1. Juli 2015
Sozial, bezahlbar, nachhaltig
So steht die IG Metall zur Energiewende
Die Energiewende stellt Deutschlands Industrie vor Herausforderungen. Doch wenn sie klug gesteuert wird, kann sie zum Wachstumsmotor werden. Die wichtigsten Positionen der IG Metall.

Eine Gesamtstrategie finden – dieser Aufgabe steht die Politik bei der Energiewende gegenüber. Die IG Metall liefert Impulse, indem sie Vertreter aus allen beteiligten Branchen an einen Tisch bringt. Am 01. Juli hat Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, zu einem Fachgespräch „Energiewende und Strommarkt“ eingeladen.

Die wichtigsten Positionen der IG Metall im Überblick:

Wie steht die IG Metall zur Energiewende?
„Die IG Metall unterstützt die Energiewende aus klimapolitischer Verantwortung und als großes Innovations- und Modernisierungsprogramm unserer Industriegesellschaft“, sagt Wolfgang Lemb. Der Weltklimarat warnt davor, dass das gesamte Ökosystem der Erde kippt, wenn die Klimaerwärmung nicht auf maximal plus zwei Grad beschränkt wird. Landwirtschaft würde vielerorts unmöglich, Küstenstädte vom steigenden Meeresspiegel verschluckt. Ziel muss es sein, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Der Verbrauch von Kohle, Öl und Gas muss sinken.

Wie unterstützt die IG Metall die Energiewende?
Die IG Metall ist bei der Energiewende an zahlreichen Fronten aktiv. Sie will erneuerbare Energien zur Leittechnologie der zukünftigen Stromerzeugung machen. Sie fordert einen viel effizienteren Einsatz von Energie bei der Gebäudetechnik, beim Energieverbrauch von Geräten und in den Produktionsprozessen. Und sie will Deutschland zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität machen. Dadurch kann der CO2-Ausstoß der Pkw-Flotten gesenkt werden. Um die Abgase des Autoverkehrs weiter zu verringern, fordert die IG Metall gut ausgebaute Verkehrswege und funktionierende Leitsysteme. Kohle- und Gaskraftwerke, die als Übergangstechnik gebraucht werden, sollen modernisiert und wo notwendig so klimaeffizient wie möglich gebaut werden.

Was muss in der Energiepolitik angepackt werden?
Der heutige Strommarkt passt nicht mehr zu den Anforderungen, die sich aus der Energiewende ergeben. Der Markt ist auf stetig produzierende Großkraftwerke ausgerichtet, nicht auf die schwankende und dezentrale Produktion von Wind- und Solaranlagen. Ein neues Marktdesign ist nötig. Für den Industriestandort Deutschland ist entscheidend, dass die Stromversorgung jederzeit gesichert ist. Die IG Metall hält deshalb sogenannte Kapazitätsmechanismen für notwendig. Ein erster Schritt ist die Schaffung einer sogenannten Kapazitätsreserve: Bestimmte Kraftwerke erhalten eine Vergütung dafür, dass sie Produktionskapazitäten vorhalten. Mit dieser Reserve wird die Stromversorgung sichergestellt, wenn die Sonne nicht scheint oder kein Wind weht.

Wie steht die IG Metall zur Atomenergie?
Die IG Metall unterstützt den Ausstieg aus der Atomenergie. Die Katastrophen der Vergangenheit haben gezeigt, dass Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist. Auch dass Atomstrom billig ist, stimmt nicht. Wo neue Meiler errichtet werden, zum Beispiel in Finnland, explodieren die Baukosten. Die Kosten für den Rückbau alter Atomkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls sind kaum abschätzbar.

Großkraftwerke oder dezentrale Stromerzeugung – was will die IG Metall?
Beides. Dezentrale Erzeugung mit Solar- oder Windkraftanlagen bietet viele Vorteile: Der Strom wird dort erzeugt, wo er verbraucht wird. Wertschöpfung findet vor Ort statt. Bürger können beteiligt werden, zum Beispiel über Genossenschaften oder kommunale Wind- und Solarparks. Große Windparks im Meer (Offshore) bieten ebenfalls Chancen. Sie liefern beständig Energie, weil auf dem Meer fast immer Wind weht. Diese Versorgungssicherheit ist für Industriebetriebe unerlässlich. Außerdem bietet die Offshore-Technik Wertschöpfung und Arbeitsplätze für deutsche Küstenregionen, die seit langem unter dem Niedergang der Werften leiden.

Unterstützt die IG Metall den Bau neuer Stromtrassen?
Ganz ohne neue Stromtrassen wird die Energiewende nicht funktionieren. Derzeit kann Windstrom aus dem Norden Deutschlands teilweise nicht in die Verbrauchszentren im Süden transportiert werden. Wie viele neue Leitungen gebraucht werden, hängt davon ab, wie der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien abläuft.

Geht der Ausbau der erneuerbaren Energien zu schnell?
Nein. Allerdings muss das Stromnetz optimiert werden, um die immer größeren Mengen an Ökostrom zu verteilen. Eine weitere Herausforderung ist die Speicherung von grünem Strom. Weil die vorhandenen Techniken noch nicht wirtschaftlich sind, braucht es die Unterstützung der Politik für Investitionen und Forschung.

Wie steht die IG Metall zum Handel mit CO2-Zertifikaten?
In der EU müssen große CO2-Verursacher Verschmutzungsrechte kaufen, sogenannte CO2-Zertifikate. Das System soll Emissionen einen Preis geben und so einen Anreiz geben für Innovationen und Investitionen in C02-effiziente Technologien. Das funktioniert aber nicht, weil derzeit zu viele Zertifikate auf dem Markt sind und ihr Preis deshalb gering ist. Die EU-Kommission will das Angebot an Zertifikaten in Zukunft verknappen. Gleichzeitig soll der Emissionshandel so ausgestaltet werden, dass es für die Industrie zu keinem Verdrängungswettbewerb in Länder ohne Emissionshandel kommt. Die IG Metall unterstützt diese Pläne.

Warum tritt die IG Metall für Industrierabatte bei der EEG-Umlage ein?
Die Energiewende darf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie nicht gefährden. Voraussetzung dafür ist eine sichere und bezahlbare Energieversorgung. Die Strompreise in Deutschland sind deutlich höher als in vielen anderen Industriestaaten. Deshalb ist es richtig, die energieintensive Industrie bei der EEG-Umlage zu entlasten. Begünstigt sind zum Beispiel Aluminium- und Stahlproduzenten. Würden diese Unternehmen nicht entlastet, wäre ihre Existenz in Deutschland gefährdet und damit auch viele Arbeitsplätze. Rund 96 Prozent der Unternehmen zahlen aber die volle EEG-Umlage.

Wie will die IG Metall verhindern, dass Strom immer teurer wird?
Die Strompreise sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, das belastet Industrie und Privatleute. Die IG Metall fordert deshalb ein Strompreis-Moratorium. Die Verbraucher könnten entlastet werden, wenn die Kosten der Technologieentwicklung bei den erneuerbaren Energien, die derzeit in der EEG-Umlage enthalten sind, in einen öffentlichen Fonds ausgelagert würden. Der Fonds könnte dann zum Teil aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Schließlich ist die Energiewende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Was hält die IG Metall von „Fracking“?
Beim Fracking werden tiefliegende Gesteinsschichten aufgebrochen, um das darin gebundene Gas zu fördern. Dazu werden Chemikalien verwendet. Die IG Metall sieht bei Fracking in Deutschland nur geringen wirtschaftlichen Nutzen, dafür aber erhebliche ökologische Risiken. Solange der Einsatz giftiger Substanzen nicht ausgeschlossen werden kann, ist Fracking abzulehnen.


Studie: Arbeitsbedingungen in der Ökostrom-Branche Bündnis für Industrie

Neu auf igmetall.de

    Link zum Artikel