28. November 2013
Frauen
Viele Frauen fühlen sich ermutigt
SPD und Union wollen eine Frauenquote in Aufsichtsräten

Wie viele Aufsichtsratsmitglieder bei Ford sind Frauen?


Katharina von Hebel: Von insgesamt 20 zwei: jeweils eine auf Arbeitnehmer- und eine auf Arbeitgeberseite.



Auf Arbeitnehmerseite bist Du es. Wie kamst Du dazu?
Mich hat mein Betriebsratsvorsitzender angesprochen, ob ich mir das vorstellen kann. Und ich konnte es mir vorstellen – aufgrund meiner mehr als 22-jährigen Berufserfahrung und meiner Qualifikation. Und weil ich es wichtig fand, dass unterschiedliche Gruppen der Belegschaft im Aufsichtsrat vertreten sind.



Die IG Metall hat festgestellt, dass es nicht einfach ist, Frauen für Aufsichtsratsmandate zu gewinnen. Woran liegt das?
Sie sind oft bescheidener, selbstkritischer, zweifeln an ihrer Qualifikation. Darum brauchen sie Menschen, die sie fördern, die ihnen Mut machen, Aufmerksamkeit für sie schaffen und sie konkret unterstützen, etwa mit Coachings. Da Gremien wie Betriebsräte und ihre Vorsitzenden in der Regel männerdominiert sind, geschieht das nicht so selbstverständlich wie bei Männern. Ich hatte das Glück, dass mich die Betriebsratskollegen bei Ford gefördert haben.



Ihr befasst Euch mit Fragen wie Standortauslastung, Modellpolitik. Wie viel Mehrarbeit bedeutet ein Aufsichtsratsmandat?
Das lässt sich schwer exakt in Stunden beziffern. Ich habe Schulungen der IG Metall besucht – die übrigens eine sehr wertvolle Hilfe waren. Ich lese viel mehr als früher, zum Beispiel Wirtschaftszeitungen und Automobil- Fachzeitschriften. Und vor Sitzungen des Aufsichtsrats bereite ich mich intensiv darauf vor. Das geschieht am Wochenende.



Viele Betriebsrätinnen winken ab, weil sie finden, dass sie mit der Betriebsbetreuung schon genug um die Ohren haben.
Das kann ich gut verstehen. Betriebsräte haben viele Aufgaben. Bei Frauen kommt meist die Doppelbelastung hinzu. Ich zum Beispiel habe eine 16-jährige Tochter und zehn Jahre alte Zwillinge. Familie und Arbeit zu vereinbaren gelingt mir nur dank guter Organisation, Disziplin und einer Familie, die mich stützt. Mein Mann kümmert sich um vieles. Er geht zum Beispiel mit den Kindern zum Arzt. Mindestens genauso wichtig ist, dass das Klima im Betrieb familienfreundlich und man auch flexibel ist.



Die IG Metall will bis 2018 in Aufsichtsräten den Frauenanteil unter den betrieblichen Mitgliedern auf 20 Prozent und unter den gewerkschaftlichen auf mindestens 33 Prozent erhöhen. Hältst Du das für machbar?
Ja, das denke ich schon. Wichtig ist: Die Qualifikation muss stimmen. Es gibt viele qualifizierte Frauen in den Betrieben und der IG Metall. Wenn wir solchen Frauen die Möglichkeit einräumen, in Aufsichtsräte zu gehen, wenn wir sie fordern und fördern, ist das sehr wohl machbar. Wir müssen an die Betriebsräte appellieren, sich intensiver um sie zu bemühen. Wenn wir mehr Frauen in wichtigen Positionen haben wollen, müssen wir unten anfangen. Das heißt zum Beispiel, dass wir mehr weibliche Vertrauensleute der IG Metall in den Betrieben brauchen. Wenn wir keine Frauen an der Basis haben, müssen wir uns nicht wundern, wenn es schwierig ist, genug Kandidatinnen für Betriebsrats- oder gar Aufsichtsratswahlen zu gewinnen.



Warum sollen Frauen eigentlich in Aufsichtsräten sitzen? Gibt es keine drängenderen Probleme?
Doch, gibt es. Das schließt aber Engagement für Frauen in Aufsichtsräten nicht aus. Es ist eine Frage der Chancengleichheit und Gerechtigkeit, dass geeignete Frauen auch Führungspositionen einnehmen. Als bekannt wurde, dass ich für den Aufsichtsrat von Ford kandidiere, haben mich viele Frauen angesprochen, übrigens auch aus dem Management. Sie fanden das toll und fühlten sich ermutigt. Wir haben viele qualifizierte Frauen, die solche Gremien bereichern können. Sie denken anders, kommunizieren anders, bringen andere Sichtweisen ein. Zum Beispiel bei der Ergonomie von Autos oder familienfreundlichen strapazierfähigen Materialien.



Die Koalition plant eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte. Eine gute Sache?
Ja, das unterstützt unsere Ziele, bringt Bewegung in die Sache. Ich halte eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent für sinnvoll, wenn nicht von 40 Prozent. Norwegen hat Ende 2003 beschlossen, dass in den Verwaltungsräten börsennotierter Unternehmen Frauen mindestens mit einem Anteil von 40 Prozent vertreten sein müssen. 2003 lag die Quote bei 7 Prozent, inzwischen beträgt sie 39 Prozent. Das zeigt: Es ist machbar. Aber mir ist wichtig zu betonen: Frauen wollen und sollen nicht wegen einer Quote einem Gremium angehören, sondern wegen ihrer Qualifikation.


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