Karriere
„Sichtbar sein ist der erste Schritt zum Erfolg.“

Es gibt zu wenig Frauen in den Chefetagen. Beraterin Marion Knaths will das ändern.

7. März 20177. 3. 2017


Gibt es einen einfachen Ratschlag, wie man als Frau Erfolg haben kann?
Marion Knaths: Einen einfachen Ratschlag leider nicht. Was aber sehr wichtig ist, und das rate ich Frauen und Männern immer wieder: „Sagt, was Ihr wollt!“

Was meinen Sie damit?
Egal ob im Mitarbeitergespräch oder beim Feedback nach einem erfolgreichen Projekt: Wer konkrete Ansagen macht, wo sie oder er in ein paar Jahren stehen will, hilft der Chefin oder dem Chef beim Einschätzen der Ambitionen. Sich sichtbar machen, im Rahmen der eigenen Möglichkeit ― egal ob schüchtern oder extrovertiert ― ist der erste Schritt zum Erfolg. Wenn Chancen da sind, zugreifen!

Beim Miteinandersprechen fängt doch das Problem für Frauen bereits an. Die meisten Vorgesetzten sind Männer, die eine andere Sprache sprechen.
Das ist so, meistens sind wir von männlichen Vorgesetzten umgeben und damit setzen sie auch die Rahmenbedingungen.

Also die Spielregeln?
Ja. Und weil die meisten Gruppen von Vorgesetzten überwiegend männlich geprägt sind, sind auch ihre Spielregeln männlich. Sie spiegeln wider, wie Männer sozialisiert sind. Das heißt, es geht bei Männern meist um Wettbewerb, sie haben als Jungs Fußball gespielt. Mädchen spielen meistens miteinander nicht gegeneinander und dieses Verhaltensmuster ist im Beruf nicht immer hilfreich.

Das ist aber sehr stereotypisch.
So ist es aber in der Realität, auch wenn ich, Sie, Gewerkschafterinnen und viele andere Frauen es uns anders wünschen.

Jammern bringt also nix, Frauen müssen Ihrer Meinung nach die Spielregeln der Männer lernen?
Ja. Das fängt mit der Begrüßung an und hört beim Verabschieden an der Bar nach einem langen Tag auf.

Kann ich als Frau diese ungeschriebenen Männergesetze überhaupt lernen?
Klar. Am besten indem man zuschaut, wie Männer sich verhalten, und sich dann als Frau in die Regeln der Gruppe integriert.

Zum Beispiel?
Begrüßungsrituale: Männer fassen sich beim Händeschütteln oft kurz an. Am Oberarm oder an der Schulter. Macht Frau das auch, wird sie von den Kollegen auf der gleichen Hierarchieebene als eine „von uns“ anerkannt. Schauen Sie sich mal die Bundeskanzlerin Merkel an, Merkel macht das bei Treffen mit anderen Staatsoberhäuptern auch so.

Klingt fast zu einfach.
Es ist einfach. Aber es funktioniert. Probieren Sie es aus! Und solche Verhaltensmuster gibt es viele. Zuschauen und von anderen lernen. Das halte ich für eine gute Strategie.

Frauen wollen aber nicht so sein wie Männer.
Darum geht es nicht. Und vor allem: Das sollen sie auch nicht. Frau ist Frau. Aber als erfolgreiche Frau – und sei es nur in einem kleinen Projekt – muss ich in der Lage sein, die hierarchischen Spielregeln zu verstehen und sie für mich zu adaptieren, um wahrgenommen zu werden.

Also auch breitbeinig sitzen?
Nein. Auf keinen Fall. Da würde eine Frau (noch) geltende Geschlechtergrenzen überschreiten, was in der Regel sanktioniert wird. Das Gleiche gilt für cholerisches Verhalten. Da gilt für uns als Frau: lieber streng als laut. Aber ich kann mir was anderes abgucken. Männer nehmen in Meetings Raum ein, und dass kann ich ebenfalls. Dafür gilt: Ellenbogen weg vom Körper, oben große Linie. Männer adressieren meist direkt die Nummer eins. Das kann ich ebenfalls tun. Ein anderes Beispiel: Ich kann meine Stimme trainieren, damit sie nicht unsicher, sondern wie eine klare Aussage klingt. Und um den Gedanken noch weiter zu verfolgen: Ich kann darauf achten, dass mein Büro so groß ist wie das meines Kollegen oder dass ich auch ein Einzelbüro habe und mein Dienstwagen so viel PS hat wie der der Männer.

Statussymbole sind Frauen meistens nicht wichtig.
Das ist das Problem. Solche Kleinigkeiten machen aber einen gewaltigen Unterschied. Es geht nicht darum, anzugeben. Es geht darum, Signale zu senden. Und so mache ich es nicht nur mir einfacher, sondern am Ende auch meinem Team. Ich muss mich auch nicht verbiegen. Aber wenn Männer einmal in der Woche nach Feierabend oder nach der Fortbildung ein Bier trinken, dann sollte ich gelegentlich mitgehen. Auch wenn ich solche Treffen doof und langweilig finde, ist es förderlich, hin und wieder zu zeigen: „Ich gehöre dazu“. Bei solchen informellen Treffen werden oft Weichen für neue Projekte oder Jobs gestellt. Und dann lässt sich abends an der Bar mit einem kleinen Nebensatz, ganz informell, signalisieren, dass man Interesse hat.

Sollten Frauen aufschneiden?
Für das Angeben gilt wieder die Geschlechtergrenze. Aber ich muss ruhig, sachlich über meinen Beitrag am Erfolg des Teams sprechen. Frauen sind häufig auf der Sachebene unterwegs. Und dabei vergessen sie, dass andere diese Sachebene nicht immer so auf dem Schirm haben wie sie selbst.

Was tun?
Immer wieder kleine Erfolgsbotschaften senden. Nach einem Meeting eine kurze E-Mail: „Wir haben heute das und das in dem Meeting durchgesetzt.“ Oder „So und so ist derzeit der Stand des Projekts.“ Oder: „Der erste Meilenstein wurde erfolgreich und termingenau erreicht.“ Das ist nicht nur für den eigenen Erfolg wichtig, sondern auch das stärkt das Team.

Kann man auch von Frauen etwas lernen?
Natürlich. Aber leider gibt es nur wenig weibliche Vorbilder. Aber die, die es im direkten Umfeld gibt, von denen kann man lernen, in dem man auch sie beobachtet und das eigene Verhalten spiegelt.

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