11. November 2011
John Deere in Zweibrücken
Saisonarbeit arbeitnehmerfreundlich gestalten
Die John Deere Werke Zweibrücken produzieren mit rund 1100 Beschäftigten Mähdrescher und Feldhäcksler. Es handelt sich um einen klassischen Saisonbetrieb. Im Winter und Frühjahr ist die Auslastung enorm, im Sommer ist dagegen überhaupt nichts zu produzieren.

„Unser Ziel war es, den Anteil an prekärer Beschäftigung, befristete Verträge und Leiharbeit auch in der Hochsaison so gering wie möglich zu halten und den Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse zu erhöhen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Kai Blasius. Über einen Ergänzungstarifvertrag der IG Metall und mehrere Betriebsvereinbarungen konnte das Ziel realisiert und im Sinne der Arbeitnehmer weiterentwickelt werden. „Grundgedanke ist die Ausdehnung der innerbetrieblichen Flexibilität über Arbeitszeitkonten zulasten der externen Flexibilität über Leiharbeit und Befristungen.“

Im Rahmen von Verhandlungen um einen Sanierungstarifvertrag wurde das Thema von Betriebsrat und IG Metall bereits im Jahr 2005 intensiv diskutiert – und es gelang, mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung auszuhandeln. „Auch mehr als zehn Jahre nach der Einführung der Arbeitszeitkonten ist das Thema Flexibilität weiter auf der Tagesordnung“, sagt Kai Blasius, „und das sowohl für den Arbeitgeber als auch für die Beschäftigten. Wir müssen es stetig weiter entwickeln.“

Im Ergebnis wurde vereinbart, dass die Arbeitszeit in der Arbeitsphase auf bis zu 45 Stunden wöchentlich erhöht werden kann. Der Samstag ist kein Regelarbeitstag. Die über die regelmäßige Arbeitszeit von 35 Stunden hinausgehende Arbeitszeit wird in einem Arbeitszeitkonto angesammelt. „Zum Ausgleich der hohen täglichen Belastung von bis zu neun Stunden Arbeitszeit hat jeder Beschäftigte Anspruch auf zwei Tage Freizeit pro Monat.“ Das Arbeitszeitkonto der Beschäftigten kann sich in einer Spanne von Plus 450 Stunden und Minus 300 Stunden bewegen. Die in der Hochsaison angesammelte Arbeitszeit wird gemeinsam im Sommer abgefeiert. „Die Beschäftigten im gewerblichen Bereich haben dann, unter Einbeziehung von Teilen des Urlaubes, jeden Sommer zweieinhalb bis drei Monate Freizeit und erhalten weiter ihr volles Entgelt“, sagt Kai Blasius.


Anzahl der Auszubildenden soll erhöht werden

Darüber hinaus kann jeder Beschäftigte frei darüber entscheiden, ob er bis zu 152 Stunden Arbeitszeit pro Jahr in ein Langzeit-Arbeitszeitkonto übertragen möchte. Diese Zeit kann von dem Mitarbeiter für persönliche Weiterbildung, Ausdehnung der Elternzeit, Pflege von Angehörigen, ein Sabbatjahr oder Freistellung vor Rentenbeginn in Anspruch genommen werden. Auf angesparte Arbeitszeit im Langzeitkonto hat der Arbeitgeber alleine keinen Zugriff. Er kann auch nicht darüber entscheiden, wann ein Beschäftigter zuhause bleiben soll. „Eine Barauszahlung von angesammelter Arbeitszeit ist jeweils ausgeschlossen“, sagt Blasius, „hierzu kann es nur bei Ausscheiden aus dem Unternehmen oder Tod des Beschäftigten kommen. Begleitend hierzu wurde mit dem Unternehmen vereinbart, dass auch in Zeiten der höchsten Auslassung der Anteil von Leiharbeitnehmern 12,5% der Belegschaft nicht überschreiten darf. Außerdem wurde vereinbart, die Anzahl neu einzustellender Auszubildender zu erhöhen und diese im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis unbefristet einzustellen.“

„Um den Anteil unbefristet Beschäftigter noch weiter zu erhöhen, hat das Unternehmen nach Verhandlungen mit uns im Jahr 2013 damit begonnen, Beschäftigte auf Basis von einer Regelarbeitszeit von 32 Stunden pro Woche einzustellen“, erzählt Kai Blasius. „Auf diese Weise gelang es uns, auf einen Schlag 25 Festeinstellung durchsetzen.“ Diese Beschäftigen können selbst entscheiden, ob sie das Urlaubs- und Weihnachtsgeld monatlich ausgezahlt bekommen möchten. „Dadurch bleibt der monatliche Verdienst nahezu identisch mit einem Beschäftigten auf 35 Stunden-Basis.“ Die Möglichkeit der Freizeitentnahme eines Beschäftigten über das jährliche- oder das Langzeit-Arbeitszeitkonto wird hierdurch jedoch enorm gesteigert.

Und perspektivisch? „Perspektivisch wollen wir das Thema Arbeitszeit und Beschäftigung auf einer Basis von verkürzter Vollzeit bei 32 Stunden weiter vorantreiben“, sagt Kai Blasius. Einerseits solle für noch mehr Menschen eine sichere Arbeit bei John Deere angeboten werden und andererseits profitierten die Beschäftigten von einem hohen Freizeitanteil, weil sich die Arbeit eben auf wenige Monate konzentriere.


Sozialstaatskongress der IG Metall: Worum es geht Zukunft des Sozialstaats: Interview mit Jutta Allmendinger


Sozialpolitik

    Neu auf igmetall.de

    Link zum Artikel