März 2020 | metallzeitung 25 t a v i r p : o t o F Dorthe Mika, Betriebsrätin bei Ford, sagt: Entscheidend ist der Wille bei den Betroffenen, die Situation zu ändern. Wertschätzung und Toleranz Fälle von Mobbing, Diskriminierung und sexueller Belästigung gibt es in vielen Betrieben. Bei den Ford-Werken in Köln hat man darauf mit einer Beratungsstelle für »partnerschaftliches Ver- halten am Arbeitsplatz« reagiert. Ihr Auftrag: Konflikte lösen. Dorthe Mika, Betriebsrätin, gehört zu den Mediatoren der Beratungsstelle. Sie rät, sich in Notsituationen, aus denen man nicht mehr herauskommt, unbedingt Hilfe zu holen. »Entschei- dend ist der Wille, die Situation zu ändern.« Betrof- fene könnten sich an Betriebsrat, Gleichstellungs- beauftragte, Werksärzte, vertraute Kolleginnen und Kollegen oder eben wie bei Ford an eine Be- ratungsstelle wenden. »Wir handeln unabhängig und absolut verschwiegen«, garantiert Dorthe Mika. Die Beratungsstelle bei Ford ist von Arbeit- geber und Betriebsrat paritätisch besetzt. Klar sagen, was man nicht möchte »Tritt ein Konflikt auf, frage ich beim ersten Beratungsge- spräch erstmal: ›Hast Du einmal klar gesagt, dass Du das nicht möchtest?‹«, erzählt die Betriebsrä- tin. »Das klingt zwar selbstverständlich, ist es al- lerdings meist nicht.« Die Mediatoren ermutigen und betreuen die betroffene Person, hören sich auch die Gegenseite an und besprechen anschlie- ßend alles im Team – und mit keinem anderen, das ist sehr wichtig. In einem Konflikt stehen oft zwei unterschied- liche Wahrnehmungen nebeneinander. Im ge- schützten Rahmen sollen sich die Beteiligten dann aussprechen. Die Mediatoren führen durch den Prozess. Manchmal dauert das monatelang. Am Ende schließen die Konfliktbeteiligten norma- lerweise einen Vertrag darüber, wie sie in Zukunft miteinander umgehen wollen. Nach drei Monaten prüfen die Mediatoren in der Regel, ob die Ver- tragspartner alles eingehalten haben. Damit es erst gar nicht zu Mobbing oder se- xuellen Belästigungen kommt, rät Dorthe Mika: »Behandele jeden, wie Du selbst behandelt wer- den möchtest. Alle Beschäftigten sind dazu aufge- fordert, für ein Arbeitsklima zu sorgen, das von Wertschätzung und Toleranz geprägt ist.« Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten Der Ar- beitgeber ist nach dem Allge- meinen Gleichbehandlungs- gesetz (AGG) verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu treffen – sowohl im akuten Fall, wie auch vorsorgend. Bei Verstößen muss er aktiv werden und die Beschäftigten schützen. Eine sexuelle Be- lästigung kann niemals gerechtfertigt werden. Betroffene können nach dem AGG zuallererst einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Sollte der Arbeitgeber nach vorhergehender Beschwerde die Belästigung nicht unterbinden, können Beschäftigte ihre Arbeit ohne Entgeltnach- teile niederlegen (Paragraf 14 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Das sollte aber bestenfalls in Absprache mit dem Betriebsrat geschehen, denn der Arbeitgeber könnte versuchen, eine Kündigung wegen unbe- rechtigter Arbeitsverweigerung auszusprechen. Darüber hinaus können betroffene Beschäftigte Entschädigung und Schadensersatz fordern. Vorbildfunktion Führungs- kräfte und Vorgesetzte können durch die eigene Vorbildfunk- tion sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz weitgehend ver- hindern und beenden. Dazu gehört zunächst einmal, eine klare Position gegen sexuelle Belästigung einzunehmen und diese konsequent gegenüber allen Mitarbeitenden zu ver- treten. Führungskräfte und Vorgesetzte sollten dafür ver- pflichtend geschult werden, immer die Augen offen hal- ten und Beschwerden ernstnehmen. Was gar nicht geht: sexuelle Übergriffe verharmlosen, die Schweigepflicht verletzen und so Betroffene outen. Wende Dich an den Betriebsrat Wer sich durch Sprüche, Fotos oder gar Berührungen belästigt und gekränkt fühlt, sucht am besten das Gespräch mit dem Betriebsrat oder einer der dafür eingerichteten Beschwerdestellen. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass es in jedem Betrieb eine solche geben muss. Betroffene sollten die Einrichtung dringend aufsuchen. Denn kein Mensch sollte sexuelle Belästigung tolerieren. Der Betriebsrat oder eine Beschwerdestelle werden nur aktiv, wenn die Betroffenen das auch wirklich möchten. Unterstützung gibt es auch über das Hilfetelefon »Gewalt gegen Frauen«, das die Bundesregierung eingerichtet hat. Es ist ein bundeswei- tes Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch er- leben. Unter der Nummer 08000 116 016 und per Onlineberatung erhal- ten Betroffene Unterstützung. Auch Angehörige, Freundinnen und Freunde sowie Fachkräfte erhalten anonym und kostenfrei Beratung. hilfetelefon.de