Mifa-Beschäftigte machen Druck
Das Eis gebrochen

Mit einem spontanen Streik haben die Beschäftigten des Fahrradhersteller Mifa mehr Lohn durchgesetzt und den Weg frei gemacht für die Gründung eines Betriebsrats. Bei den Arbeitnehmern in Ostdeutschland wachsen Bereitschaft und Mut, für ihre Rechte einzutreten.

18. April 201218. 4. 2012


Damit hatten die Manager des Fahrradherstellers Mitteldeutsche Fahrradwerke (Mifa) nicht gerechnet. Plötzlich standen vor kurzem nachts die Bänder still. Die Mitarbeiter legten für zwei Stunden spontan die Arbeit nieder. Der Grund: Sie forderten mehr Geld. Denn das Unternehmen in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) macht satte Gewinne. Um die Aufträge abzuarbeiten, wird im Drei-Schicht-Betrieb produziert. Täglich rollen etwa 5000 Fahrräder vom Band.


Boom bei E-Bikes

Der Markt hat durch das neue Segment der elektronisch betriebenen Fahrräder einen enormen Schub bekommen. Die Nachfrage nach E-Bikes boomt.
Kein Wunder, dass die Mifa-Beschäftigten der Meinung waren, dass bei einem Jahresüberschuss von 1,5 Millionen Euro auch mehr für sie drin sein sollte. Sie hatten es satt, dass die Gewinne nur in die Modernisierung des Werks flossen, während angelernte Mitarbeiter in der Produktion unter 8,50 Euro in der Stunde verdienen.

Schon in der Vergangenheit hatte es Beschwerden wegen niedriger Löhne gegeben. Der Betrieb ist nicht tarifgebunden, die Gründung eines Betriebsrates wurde bislang ausgebremst. Jetzt im März kam das Fass zum Überlaufen. Mit dem spontanen Streik mitten in der Nacht zeigte die Belegschaft klare Kante, dass es so nicht weitergehen kann.

Betriebsrat gründen

Um Aufträge nicht zu gefährden, entschied das Management angesichts stillstehender Bänder, dass die Mitarbeiter monatlich 150 Euro mehr Lohn erhalten. Außerdem erklärte die Geschäftsleitung, der Gründung eines Betriebsrates nicht im Wege zu stehen. Ein Erfolg auf ganzer Linie. „Die Beschäftigten warten jetzt auf die nächste Lohnabrechnung, wo die Entgelterhöhung schwarz auf weiß steht“, sagt der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Halle, Günter Meißner. „Die Geschäftsführung ist jetzt im Wort.“

Meißner sieht jetzt auch den Weg frei für die Gründung eines Betriebsrates bei Mifa. „Wer so mutig ist und eine solche Aktion startet, der steht auch als Betriebsrat seinen Mann und seine Frau.“ Demnächst will die Verwaltungsstelle Halle die Belegschaft darüber informieren, wie eine Betriebsratsgründung vonstatten geht mit Wahlvorstand und allem drum und dran.

Signalwirkung


Einer Betriebsratsgründung bei Mifa kommt Signalwirkung für die Region zu. Das Traditionsunternehmen in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) war der größte Fahrradproduzent der DDR. Das Klappfahrrad von Mifa war Kult in Ostdeutschland. Nach der Wende ging es erst mal nicht so prickelnd weiter. Arbeitsplätze gingen verloren.

Doch nach einer schwierigen Umbruchphase hat sich das Unternehmen inzwischen gefangen. Im vergangenen Jahr konnte Mifa seinen Umsatz um über 30 Prozent steigern. Mifa ist heute der einzige deutsche Massenhersteller für Fahrräder, der sich gegen die Konkurrenz aus Asien behauptet.

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