8. November 2013
Interview mit Thomas Klebe, Justiziar der IG Metall
Werkverträge besser zu regeln ist gesetzlich zulässig
Seit die IG Metall höhere, fairere Löhne für Leihbeschäftigte durchgesetzt hat, weichen Firmen vermehrt in Werkverträge aus, um die Löhne zu drücken. Die IG Metall fordert, dem per Gesetz einen Riegel vorzuschieben. Dagegen wehren sich die Arbeitgeber. Das sei rechtlich nicht zulässig. Auch ...

... gegen Mindestlöhne wollen sie rechtlich vorgehen, drohen sie. IG Metall-Justiziar Thomas Klebe räumt ihnen jedoch kaum Chancen ein.

Warum ist es wichtig, bei Werkverträgen gesetzlich etwas zu verändern?

Thomas Klebe: Weil die bisherigen rechtlichen Regelungen offensichtlich nicht ausreichen, um Missbrauch zu verhindern. Darum muss der Gesetzgeber die Kriterien für rechtmäßige Werkverträge klarer formulieren. Und um ihre Einhaltung kontrollieren zu können, brauchen Betriebsräte wirksamere Rechte.


Arbeitgeber haben erklärt, dass solche Änderungen verfassungswidrig seien. Sie würden in die unternehmerische Freiheit eingreifen.

In dieser Allgemeinheit ist das Unsinn. Natürlich wird die unternehmerische Freiheit eingeschränkt. Dies ist aber beim gesamten Betriebsverfassungsgesetz der Fall, das Betriebsräten Informations- und Mitspracherechte einräumt. Es ist daher verfassungsrechtlich völlig unbedenklich, wenn Informations- und Beratungsrechte bei Werkverträgen präzisiert und ausgebaut werden. Auch Regelungen zur besseren Abgrenzung und Definition von Werkvertragsarbeitnehmern zu Stammbeschäftigten und Leiharbeitnehmern, wie sie in § 7 Abs. 4 SGB IV die rot-grüne Regierung vorübergehend durchsetzte, sind verfassungsrechtlich unbedenklich.


Wäre es nicht sinnvoll, wenn Betriebsräte die Fremdvergaben kontrollieren?

Ja, Mitspracherechte des Betriebsrats sind wahrscheinlich der einzig wirksame Weg zu einer Kontrolle – und verfassungsrechtlich zulässig. Sie sind auch deshalb wichtig, weil die Betriebsräte damit bessere Möglichkeiten haben, Kernkompetenzen im Unternehmen zu halten und damit die Zukunft zu sichern. Aus meiner Sicht kann es nur dann überhaupt ernsthaft um verfassungsrechtliche Fragen gehen, wenn man die Ausgliederung von Arbeit oder ihre Vergabe an andere Unternehmen zum Mitbestimmungsrecht macht. Auch dann wäre allerdings keine Blockade möglich, kein Vetorecht des Betriebsrats, weil letztlich die Einigungsstelle entscheiden würde. Von daher sehe ich gute Argumente, dass auch ein Mitbestimmungsrecht bei der Fremdvergabe der Verfassung entspricht. Mitbestimmungsrechte sind nicht so eingeschränkt, dass sie nicht in den unternehmerisch- und wirtschaftlichen Bereich eingreifen dürften. Im Gegenteil: Es ist gerade das Ziel der Mitbestimmungsrechte, die unternehmerische Freiheit zu beschränken und den Sozialstaatsgrundsatz zur Geltung zu bringen.

Ich sehe gar keine Bedenken, wenn man dem Betriebsrat das Recht gibt, ein bestimmtes Verfahren bei Fremdvergabe durchzusetzen. So etwas gibt es insbesondere in der Automobilindustrie in den sogenannten „Make or Buy“-Betriebsvereinbarungen. Darin werden die Beteiligung und die Rechte des Betriebsrats bei einer Fremdvergabe verbindlich geregelt und auch, welche Kriterien beim Werkvertragsunternehmen einzuhalten sind, wie zum Beispiel die Geltung von Tarifverträgen oder die Existenz eines Betriebsrats.


Wie sieht es denn rechtlich mit einem gesetzlichen Mindestlohn aus?

Beim Mindestlohn sehe ich weder verfassungsrechtliche noch sonstige rechtliche Bedenken. Eine Verletzung des Artikels 12 GG (Berufsfreiheit) ist bei den bisherigen Regelungen zu Mindestentgelten nie ins Feld geführt worden. Artikel 9 Abs. 3 GG schließt ein Tätigwerden des Staates nicht generell aus. Die Tarifvertragsparteien haben zwar einen deutlichen Vorrang, wenn es darum geht, die Arbeitsbeziehungen zu regeln, also auch die Entgelte. Dies ist aber offensichtlich nicht überall möglich. Der gesetzliche Mindestlohn dient dann der Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips, mit dem eine gerechte gesellschaftliche Ordnung garantiert wird. Weil Mindestlöhne auch die sozialen Sicherungssysteme, wie Renten- und Krankenversicherung, stabilisieren würden, berühren sie auch das Gemeinwohl, an dem sich der Staat laut Grundgesetz ebenfalls orientieren muss. Der Staat kann also tätig werden, wenn der Schutz der Grundrechte nicht verwirklicht wird.


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