Konzernleitung verlängerte befristete Verträge nicht, Leiharbeiter mussten gehen. Derzeit sind noch rund 2000 Menschen in Laupheim beschäftigt. »Die Kon- zernleitung will weitere 620 Arbeitsplätze abbauen. Sie schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht aus. Das wollen wir verhindern«, sagt Kramer. Und er sagt auch: »Die Situation ist äußerst angespannt.« Kurzarbeit hat Arbeitsplätze gesichert Angespannt ist die Situation der gesamten Luftfahrt- branche, ein Jahr nach Ausbruch der Coronapande- mie: In der zivilen Luftfahrt sind die Aufträge um rund 40 Prozent zurückgegangen. Drei Viertel der Unter- nehmen gingen in Kurzarbeit. Rund 70 000 Beschäf- tigte sind betroffen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrt- industrie. Und eine Befragung unter den Betriebsrä- ten der Branche im Auftrag der IG Metall in 68 Betrie- ben mit mehr als 79 000 Beschäftigten zeichnet für die Zukunft ein düsteres Bild: Nach den Aussagen der Be- triebsräte ist auch 2021 mit einem weiteren Arbeitsplatz- abbau in der Luftfahrtbranche zu rechnen. Rund 10 000 Arbeitsplätze seien aufgrund der Pandemie gefährdet. Dass es bislang nicht zu einem großen Abbau von Stammarbeitsplätzen gekommen ist, liegt vor allem an der Kurzarbeit. »Ohne Kurzarbeit hätte es bei uns längst einen Stellenabbau gegeben«, sagt Klaus Kees, Betriebsratsvorsitzender von Aerotech Peissenberg. Der Zuliefererbetrieb ist der größte Arbeitgeber im Ort, rund 400 Menschen arbeiten dort. Die Beschäf- tigten fertigen vor allem Komponenten für den Trieb- werkshersteller Rolls-Royce, MTU und Safran. »Die Kolleginnen und Kollegen sind beinahe flächende- ckend in Kurzarbeit. Es ist sehr gut, dass die Regie- rung auch auf Druck der IG Metall die Regelungen auf 24 Monate ausgeweitet hat.« Doch Kees hat die Sorge, dass das nicht ausreicht. Dass die gesamte Flugbran- che nicht so schnell wieder auf die Beine kommt, vor allem die Zulieferindustrie. Die Herausforderungen sind gewaltig »Wir stehen in der dritten Reihe, der Aufschwung kommt bei uns immer später an«, sagt Kees. »Wir brauchen Zeit, wir brauchen einen Schutzraum.« Auch die großen Triebwerkshersteller seien hier ge- fordert: Sie müssen Zulieferer notfalls stützen, sie dürfen Bestellungen nicht auf null fahren. »Und die Politik muss sich weiter engagieren.« Eine nochma- lige Ausweitung der Kurzarbeiterregelungen sei not- wendig. Vor allem kleinere Zulieferer könnten ihre Liquidität nur über Kredite und weitere Hilfen sicher- stellen. »Es liegt noch ein weiter Weg vor uns«, sagt Klaus Kees. Klar ist, dass die Welt nach Corona eine t a v i r p : o t o F k a s o K n a i t s i r h C : o t o F Klaus Kees »Die Kolleginnen und Kollegen bei uns sind beinahe flächen- deckend in Kurzarbeit. Wir brauchen Zeit.« Michael Eilers »Wir müssen neue Technologien voran- treiben, Antworten auf verändertes Reise- verhalten und den Klimawandel geben.« März 2021 | metallzeitung 19 andere sein wird. Klar ist, dass es auch für die Luft- fahrtbranche nicht automatisch so werden wird wie vor der Krise. Der Airbus-Konzern erwartet, dass sich der Flugverkehr in den nächsten Jahren wieder erholt, und das Auftragsbuch des mächtigen Flugzeugbauers ist nach wie vor gut gefüllt. »Die Herausforderungen, vor denen die Branche steht, sind aber dennoch ge- waltig«, sagt Michael Eilers. Strategie für die Zukunft entwickeln Eilers ist in Nordenham Betriebsratsvorsitzender von Premium Aerotec, einem Tochterunternehmen des Air- bus-Konzerns und einem der größten Luftfahrtzuliefe- rer der Welt. Weil die Auslastung um rund 40 Prozent eingebrochen ist, stehen bei Premium Aerotec rechne- risch bis zu 2874 Jobs auf dem Spiel. »Wir lehnen be- triebsbedingte Kündigungen kategorisch ab. Wir wollen diese Krise sozialverträglich bewältigen«, sagt Eilers. Vor allem müsse jetzt eine Strategie für die Zukunft ent- wickelt werden. »Wir müssen neue Techniken voran- treiben, Antworten auf verändertes Reiseverhalten und auf den Klimawandel geben. Nur so können wir Be- schäftigung sichern, die Branche attraktiv halten.« Das betont auch Jürgen Kerner: »Der Herausforde- rung des klimaneutralen Fliegens darf man sich nicht entziehen, denn sie ist existenziell für die Zukunft der Branche«, sagt der Hauptkassierer der IG Metall, der als geschäftsführendes Vorstandsmitglied zuständig für die Luftfahrtbranche ist. »Notwendig sind deut- lich höhere Forschungsausgaben des Bundes und der Industrie. Antriebe und Treibstoffe müssen sich än- dern, die Fertigung der Flugzeuge, aber auch die Ge- schäftsmodelle. Große Konzerne wie Airbus und Rolls-Royce müssen hier die Taktgeber werden, auch als Orientierung für die Zulieferindustrie. Für einen sicheren Neustart des Luftverkehrs ist es zudem nötig, globale Reisestandards zu definieren.« Alternative Antriebe sind eine Chance Bei Diehl in Laupheim, aber längst nicht nur da, ha- ben sie sich auf den Wandel eingestellt. »Ich habe 1987 als Modellschreiner angefangen, seitdem hat sich viel geändert«, sagt Dieter Kramer. Das modulare Bauen, also das Bauen mit vorgefertigten Elementen, spielt eine immer größere Rolle. Mehr und mehr kommen dabei Kunststoffe zum Einsatz. Die sind sehr viel leichter, und sie sind sehr viel besser zu verarbeiten. »Neue Technologien ent- wickeln sich rasant. Ich bin sicher, dass Flugzeuge bald mit alternati- ven Treibstoffen angetrieben werden und auch an- ders aussehen werden«, sagt Dieter Kramer. »Das ist eine große Chance für uns.«