12. November 2012
Entgeltgerechtigkeit für Frauen
Schönen Worten müssen Taten folgen
Das forderte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall zum Thema Equal Pay für Frauen. Frauen verdienen hierzulande 22 Prozent weniger als Männer. Diese Ungerechtigkeit wollen wir an der Wurzel packen. Mit der Intiative „Auf geht’s – faires Entgelt für Frauen“.

Ist die Arbeit einer Sekretärin weniger wert als die eines Maschinenschlossers? Warum verdient Lars, der vor einem Jahr in der IT- Abteilung neu eingestellt wurde, mehr Geld als die gleichaltrige Clarissa? Obwohl die junge Frau im Unternehmen ausgebildet wurde und denselben Job macht wie Lars. Pech? Liegt es daran, dass Clarissa nach bestandener Prüfung im Ausbildungsbetrieb blieb? Oder hat Lars sich, seine Fähigkeiten und Qualifikationen beim Einstellungsgespräch einfach nur besser verkauft.


Ursachen aufspüren

Dass die Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern noch immer bei über 20 Prozent liegt, kann viele Gründe haben. Doch unabhängig davon, warum Frauen hierzulande noch immer weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen – akzeptieren wird die IG Metall diesen Ungerechtigkeit nicht. Mit der Initiative „Auf geht’s – Faires Entgelt für Frauen“ wird die IG Metall tätig und will die Ursachen dafür aufspüren. „Wir nehmen uns Betrieb für Betrieb vor und machen Entgeltchecks, um Genaueres zu erfahren und das Problem angehen zu können“, kündigt Christiane Benner an.

 

Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall

Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall (Foto: Frank Rumpenhorst)

 

In Unternehmen mit Tarif geht es gerechter zu

Nach den Entgelttarifverträgen (ERA) der IG Metall für die Branchen der Metall- und Elektroindustrie gilt grundsätzich „gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit“. Trotzdem ist nicht alles in Butter, weiß Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und verantwortlich für das Thema Gleichstellung. Denn die Tarifverträge müssen in den Betrieben umgesetzt werden und da versuchen Arbeitgeber immer wieder auf Kosten der Frauen zu sparen. Bei Arbeitsplatzbeschreibungen werden die Tätigkeiten unter Wert beschrieben, um Frauen dann entsprechend niedriger eingruppieren zu können. Oder es wird versucht, bei der tariflichen Leistungszulage zu sparen.

Und da, wo es ERA nicht gibt, ist die Situation noch problematischer – also die Differenz zwischen den Gehältern von Frauen und Männern noch größer. Das ist so in den Firmen des Holz- und Kunststoffgewerbes und in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie. Dort gibt es im Gegensatz zu den ostdeutschen Textilbetrieben kein ERA. Ein Zuschneider ist im Westen höher eingruppiert als viele Frauen, die gleichwertige Tätigkeiten erledigen.


Typische Frauenjobs weniger wertgeschätzt

Auch in Berufen und Branchen, in denen überproportional Frauen arbeiten, sind die Gehälter niedriger. Friseurinnen verdienen weniger als KfZ-Mechaniker. Das Gehalt einer Sekretärin liegt unter dem Entgelt eines Facharbeiters. Doch warum ist die Arbeit einer Krankenpflegerin weniger wert als die eines Elektrotechnikers? Die Bezahlung richtet sich nach der Tätigkeit, die man ausführt. So heißt es. Das Geschlecht des Arbeitnehmers sollte dabei unerheblich sein. Also alles nur Zahlenakrobatik? Nein. Typische Frauenjobs werden in Deutschland häufig nicht so hoch wertgeschätzt. Obwohl Frauen häufig bessere Abschlüsse, eine gute Ausbildung oder ein solides Studium absolviert haben. Aber auch wenn Frauen den gleichen Job wie ihre männlichen Kollegen machen und genauso qualifiziert sind – Unterschiede bei der Bezahlung machen die Firmen trotzdem. Es beginnt schon beim Start ins Arbeitsleben und verstärkt sich noch, je älter Frauen werden. Die Frauenrenten liegen sogar 59 Prozent unter denen der Männer.

Dazu kommen noch die ungleichen Chancen. Oft wählen Frauen Jobs, in denen sie Teilzeit arbeiten können. Oder sie unterbrechen wegen der Kinder oder Pflegeaufgaben ihre Erwerbstätigkeit und stellen nicht selten ihre Karriere jahrelang zurück. Diskriminierung ist das nicht. Doch diese Faktoren machen es den Firmen einfacher, Frauen zu benachteiligen. Das ist jedoch auch etwas, was man angehen kann. Beispielsweise mit den entsprechenden Maßnahmen in den Unternehmen und in der Gesellschaft. Die IG Metall fordert daher, dass die Firmen familienfreundlicher werden. Das geht mit den unterschiedlichsten Maßnahmen: Betriebskindergärten, Arbeitszeiten, die es ermöglichen den Nachwuchs zur Kita zu bringen und Erleichterungen beim Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit.


Mit einem Gesetz die Ungleichheiten beseitigen

Aber nicht nur die Unternehmen müssen mehr tun. Dass die Politik noch immer nicht genügend Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stellt, ist ein weiteres Hemmnis. Das gerade beschlossene Betreuungsgeld ist ein Schritt in die falsche Richtung. Die 2,2 Milliarden Euro, die dafür jährlich aufgewändet werden, hätte man sinnvollerweise in den Ausbau von Kita-Plätze investiert. Denn die 100 oder 150 Euro Betreuungsgeld, die junge Eltern bekommen, wenn sie keinen Kita-Platz in Anspruch nehmen, können doch keinen Job ersetzen. Wie unsinnig das Betreuungsgeld ist, das zeigt ein Blick über unsere Landesgrenze: In Norwegen wurde das Betreuungsgeld im August 2012 wieder abgeschafft, weil es sich negativ auf die Beschäftigung von Frauen auswirkt.

Die IG Metall verfolgt seit vielen Jahren das Ziel der Chancen- und Entgeltgleichheit. In Deutschland hat sich das Problem in den vergangenen Jahren noch verschärft. Während in anderen europäische Staaten die Differenz zwischen den Entgelten von Frauen und Männern kleiner wird, tut sich in Deutschland nichts. Klar ist, dass neben den Unternehmen auch die Politik tätig werden muss. Dazu gehört eine gesetzliche Regelung. „Wir brauchen ein Entgeltgleichheitsgesetz, das die Unternehmen dazu verpflichtet, Ungleichheiten bei den Verdiensten zu beseitigen“, stellte Christiane Benner fest. Ein Gesetzentwurf der SPD geht in die richtige Richtung. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied forderte die Bundesregierung auf ihrer Pflicht als EU-Mitgliedsstaat endlich nachzukommen und europäisches Recht umsetzen.


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