24. Oktober 2019
Interview mit Jan Otto
„Mutig sein und keine Angst haben“
Jan Otto ist Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen. Dort, wo sich rechtes Gedankengut verbreitet, leistet er als Metaller wirksam Widerstand. Im Interview ermutigt er alle Aktive, auch weiter für ein solidarisches Miteinander zu kämpfen.

Du bist Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen. Wie beurteilst Du die politische Lage und die Gefahren von rechts?

Jan Otto: Ich halte nichts davon, in Panik zu verfallen. Leider gibt es immer mehr Rechtspopulisten. Sie haben aber keine Lösung für Fragen, die Beschäftigte betreffen. Da sind wir Gewerkschaften viel besser aufgestellt. Das sollte man nie vergessen. Wir haben die besseren Konzepte.


Zum Beispiel?

Wir machen gute Industriepolitik und sichern darüber Standorte und Arbeitsplätze. Wie zum Beispiel in Görlitz. Dort haben wir in einem zähen Kampf verhindert, dass das Siemens-Turbinenwerk geschlossen wurde. Das Bündnis, das 2018 dieses tolle Ergebnis erkämpfte, hat sich in der Folge zu der politischen Kraft entwickelt, die dieses Jahr mit einen AfD-Bürgermeister in Görlitz verhindert hat. Wir Gewerkschaften haben großen politischen Einfluss, wir müssen ihn nur richtig einsetzen.


Wie gehst Du als Bevollmächtigter konkret mit der AfD um?

Wir grenzen uns ab, und zwar ganz klar. Vertreter von der AfD bekommen bei uns kein Forum. Einen wie Björn Höcke würde ich von unserer Kundgebung verjagen. Ich persönlich rede nicht mit denen. Ich sehe auch keinen Grund, mit ihnen in einen Dialog zu treten. Im Umgang mit der AfD muss man mutig sein und darf keine Angst haben.


Was hat die Rechtspopulisten so stark werden lassen?

Umbrüche in der Arbeitswelt haben zu Abstiegs- und Zukunftsängsten geführt. Eine Zunahme ungleicher Verteilung von Vermögen und Einkommen hat die Lage verschärft. In der Sozialpolitik muss sich massiv etwas ändern. Es gab auch keine wirklich kluge Reaktion auf Ebene der Bundespolitik. Für viele geht es gefühlt einfach weiter wie immer.


Was können die IG Metall und die Aktiven im Betrieb ausrichten?

Wir Gewerkschaften müssen verstärkt über die rechtspopulistischen Ziele und Vorstellungen der AfD aufklären. Der Informationsaustausch über die Agitation der Rechten in und auch vor den Betrieben muss verbessert werden. Darüber hinaus müssen Betriebsräte und Vertrauensleute klare Kante zeigen ― in Bezug auf Rassismus und Faschismus. Wir haben die Initiative Respekt! Kein Platz für Rassismus. Die müssen wir im Betrieb noch bekannter machen, denn diese Initiative zeigt ganz klar, dass die IG Metall für ein solidarisches Miteinander steht. Wir müssen dafür kämpfen, dass sich die Arbeits- und Lebensbedingungen in Ost und West angleichen. Eine hohe Tarifbindung ist dafür das wirksamste Modell. Wir brauchen mehr Verteilungsgerechtigkeit. 30 Jahre nach der deutschen Einheit haben wir noch immer unterschiedliche Arbeitszeiten. Das geht nicht.


Der Gewerkschaftstag der IG Metall hat jetzt entscheidende Beschlüsse zum Umgang mit der AfD gefasst.

Richtig, das erleichtert ganz wesentlich eine klare Haltung. Nationalisten und Rechtsextremisten dürfen unsere Belegschaften nicht spalten. Mit rechtspopulistischen Parteien kann und darf es keine Zusammenarbeit geben. Der Gewerkschaftstag hat sich dafür ausgesprochen, die Aufklärungsarbeit zu intensivieren und Aktive im Betrieb in die Lage zu versetzen, wirksam Widerstand zu leisten. Dennoch dürfen wir dabei unsere stärkste Waffe nicht aus den Augen verlieren: Unsere erfolgreiche Arbeit!


Sind gute Arbeitsplätze und sichere Beschäftigung der beste Hebel gegen die AfD?

Die IG Metall ist heute der Hauptantreiber für eine durchdachte Industriepolitik. Mit Cluster-Initiativen wird die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe unterstützt und somit sichern wir langfristig Arbeitsplätze in der Region. Wir brauchen außerdem eine progressive Sozialpolitik. Wir als IG Metall stellen tagtäglich unter Beweis, dass wir Arbeits- und Lebensbedingungen aktiv verbessern können. Und da sind wir besser als ALLE anderen.


Wie ist die Politik gefordert?

Es muss Druck auf die Politik ausgeübt. Wir brauchen alternative Strategien und überzeugende Antworten auf die Existenzsorgen der Menschen. Wir als IG Metall haben sehr konkreten Einfluss auf die Politik. Durchsetzen müssen wir einen höheren Anspruch auf politische Bildung ― in ALLEN Bundesländern muss es zwingend die Möglichkeit zur Bildungszeit geben. Wir wollen einen guten sozialpartnerschaftlichen Weg gehen, sind aber auch bereit, Konflikte zu fahren und zu gewinnen. „Fairwandel“ war die richtige Reaktion auf den aktuellen Zeitgeist. Wir als IG Metall Ostsachsen stehen voll dahinter und werden die IG Metall vom Betrieb aus weiterdenken!


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