REMA TIP TOP Dr. Nordmann GmbH in Essen
Mit 100 Prozent den „Katalog der Grausamkeiten“ gestoppt

Anfang Oktober 2009 hing bei der Firma REMA TIP TOP Dr. Nordmann in Essen plötzlich der Haussegen schief: Die 113 Beschäftigten des Dienstleistungsunternehmens für Bergbau und Stahlindustrie sollten auf ein Fünftel ihres Einkommens verzichten. Daraufhin steigerte der Betriebsrat den ...

1. April 20101. 4. 2010


... gewerkschaftlichen Organisationsgrad – auf 100 Prozent.

„TIP TOP – Ihr zuverlässiger Partner!“ lautet der Werbespruch der Essener Firma auf ihrer Website. Doch von Zuverlässigkeit gegenüber den Beschäftigten war Anfang Oktober 2009 plötzlich keine Rede mehr. Bei REMA in der Kupferdreher Straße in Essen machte ein „Katalog der Grausamkeiten“ die Runde.

Tarifvertrag sollte ohne Not Makulatur sein
Die Geschäftsführung forderte betriebsbedingte Kündigungen, Lohn- und Gehaltskürzungen, die Reduzierung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich. Die Arbeitnehmer sollten bis zu 20 Prozent ihres Einkommens verlieren. Nicht, weil der Betrieb in den roten Zahlen steckte, sondern zur „Verbesserung der Wirtschaftlichkeit“, sprich zur Renditesteigerung. Die Belegschaft war aufgebracht und wütend. Nicht allein wegen der geplanten Kürzungsorgie. Sondern auch, weil ein Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung existiert. Nach diesem verzichtet die Belegschaft auf Tariferhöhungen und die Firmenleitung auf betriebsbedingte Kündigungen. Der Vertrag sollte plötzlich und ohne Not Makulatur sein.

Betriebsrat machte Alternativvorschläge
Betriebsrat und IG Metall reagierten sofort. Sie holten die Beratungsfirma PCG ins Haus, analysierten die Stärken und die Schwächen des Unternehmens, diskutierten Chancen und Risiken – und machten Alternativvorschläge. Diese reichten von verbesserter Montageplanung und Akquisition über mehr Schulungen und verbesserter interner Kommunikation bis hin zu „konsequentem After-Sales-Service“ (Was war gut, was war nicht gut?) und „regelmäßigem Controlling“.

Mister 100 Prozent
Klaus Saller, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, war noch nicht ganz zufrieden: „Angriffe auf unser Einkommen können wir nur dann erfolgreich abwehren, wenn wir gewerkschaftlich optimal organisiert sind.“ Er sah sich die Mitgliederliste an – und stellte überrascht fest, dass nur 59 Prozent der Beschäftigten Mitglied der IG Metall waren. Saller listete die Namen aller 41 Kolleginnen und Kollegen auf, die noch nicht IG Metall-Mitglied waren und sprach jeden an. Im Betrieb, auf der Baustelle oder zu Hause. Sein Hauptargument: „Ich halte für Euch gegenüber der Konzernspitze den Kopf hin, und zwar gern. Aber von Euch erwarte ich 100-prozentige Rückendeckung.“ Nach ein paar Tagen war der erste Block mit Beitrittserklärungen aufgebraucht. Nach vier Wochen hatte Saller alle 41 Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert.

Übrigens: Die Geschäftsführung hat die Verhandlungen über ihre Kürzungsforderungen gestoppt. Sie sieht dafür jetzt keine Notwendigkeit mehr.

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