13. Dezember 2019
Krankenkassenbeiträge sinken
So werden Betriebsrentner jetzt entlastet
Für zigtausende Senioren war es ein finanzieller Schock: Der volle Krankenkassenbeitrag auf Betriebsrenten, also Arbeitgeber- plus Arbeitnehmeranteil. Nun gibt es Entlastung – wenn auch nicht für alle Betroffenen.

Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, zahlen ab 2020 weniger. Die Krankenkassenbeiträge sinken deutlich, besonders für niedrigere Betriebsrenten. Das entsprechende Gesetz hat der Bundestag beschlossen.

Ab 1. Januar 2020 gilt ein Freibetrag von 159,25 Euro, der in den folgenden Jahren entsprechend der durchschnittlichen Lohnentwicklung ansteigt. Bis zur Höhe des Freibetrags muss kein Krankenkassenbeitrag gezahlt werden. Erst bei jedem Euro, der diesen Freibetrag übersteigt, ist der volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag fällig. Der Freibetrag gilt sowohl für Kassenbeiträge laufender Betriebsrentenzahlungen als auch für die auf zehn Jahre verteilten Kassenbeiträge auf Kapitalauszahlungen. Hier liegt die Freigrenze 2020 bei 19 110 Euro (120 x 159,25 Euro).

Da laut Bundesgesundheitsministerium 60 Prozent der Betriebsrenten unter 318 Euro im Monat liegen, zahlt diese Gruppe künftig – bezogen auf ihre gesamte Betriebsrente – maximal den halben Kassenbeitrag.

Höhere Betriebsrenten werden zumindest teilweise entlastet. Nur bei wenigen, sehr hohen Betriebsrenten beträgt die Entlastung weniger als ein Drittel des Beitrags, verglichen mit der aktuellen Regelung.

Bislang gab es statt eines Freibetrags lediglich eine Freigrenze von 155,75 Euro. Sobald die Freigrenze überschritten wurde, mussten Betriebsrentner auf ihre gesamte Betriebsrente den vollen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen. Der Beitrag liegt aktuell bei 14,6 Prozent. Hinzu kommt der Zusatzbeitrag, der im Schnitt bei 0,9 Prozent liegt (ab 2020 bei 1,1 Prozent).

Weil der volle Beitrag das Doppelte des Arbeitnehmeranteils ist, wird die Regelung als „Doppelverbeitragung“ diskutiert.


Metallindustrie stark betroffen

Betroffen sind auch zahlreiche Metallerinnen und Metaller. In den Branchen der IG Metall sind Betriebsrenten relativ stark verbreitet. Sie bieten Beschäftigten eine Ergänzung der gesetzlichen Rente, machen den Ruhestand auskömmlicher. Der volle Kassenbeitrag, der seit 2004 bei Auszahlung von Betriebsrenten fällig wird, schmälert die Freude an dem Zubrot allerdings beträchtlich.

Viele IG Metall-Mitglieder haben in den vergangenen Jahren öffentlich gegen die Regelung protestiert. Einige von ihnen schrieben sogar Briefe an Bundesminister.

Die Gewerkschaften klagten für betroffene Mitglieder gegen das Gesetz und zogen bis vors Bundesverfassungsgericht. Doch die Richter erklärten die Regelung für zulässig. Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall 2019 beschlossen die Delegierten erneut, dass die vollen Beiträge abgeschafft werden müssen.


Probleme bleiben

Das neue Gesetz beendet die „Doppelverbeitragung“ nicht komplett. Aber er mildert sie deutlich ab.

Problematisch bleibt die Belastung höherer Betriebsrenten. Sie wirkt wie eine Strafzahlung für Beschäftigte aus Unternehmen mit guter betrieblicher Altersvorsorge und konterkariert die Bemühungen unserer Betriebsräte, die mit großem Engagement für diese guten Regelungen kämpfen. Dabei will die Politik die Betriebsrente eigentlich stärken.

Das Nachsehen haben außerdem alle, die seit Jahren volle Kassenbeiträge gezahlt haben. Die Beiträge werden nicht zurückgezahlt. Eine Rückwirkung sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Für die Beiträge zur Pflegeversicherung gilt auch in Zukunft die alte Freigrenze (siehe oben).

Hans-Jürgen Urban, der im IG Metall-Vorstand für Sozialpolitik zuständig ist, bewertet das Gesetz so: „Seit Jahren haben wir gegen die Ignoranz der Politik bei der Verbeitragung von Betriebsrenten angekämpft. Gut, dass endlich eine spürbare Entlastung angekündigt wurde. Sie bleibt jedoch hinter den berechtigten Erwartungen der Betroffen zurück. Dass Beschäftigte einen Arbeitgeberbeitrag zahlen müssen, bleibt eine Absurdität.“

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst am 14.11.2019. Wir haben ihn aktualisiert.


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