11. März 2014
Spielerische Gestaltung von Arbeit durch „Serious Games“
Arbeit, ein einziges Spiel?
Noch gibt es nicht mal Studien. Doch wenn bald die ersten Untersuchungen veröffentlicht werden, dann – da ist sich Stefan Göbel sicher –, dann werden „Serious Games“ zahlreiche Firmenrechner erobern. Was das für die Beschäftigten bedeuten würde? „Mehr Spaß im Berufsalltag“, hofft der Forscher – ...

... und rät zugleich zur Vorsicht.

Stefan Göbel ist der Leiter der Gruppe „Serious Games“ am Multimedia Communication Lab der Technischen Universität (TU) in Darmstadt und gehört hierzulande zu den Gründern der Serious-Games-Szene. „Ja, ich denke, so in etwa kann man das schon sagen“, druckst der Familienvater und übt sich in Bescheidenheit. Als Dozent lehrt er an der TU seit 2011 unter anderem das interdisziplinäre Modul „Serious Games“ (ernste Computerspiele). Inzwischen beteiligen sich 15 fachübergreifende Forschungsgruppen, Tendenz steigend. „Immer mehr finden an dem Thema gefallen“, sagt Göbel.


Nicht nur Unterhaltung

Der Nutzen von „Serious Games“ soll über die bloße Unterhaltung hinausgehen. Reize wie Freude, Überraschung und Herausforderung sollen motivieren, damit Arbeit möglichst nicht mehr als Arbeit wahrgenommen wird. Ob das funktioniert, dazu gibt es bislang kaum verlässliche Daten. Doch etwa der Katastrophenschutz nutzt die Spiele bereits, die Wissenschaft, das Bildungs- und Gesundheitswesen, Sportler, die Städteplanung und Ingenieure. Meist mit positiver Resonanz. Ein bekanntes Beispiel für ein Serious Game ist ein sogenannter Ego-Shooter der gemeinnützigen Organisation HopeLab. Krebskranke Kinder können in dem Computerspiel Tumore bekämpfen. Das soll die Selbstheilungskräfte stärken.


Ein weiteres Beispiel ist das Spiel „ExperiMINTe“ des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Es erhielt den Deutschen Computerspielpreis 2010 und wurde als bestes Aus- und Weiterbildungsspiel ausgezeichnet. Das Lernspiel soll mathematische und technische Zusammenhänge vermitteln und dazu beitragen, der Metall- und Elektroindustrie den Nachwuchs zu sichern. Beispielsweise müssen Zahnräder in ein Gehäuse montiert oder ein Kran konstruiert werden, mit dem sich ein Schiff löschen lässt.


Durch spielerische Elemente attraktiver

Stefan Göbel, ein großer Fan des alten C64-Spiels „Boulder Dash“, unterscheidet zwischen „Serious Games“ und der sogenannten Gamification. Bei letzterer soll Firmen- beziehungsweise Arbeits-Software durch spielerische Elemente attraktiver gestaltet werden. Impulsgeber für solche Software ist vor allem die starke Computerspieleindustrie. Die „Gamer“ haben Erfahrung mit Benutzer-Oberflächen, durch die sich User intuitiv klicken können. Dazu kommen meist ein spielerisches Design und ein Highscore. Etwa ein Programm zur Buchhaltung kann so spannender daherkommen.


Allerdings hat Gamification auch seine Schattenseiten. „Langweilige Arbeiten neu verpacken kommt mir ein bisschen künstlich vor“, sagt der 42-Jährige. Und das ist längst nicht alles. Ein Highscore macht wenig Sinn, wenn man sich nicht mit anderen „Spielern“ messen kann. Das sind die Kollegen. Die Arbeitsleistung jedes Einzelnen wird also erfasst und in einer Rangliste dargestellt. Für alle sichtbar. Dass diese Öffentlichkeit einen enormen Druck bedeuten kann, sollte klar sein. „Mehr Anreiz bei einer monotonen Arbeit ist sicherlich positiv“, sagt Göbel. „Aber es kann auch ins Gegenteil umschlagen“, rät er zur Vorsicht.


Ethik, Recht und Datenschutz müssen noch bewertet werden. Daran wird sich auch die IG Metall beteiligen, die unter anderem Ingenieure, Informatiker und Angestellte in der ITK-Branche vertritt.


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