12. März 2013
Das deutsche Bildungssystem verstärkt die soziale Ungleichheit
Nicht nur Kosmetik, sondern eine radikale Reform
Arbeiterkinder bleiben Arbeiterkinder. Ein sozialer Aufstieg ist hierzulande mühsam. Denn noch immer hängen die Bildungschancen stark vom Elternhaus ab. Die IG Metall will, dass keiner zurückbleibt. Deshalb fordert sie eine radikale Reform des Bildungssystems, das lebenslanges Lernen für alle ...

... garantiert.

Noch immer entscheidet die Herkunft der Kinder über die soziale und berufliche Zukunft. 83 Prozent der Kinder aus einem Elternhaus mit einem Hochschulabschluss beginnen selbst ein Studium. Bei den Kindern von Nichtakademikern sind es nur 23 Prozent. Bildung entscheidet wesentlich darüber, welchen Lebensweg die Menschen einschlagen. Damit werden Berufs- und Lebenschancen festgelegt, ebenso wie Karriere- und Verdienstmöglichkeiten.


Bildung ist das A und O heißt es. Doch hierzulande werden leichtfertig die Chancen vieler aufs Spiel gesetzt. Einen Minimalstandard für alle zu gewährleisten, dazu sind viele Schulen überhaupt nicht in der Lage. In etlichen Unterrichtsfächern fehlen Lehrer oder die Räume sind nicht mehr zeitgemäß ausgestattet. Auch der Unterricht fällt viel zu oft aus. Mehr als sechs Prozent der Schulabgänger von allgemeinbildenden Schulen haben noch nicht einmal einen Hauptschulabschluss. „Bildung ist eine Schlüsselfrage. Aber das deutsche Bildungssystem wird keiner dieser Aufgaben mehr wirklich gerecht“, stellte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, fest.


Das Dilemma bei der Bildung geht nach der Schule weiter: Nur rund die Hälfte der Schulabgänger beginnt nach der Schule eine Ausbildung. Das sind rund 500 000 Jugendliche. Noch mal die gleiche Anzahl geht leer aus. Etwa 300 000 junge Menschen machen keine qualifizierte Ausbildung, sondern sind im sogenannten Übergangssystem und gut 210 000 Junge landen im Schulberufssystem.


Nicht überall optimale Ausbildungsbedingungen

Das duale Bildungssystem in Deutschland – die Kombination der betrieblichen und der schulischen Ausbildung – erhält international viel Lob. Doch allzu oft werden Jugendliche eben nicht in Vorzeigeausbildungsbetrieben ausgebildet. Sie lernen in Klein- oder Handwerksbetrieben. Und hier werden Azubis nicht selten ausgenutzt, machen Überstunden oder werden für ausbildungsfremde Arbeiten eingesetzt.


Aber auch für die, die nach der Schule studieren, läuft nicht alles rund. Die Politik investiert zwar zig Milliarden Euro in Schulen und Universitäten. Doch die Bedingungen für die Studierenden sind oft mangelhaft. Obwohl die Studiengebühren abgeschafft sind, ist für viele die finanzielle Belastung zu hoch. Ein Drittel von ihnen ist gezwungen, noch nebenbei zu arbeiten. Sie jobben nächtelang und für das Studium fehlt dann nicht selten die Zeit. Seit 2006 ist die Quote der Studienabbrecher an den Universitäten von 25 auf 35 Prozent gestiegen. So der Bildungsbericht der Bundesregierung von 2012.


Weiterbildung verstärkt Ungleichheit

Die Wirtschaft klagt viel darüber, dass qualifizierte Fachkräfte fehlen. Doch tatsächlich knausern viele Firmen bei der Fort- und Weiterbildung. Weniger als ein Prozent der Arbeitskosten investieren die Unternehmen in Fort- und Weiterbildung. Faktisch beteiligt sich nur jeder Fünfte der unter 35-Jährigen an einer betrieblichen Weiterbildung. Auch führt die berufliche Weiterbildung nicht zu besseren Bildungschancen. Im Gegenteil es verstärkt die Ungleichheit noch. Hoch- und Fachhochschulabsolventen nehmen etwa doppelt so häufig an Weiterbildungsmaßnahmen teil wie die Abgänger von Haupt- und Realschulen.

 

2020 werden voraussichtlich 2,4 Millionen qualifizierte Beschäftigte fehlen. Doch mit einem System, das nur darauf abzielt, jungen Leuten möglichst schnell die Kenntnisse für ihren Job einzupauken, kann diese Lücke nicht geschlossen werden. Gute Bildung braucht Zeit. Damit Menschen kreativ sein können, ihr Leben selbstbestimmt führen, mitbestimmen und teilhaben können. muss Bildung besser werden. Das beginnt schon im Vorschulalter, setzt sich in der Schule und den Universitäten fort und muss auch in den Unternehmen angepackt werden. Bildungsausgaben dürfen nicht nur ein Kostenfaktor sein. Sie sind Investitionen in die Zukunft.


Mehr Verantwortung für Bildung

„Die IG Metall fordert die Politik und die Wirtschaft auf, wieder mehr Verantwortung für die Bildung zu übernehmen“, sagt Wetzel. Bildung muss besser und gerechter werden. Notwendig ist ein Bildungssystem, das lebenslanges Lernen für alle ermöglicht. Damit keiner zurückbleibt, muss


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