Politische Teilhabe in allen Lebensbereichen, ein modernes und transparentes Einwanderungsgesetz und klare Aufenthaltsrechte – das gehört zu einer Willkommenskultur, wie sie sich die IG Metall vorstellt. Die IG Metall engagiert sich dafür. Das ist von Stadt zu Stadt verschieden. Wir sprachen mit den IG Metall-Bevollmächtigten aus Bautzen, Gelsenkirchen und Köln.
Robert Sadowsky, Erster Bevollmächtigter, IG Metall Gelsenkirchen: „Wir brauchen eine bessere Integrationspolitik. Das heißt im Klartext: Die Kommunen brauchen Geld.“
Robert Sadowsky: (lacht) Ja und nein. Das Ruhrgebiet hat eine lange Einwanderergeschichte. Woher die Menschen kamen, hört man an den Namen. Unser Oberbürgermeister heißt Baranowski, meine Kollegin heißt Adamski. Meine Familie ist aus Masuren zugewandert, allerdings in die Lüneburger Heide.
Als die Einwanderer aus Polen kamen, boomte die Industrie im Ruhrgebiet. Die Menschen, die heute kommen, finden keine Arbeit. Wer kann, verlässt Gelsenkirchen. Häuser stehen leer, Mieten sinken. Für Menschen, die aus Südosteuropa kommen und kein Geld haben, liegt es nahe, nach Gelsenkirchen zu ziehen. Es gibt Arbeitgeber, die Migranten billig für Baustellen tageweise von der Straße anheuern. In Deutschland verdienen einige sehr gut daran, dass Menschen aus Rumänien und Bulgarien kommen.
Zuwanderung war und ist eine Bereicherung für unsere Stadt. Aber es gibt auch Probleme. Das lässt sich nicht beschönigen.
Es gibt wie überall auch unter den Zugewanderten Menschen, die sich nicht an Gesetze halten. Manche übertragen das Verhalten von wenigen auf alle Migranten. Da müssen wir gegenhalten. Statistik hilft da nicht.
Bund und Länder dürfen die Kommunen nicht allein lassen. Wir brauchen eine bessere Integrationspolitik. Dafür brauchen die Kommunen Personal. Im Klartext: Sie brauchen Geld.
Die IG Metall ist nicht nur Teil der Betriebe, sie ist Teil der Gemeinde. Wenn sich Fremdenfeindlichkeit in der Stadt ausbreitet, macht sie sich auch in den Betrieben breit. Wir wollen nicht die Wohnungen der Zuwanderer irgendwann gegen den braunen Mob verteidigen müssen.
____________________________________________________________________
Stephan Hennig: Bei uns hat sich das Bündnis “Bautzen wehrt sich gegen Asylmissbrauch„ etabliert. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wer dahintersteckt. Die NPD spielt, wohl aus Angst aus dem Landtag zu fliegen, den erbosten Bürger. Im Kern wird das Asylrecht und unsere Pflicht infrage gestellt, Menschen zu helfen, die in ihrem Land politisch verfolgt werden oder vor dem Krieg fliehen.
Als Gewerkschafter treten wir dafür ein, dass Flüchtlinge hier eine Zukunft haben. Und wir werden immer gegenhalten, wenn die NPD versucht, einen Fuß auf den Boden zu bekommen.
Nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung sind Migranten. Der Anteil der Asylsuchenden liegt bei 0,22 Prozent.
Beim Asylrecht spielen auch Ängste und Sorgen eine Rolle. Der eine oder die andere lässt sich vielleicht leicht beeinflussen von den Parolen der NPD.
Wir haben eine gemeinsame Grenze mit Polen und Tschechien. Die NPD nutzt die Grenzkriminalität für ihre Propaganda. Das verfängt bei dem einen oder der anderen. Manches Vorurteil rührt aus früheren Erfahrungen. Es wurden Arbeitsplätze abgebaut und 15 Kilometer hinter der Grenze wieder aufgebaut. Wir haben uns in den vergangenen Jahren regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen aus Polen und Tschechien getroffen. Das hat bei vielen etwas verändert.
___________________________________________________________________
Witich Rossmann, Erster Bevollmächtigter, IG Metall Köln: „Integration heißt: Zusammenleben, ohne die eigene Kultur aufzugeben.“
Witich Roßmann: Die Morde an Migranten und eine Polizei, die sich nicht vorstellen konnte, dass die Verbrechen von Rechtsextremen begangen wurden, haben klar gemacht: Rassismus ist nicht das Problem Einzelner, sondern ein gesellschaftliches. Es hat Migranten noch mal gezeigt, dass sie unter starken Vorurteilen leben müssen. Probleme gibt es auch am Arbeitsplatz. Auch dort grenzen sich Gruppen voneinander ab.
Kommt darauf an, was Integration heißt. Viele erwarten, dass Zuwanderer ihre Kultur vollständig aufgeben. Seltsamerweise nehmen Deutsche, die im Ausland leben, für sich ganz selbstverständlich in Anspruch, ihre Kultur zu leben, deutsches Fernsehen zu schauen, deutsch zu sprechen und zu essen.
Sie erwarten, dass sie ihre Probleme in der IG Metall äußern können. Für türkische Kollegen sind Aufstiegschancen ein wichtiges Thema. Sie fühlen sich benachteiligt, oft zu Recht, manchmal auch zu Unrecht.
Wenn wir zusammenleben, ohne die eigenen Kulturen aufzugeben. Integration ist mehr als gewaltfreie Zusammenarbeit am Arbeitsplatz, auch für uns als Gewerkschaft. Sie ist gelungen, wenn in der Freizeit, in Vereinen und Schrebergärten interkulturelles Leben selbstverständlich ist.