10. September 2015
Flexible Übergänge in den Ruhestand
Zu kaputt für die Arbeit – zu arm für die Rente
Die Politik hat mit dem Anheben des Renteneintrittsalters auf zukünftig 67 Jahre die Hürden viel zu hoch gesetzt

Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung die Forderung der IG Metall nach einer abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren umgesetzt. Seit dem 1. Juli 2014 können besonders langjährig Beschäftigte ohne Abschläge ab 63 Jahren in Rente gehen. Damit ist wieder etwas mehr Gerechtigkeit in der Rentenpolitik hergestellt. Wer besonders lange gearbeitet hat, wird beim Übergang in den Ruhestand vor dem Absturz in eine Sicherungslücke geschützt.

Die große Zahl der Anträge, die im letzten Jahr für diesen Rentenzugang eingereicht wurden, zeigt, dass der Einsatz sich gelohnt hat und es offensichtlich einen großen Bedarf nach flexiblen Übergangen in den Ruhestand gibt. Allerdings ist die Rente ab 63 nur eine Lösung auf Zeit. Schon ab 2016 soll die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente nach jahrzehntelanger Arbeit schrittweise wieder auf 65 Jahre angehoben werden. Die IG Metall kritisiert das und fordert für besonders langjährig Versicherte die unbefristete Altersgrenze von 63 Jahren. Auch die jüngeren Generationen müssen von einer echten Rente mit 63 profitieren können.

Doch es muss sich noch mehr tun in Sachen Rente. Die IG Metall fordert ein flexibles Rentenrecht, mit mehr Wahlmöglichkeiten und fairen Bedingungen für den Altersausstieg. Dazu gehört neben einer dauerhaften Rente mit 63 auch die Rückkehr zur öffentlich geförderten Altersteilzeit. Darüber hinaus fordert die IG Metall deutliche Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente. Um der massenhaft drohenden Altersarmut entgegenzuwirken, sind unter anderem eine bessere Absicherung bei Langzeitarbeitslosigkeit, die steuerfinanzierte Aufwertung von Niedriglöhnen für die Rente und die Anhebung der Grundsicherung im Alter nötig.


 

Fehlentscheidung Rente mit 67

Die IG Metall fordert, dass die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze zurückgenommen wird. Die Rente mit 67 ist und bleibt eine Fehlentscheidung. Gerade in der Metall- und Elektroindustrie sind die Arbeitsbelastungen so hoch, dass viele Beschäftigte nicht einmal bis zum 65. Lebensjahr durchhalten. Die Rente mit 67 fördert daher Arbeitslosigkeit und Altersarmut. Denn für die Beschäftigten, die nicht mehr können oder wollen, wird der Ausstieg deutlich erschwert. Denjenigen, die den Sprung in die Rente noch nicht schaffen, aber den Belastungen am Arbeitsplatz nicht mehr standhalten, drohen Arbeitslosigkeit und gekürzte Renten. Für immer mehr Menschen heißt das: zu kaputt für die Arbeit ― zu arm für die Rente. Das darf nicht sein!


 

Gegen starre Lösungen

Unterschiedliche Bedingungen in den Betrieben erfordern unterschiedliche Optionen im Rentenrecht. Nicht für alle ist jede Option geeignet, aber für alle muss etwas dabei sein. Die Menschen brauchen Wahlmöglichkeiten beim Altersübergang und sie brauchen Renten, von denen sie leben können. Daher müssen die Voraussetzungen für einen flexiblen Altersausstieg weiterentwickelt und neue Möglichkeiten geschaffen werden.

Besonders betroffen sind Beschäftigte, die in ihrem Arbeitsalltag stark beansprucht wurden. Mit der Anhebung der Regelaltersgrenze und zu engen Zugangskriterien zur Erwerbsminderungsrente droht immer mehr älteren Leistungsgeminderten der Absturz in die Armut. Wer heute eine volle Erwerbsminderungsrente beziehen will, muss nachweisen, dass er oder sie nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Fast jeder zweite Antrag auf Erwerbsminderungsrente wird abgelehnt.

Gut in Rente heißt für die IG Metall:


 

Lösungen tariflich oder gesetzlich festschreiben

Gerade bei der Altersteilzeit hat die IG Metall gemeinsam mit Betriebsräten schon einiges auf den Weg gebracht, um die Probleme zu lösen. So haben seit Januar 2010 nach dem „Tarifvertrag zum flexiblen Übergang in die Rente“ (TV FlexÜ) bis zu vier Prozent der Beschäftigten Anspruch auf Altersteilzeit ― vorausgesetzt, der Beschäftigte arbeitet mindestens zwölf Jahre in dem Betrieb. Ein Teil der Altersteilzeitplätze wird für Beschäftigte reserviert, die auf besonders belastenden Arbeitsplätzen arbeiten. In der Tarifrunde 2015 konnten weitere Verbesserungen erzielt werden, etwa höhere Aufstockungsbeträge für die unteren Entgeltgruppen und Wahlmöglichkeiten für Schichtarbeiter, damit diese abschlagsfrei in Rente gehen können.

Zusätzlich gibt es in einigen Betrieben Betriebsvereinbarungen, die die tariflichen Regelungen weiter verbessern. Bei John Deere, einem Landmaschinenhersteller, können mehr als vier Prozent in Altersteilzeit gehen und die finanziellen Leistungen sind höher. Eine Altersteilzeitregelung mit festen Aufstockungsbeträgen gilt bei der Firma Autoliv. Und der Automobilzulieferer Schnellecke hat einen Tarifvertrag „Zukunft und Demografie“ vereinbart, der darauf setzt, die Arbeitsbedingungen humaner zu gestalten, damit die Beschäftigten länger arbeiten können.


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