Respekt-Person
„Mir wurde oft geholfen, jetzt möchte ich etwas zurückgeben“

Kurusch Amini floh 2008 aus dem Iran. Er war 15 Jahre alt, als er seine Familie und Freunde verließ, um ein neues Leben in Europa zu beginnen.

8. Oktober 20158. 10. 2015


Es huschen Zweifel und Traurigkeit über Kurusch Aminis Gesicht. Seine Beweggründe den Iran zu verlassen seien schwer zu erklären. „Ich bin vor meiner eigenen Familie geflohen. Wir hatten politische und religiöse Meinungsverschiedenheiten“. Kontakt hält er nur noch zu seiner Mutter. Sie ist die einzige, die seinen Weg kennt: Zwei Jahre verbrachte er zunächst in Frankreich und wollte es über Deutschland bis nach Schweden schaffen. „In Deutschland haben mich viele Menschen freundlich aufgenommen und gut behandelt“, sagt Kurusch Amini rückblickend. Also blieb er und wird das Gefühl nicht los, etwas zurückgeben zu wollen. „Mir wurde so oft in meinem Leben geholfen und jetzt ist es an der Zeit, dass ich etwas zurückgebe.“

 

Am Anfang war der Wille etwas Gutes zu tun

Kurusch Amini verbringt seine freie Zeit damit, sich zu engagieren. Schon als er zur Schule ging, kümmerte er sich nebenbei um demenzkranke Menschen. „Mein Opa war demenzkrank. Ich wollte ihm eigentlich immer gerne helfen. Aber es ging nicht, denn ich war in Deutschland und er im Iran.“ Am Anfang wollte er nur irgendetwas Gutes tun, doch mit der Zeit interessierte ihn die Arbeit mit alten Menschen immer mehr. So war es dann auch mit dem gewerkschaftlichen Ehrenamt. Am ersten Tag seiner Ausbildung hörte er davon, dass es die Möglichkeit der Interessenvertretung für Azubis gibt. „Mir kam die Idee, dass dies etwas für mich sein könnte, dass es zu meinem Charakter passt. Mittlerweile kann ich es nicht mehr aus meinem Alltag wegdenken.“

 

An andere und sich selbst glauben

Seit er zum Jugend- und Auszubildendenvertreter gewählt wurde, nimmt Kurusch Amini an Fortbildung und Seminaren der IG Metall teil. Er trifft sich mit Kollegen, tauscht Erfahrungen aus. Es geht darum, wie es in anderen Betrieben läuft: Probleme im Job, Stress in der Berufsschule, Konflikte mit den Vorgesetzten. „Es gibt in den Betrieben nach wie vor Rassismus, Diskriminierung und Mobbing. Es ist meine Aufgabe diese Probleme zu erkennen und klare Ansagen zu machen, denn jeder hat das Recht auf eine gute und gerechte Behandlung“, sagt er. Eine Behandlung, die er sich selbst erst erarbeiten musste: sechs Monate Sprachschule, 67 Bewerbungen und 40 Vorstellungsgespräche. „Es war nicht leicht, denn man spürt die Vorbehalte der Menschen. Ich wollte aber unbedingt meinen Realschulabschluss und dann eine Ausbildung machen“, sagt er. Sein jetziger Meister gab ihm dann eine Chance und stellte ihn ein. „Er und noch viele andere Kollegen haben an mich geglaubt. Ich bin sehr froh sie kennengelernt zu haben.“
 

 


Flüchtlinge Willkommen heißen

Für Kurusch Amini ist es „eine große Freude“ mit anderen engagierten Leuten in Kontakt zu treten und zu arbeiten. Seine Erfahrungen möchte er neuen Azubis weitergeben: „Sie müssen wissen, dass wir dafür eintreten können, bessere Arbeitsbedingungen und damit auch eine besser Lebensqualität zu schaffen.“ Auch gesellschaftspolitische Themen, wie die Flüchtlingskrise, beschäftigen die Jugend- und Auszubildendenvertreter. »Wir haben viele freiwillige Helfer mobilisiert. Jetzt arbeiten wir gerade daran eine Demo zu organisieren«, beschreibt er und erinnert sich an seine Flucht und wie dankbar er war, herzlich empfangen zu werden. „Man darf nicht vergessen, dass die Menschen viel gelitten und gefährliche Wege hinter sich haben. Ich bin glücklich darüber, dass heute viele Deutsche so gütig sind, Flüchtlinge willkommen heißen und damit ein Vorbild sind für andere europäische Länder.“

Text: Hendrikje Borschke

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