13. April 2011
Thüringen: Iniative zur Eindämmung der Leiharbeit
Thüringen muss Schule machen
Seit Anfang April knüpft die thüringische Regierung ihre Wirtschaftsförderung an soziale Mindeststandards. Damit soll die Ausweitung der Leiharbeit zu Lasten von Stammarbeitsplätzen begrenzt werden. Die IG Metall unterstützt dieses Modell und fordert die übrigen Bundesländer auf, dem Beispiel ...

... Thüringens zu folgen.

Wirtschaft und Arbeitsmarkt boomen. Doch der Aufschwung in Deutschland hat eine Schattenseite. Er beschert einen neuen Rekord bei prekärer Beschäftigung und Leiharbeit. Dieser Zuwachs belegt, dass die Leiharbeit auch nach der Wirtschaftskrise in vielen Fällen missbraucht wird, um reguläre Arbeitsplätze zu verdrängen.

Um den sprunghaften Anstieg der Leiharbeit in Thüringen zu stoppen, hat das Wirtschaftsministerium dort nun soziale Mindeststandards bei Fördermitteln eingeführt. Seit April 2011 wird in Thüringen die Vergabe von Wirtschaftsförderungen an das Ausmaß der Leiharbeit im Unternehmen geknüpft. Danach erhalten Firmen, mit einem Leiharbeitsanteil von über 30 Prozent, keine Förderung bei Erweiterungsinvestitionen. Innerhalb eines Jahres hatte die Leiharbeit im Freistaat um 46,8 Prozent zugenommen.

Eine Entwicklung, die die IG Metall mit Sorge beobachtet. „Leiharbeit und Niedriglohn-Politik bedrohen den Industriestandort Deutschland. Mit einer Wettbewerbsstrategie, bei der Arbeit zur Ramschware degradiert wird, kann man im internationalen Wettbewerb nicht bestehen“, sagte der Erste Vorsitzende der Gewerkschaft Berthold Huber bei einem Treffen mit dem thüringischen Wirtschaftsminister Matthias Machnig in Frankfurt. Huber kritisierte, dass mit Leiharbeit eine zweite untere Lohnlinie in den Betrieben etabliert werde.

Thüringen kämpft seit langem gegen die Abwanderung von Fachkräften. Bis zum Jahr 2020 werden im Bundesland zusätzlich etwa 200 000 Fachkräfte benötigt. Rund ein Drittel davon wird in den nächsten zehn Jahren gebraucht. „Doch die Leiharbeit erhöht den Abwanderungsdruck“, berichtete Machnig. „Wer Fachkräfte gewinnen und als Unternehmen erfolgreich sein will, muss dafür sorgen, dass gute Arbeit und faire Löhne die Regel sind“, stellte Thüringens Wirtschaftsminister klar. Doch Leiharbeit biete weder ein sicheres Einkommen noch Jobsicherheit. Im Gegenteil: Leiharbeit erhöht den Abwanderungsdruck in andere Bundesländer.

Berthold Huber begrüßte Machnigs Initiative, die Wirtschaftsförderung an die Zahl der Leiharbeiter im Unternehmen zu koppeln, ausdrücklich. Damit setze Thüringen ein deutliches Signal gegen den Missbrauch der Leiharbeit. Denn unregulierte Leiharbeit verstoße gegen die zentralen Werte in dieser Gesellschaft wie Würde und Respekt, sagte Huber. Aufgabe der Wirtschaftsförderung sei es, die Entstehung regulärer Beschäftigung zu unterstützen.

Das Thüringer Beispiel zeige deutlich: Leiharbeit und die negativen Auswirkungen sind eine öffentliche Angelegenheit. Sie gehen diese Gesellschaft an. Es gehe eben nicht um die möglichst billige Rekrutierung von Arbeitskräften. Es gehe, so Huber, um das Leitbild von Arbeit.

Daher setzt sich die IG Metall dafür ein, dass das Thüringer Modell Schule macht. Berthold Huber forderte die Regierung der übrigen Bundesländer auf, dem Vorbild des Freistaats zu folgen. Die Förderung von Betrieben und die Schaffung von Arbeitsplätzen müsse an die Begrenzung von Leiharbeit gekoppelt werden.

Dass es sich beim Thüringer Modell um alles andere als eine Bestrafungsaktion handelt, unterstrich Armin Schild. Vielmehr sei die Koppelung der Wirtschaftsförderung an den Aufbau von Stammarbeitsplätzen eine Unterstützung für den Arbeitsmarkt in Thüringen, erklärte der Leiter des IG Metall-Bezirks Frankfurt, zu dem Thüringen zählt. Schild kündigte an, die IG Metall werde zusätzlich zu den zahlreichen Betriebsvereinbarungen zur Besserstellung von Leiharbeitnehmern auch auf tarifliche Vereinbarungen zur Begrenzung der Leiharbeit und für Equal Pay hinarbeiten.


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