28. Oktober 2015
Integration
Wie aus Flüchtlingen Fachkräfte werden
Viele Flüchtlinge bringen Fachwissen mit. Das kann dabei helfen, hierzulande beruflich Fuß zu fassen. Doch auf dem Weg zu einem Job gibt es viele Hürden.

Dass die Integration in den Arbeitsmarkt für ein Gelingen der Integration entscheidend ist, ist unbestritten. Über das wie gibt es hingegen unterschiedliche Vorstellungen. Manche befürworten, dass Flüchtlinge zu schlechteren Bedingungen eingestellt werden. Sie versuchen die Gunst der Stunde zu nutzen, um unliebsame Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt, wie den Mindestlohn, wieder zurück zu drehen und sich perspektivisch Fachkräfte zu Billiglöhnen zu sichern. Die IG Metall erteilt solchen Ideen eine klare Absage.

 

Es dürfe bei der Vermittlung von Flüchtlingen in ein Arbeitsverhältnis nicht zu Lohndumping oder Eingriffen in tarifliche und gesetzliche Regelungen kommen, erklärte der neugewählte Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall vergangene Woche. Die Delegierten untermauerten diese Forderung mit einer Resolution für eine solidarische und nachhaltige Flüchtlingspolitik.

 

„Wir akzeptieren keine Beschäftigungsverhältnisse zweiter Klasse, denn sie machen aus den Menschen Menschen zweiter Klasse“, sagte Hofmann. Den Flüchtlingen müsse zugerufen werden: „Eure Arbeit ist so viel wert wie unsere Arbeit.“ Die Unternehmen forderte Hofmann auf, sie sollten Ausbildungsplätze, Förderjahre oder tarifliche Arbeitsplätze für Flüchtlinge anbieten.


Eine Aufweichung des Mindestlohns und die Einführung einer unteren Lohnlinie lehnt die IG Metall ab. Unter dem Motto #HerzstattHetze fordert die IG Metall einen schnellen Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge. Auch die Qualifikationen der Flüchtlinge müssen rasch anerkannt werden. Nicht zuletzt sind die Sprachkenntnisse wesentlich, ob Flüchtlinge hier schnell Fuß fassen können. Dank des hohen Engagements der Bevölkerung und ihrer bemerkenswerten Hilfsbereitschaft gelingt es bisher, die Aufnahme der Flüchtlinge ― trotz zahlreicher praktischer Hindernisse und Schwierigkeiten ― zu meistern. Der menschenwürdige Umgang mit Flüchtlingen war schon immer ein Prüfstein für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für unsere Demokratie.
 


Beispiele für gelungene Integration

Alireza Chavdarian war selbst einmal Flüchtling. Vor 25 Jahren kam der Iraner nach Deutschland. Jetzt arbeitet er bei Bosch in Reutlingen und ist aktiv als Mitglied im Betriebsrat. Als dieses Jahr verstärkt Flüchtlinge nach Deutschland kamen, sprach Chavdarian mit der Personalabteilung und schlug vor, einen Flüchtling einzustellen. Die Wahl fiel auf einen Mann aus Syrien, Familienvater über 40, der in seinem Heimatland als Wirtschaftswissenschaftler bereits in technischen Berufen gearbeitet hatte. Bosch gab ihm eine Chance. Nach einem Bewerbungsgespräch bekam der Mann aus Syrien die Stelle als Maschinenbediener im Betrieb. Er leistet gute Arbeit, finden seine Kollegen. Nach den positiven Erfahrungen will Bosch nun einen weiteren Flüchtling als Praktikanten nehmen.


So wie der Betriebsrat Chavdarian gehen viele Mitglieder der IG Metall mit Idealismus und Herzblut voran. Betriebsräte sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen bei Ford Köln, BMW Dingolfing, Mansfelder Kupfer und Messing GmbH in Hettstedt helfen konkret. Sie suchen Unterkünfte, sammeln Spenden, bieten Sprachunterricht an und organisieren Arbeitsmöglichkeiten. Die positiven Beispiele zeigen, es ist kein Hexenwerk, Flüchtlinge mit Berufserfahrung hierzulande in Arbeit und Brot zu bringen. Denn das ist nicht nur ein Gebot der Mitmenschlichkeit. Auch wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen eine wichtige Rolle. Viele deutsche Unternehmen suchen heute schon händeringend nach Facharbeitern und Auszubildenden. Und viele Flüchtlinge sind hochmotiviert, hier ein neues Leben anzufangen.


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