Lückenloses Attest

Bislang musste der Arzt spätestens am Werktag nach dem letzten Tag der Krankschreibung ein neues Attest ausstellen. War das ärztliche Attest beispielsweise bis Freitag gültig, mussten Versicherte spätestens am Montag den Arzt aufsuchen.

Für Personen, deren Beschäftigungsverhältnis während des Krankengeldbezugs endet oder die schon vor dem Krankengeldbezug arbeitslos waren, endet die nur wegen des Krankengeldbezugs bestehende Mitgliedschaft nämlich mit dem Tag der letzten (rechtzeitig) attestierten Arbeitsunfähigkeit. In diesen Fällen führte eine verspätete ärztliche Feststellung
der weiterhin bestehenden Arbeitsunfähigkeit (AU) bisher neben dem Ende der Mitgliedschaft außerdem dazu, dass der Anspruch auf Krankengeld vollständig und dauerhaft entfiel, selbst wenn die Höchstdauer von 78 Wochen noch nicht erreicht war. Gleiches galt, wenn dem Versicherten nur deshalb nicht die weitere AU attestiert werden konnte, weil er krankheitsbedingt nicht in der Lage war, zum Arzt zu gehen, oder er diesen nicht in der Praxis angetroffen hatte. Hintergrund ist, dass der Anspruch auf Krankengeld nicht nur wie zum Beispiel die Entgeltfortzahlung vom Beginn der attestierten AU, sondern vom Tag der ärztlichen Feststellung abhängig ist.

Diese Praxis konnte dazu führen, dass Betroffene finanziell in eine existenzielle Krise gerieten. Dagegen lebte der Krankengeldanspruch für Versicherte, die in einem Beschäftigungsverhältnis standen, wieder auf, sobald die weitere Arbeitsunfähigkeit wieder ärztlich festgestellt wurde. In der Zwischenzeit wurde lediglich das Krankengeld nicht weitergezahlt.


Neue Regelung

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) unternimmt der Gesetzgeber nunmehr einen erneuter Versuch, die sogenannte Krankengeldlücke endlich zu schließen. Für Versicherte, deren Mitgliedschaft vom Krankengeldbezug abhängt, bleibt ab sofort der Anspruch auf Krankengeld auch dann bestehen, wenn die weitere AU wegen derselben Krankheit nicht rechtzeitig am nächsten Werktag, sondern innerhalb eines Monats nach dem Ende der letzten AU ärztlich festgestellt wird.

Allerdings ruht bei einer verspäteten Attestierung der Anspruch auf Krankengeld bis zur ärztlichen Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit, also während der Feststellungslücke, wegen derselben Krankheit. Das entspricht der Regelung, die bisher auch schon für Versicherte galt, die während des Bezugs von Krankengeld weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Künftig lebt also sowohl für Versicherte mit als auch ohne Beschäftigung der Anspruch auf Krankengeld zum Zeitpunkt der erneuten ärztlichen Feststellung wieder auf.


Kein Freibrief

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Krankenkassen die Zahlung von Krankengeld einstellen, weil Atteste verspätet vorgelegt werden. Versicherte sollten daher unbedingt darauf achten, dass sie schon während der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber die entsprechende Ausfertigung der AU innerhalb von sieben Tagen an ihre Krankenkasse schicken. Denn wer länger arbeitsunfähig ist und vielleicht Krankengeld beziehen muss, sichert Ansprüche nur, wenn diese Frist eingehalten wird. Auch wenn der Gesetzgeber mit dem TSVG einige Hürden beim Krankengeld angegangen ist: Die bisherigen grundsätzlichen Erfordernisse an einen lückenlosen Nachweis der Arbeitsunfähigkeit haben auch nach der gesetzlichen Änderung weiterhin Bestand. Um Lücken beim Krankengeld zu vermeiden, sollten Betroffene daher nach wie vor alles dafür tun, die Folgearbeitsunfähigkeit unverzüglich und nach Wegfall des Hinderungsgrunds ärztlich feststellen zu lassen und die Bescheinigung der Krankenkasse vorzulegen.


Tjark Menssen ist Jurist bei der DGB Rechtsschutz GmbH.


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