Kampagne für saubere Kleidung: Freizeitmarken unter der Lupe
Outdoor-Kleidung: Schick ist nicht immer fair

Outdoor-Kleidung ist beliebt, längst nicht mehr nur unter Wanderfreunden. Die Umsätze steigen. Gut für die Hersteller. Die Näherinnen haben allerdings nichts davon.

6. Dezember 20106. 12. 2010


45 Cent – mehr Arbeitslohn steckt nicht drin in vielen Freizeitjacken von Markenherstellern wie The North Face. Von den 100, 200 oder gar 300 Euro, die der Kunde im Laden dafür zahlt, kommt bei den Näherinnen nicht viel an.

Die Christliche Initiative Romero (CIR), die wie die IG Metall zu den Trägerinnen der „ Kampagne für saubere Kleidung“ gehört, hat die Arbeitsbedingungen bei der Firma Brooklyn untersucht, einem Produzenten der Marken The North Face, Patagonia, Marmot und Columbia in El Salvador. Das Ergebnis: Hungerlöhne, erzwungene Überstunden und Leistungskontrollen mit der Stoppuhr.

Kaum zu schaffen
Das Arbeitspensum, das die Firma ihren Näherinnen abverlangt, ist kaum zu schaffen, schreibt die CIR in dem Bericht. Um täglich 1200 Hemden und 60 Jacken zu produzieren, beginnen die Frauen eine Stunde vor Arbeitsbeginn, verkürzen ihre Pausen oder verzichten ganz darauf. Immer wieder kontrolliert die Fabrik Arbeiterinnen mit der Stoppuhr. Neue sogar vier Mal am Tag.

Wer zum Arzt gehen will, muss sich eine Erlaubnis holen – und zwar drei Tage vorher. Arbeiterinnen, die sich gewerkschaftlich organisieren, riskieren ihren Rausschmiss. Begründung: Die Frauen brauchen keine Gewerkschaft, weil die Fabrik die Arbeitsrechte einhält, heißt es im Bericht.

Branche wächst
Zwar zahlt die Firma Brooklyn den in El Salvador üblichen Mindestlohn von monatlich 173 US-Dollar. Zum Leben braucht eine Familie aber ungefähr das Vierfache. Das Beispiel der Firma steht nach Ansicht von Silvia Juarez Barrios stellvertretend für viele andere. „So ist ein menschenwürdiges Leben nicht möglich“, sagt die Anwältin einer salvadorianischen Frauenorganisation.

Solche Arbeitsbedingungen herrschen in einer Branche, die laut Maik Pflaum von der CIR seit Jahren boomt und Umsatzzuwächse von zwei bis drei Prozent verbucht – trotz Krise. Ein Bild, das so gar nicht zum Image passt, das sich Hersteller von Outdoor-Kleidung gerne geben. Freiheit und Abenteuer in unberührter Natur verspricht ihre Werbung. Von sozialen und umweltverträglichen Arbeitsbedingungen ist dort zwar keine Rede. Doch Käufer von Windjacken, Sportunterwäsche oder Trekkingschuhen wollen ihre guten Stücke nicht mit Ausbeutung und Elend in Verbindung sehen. Das wissen auch die Hersteller.

Vor zwei Jahren schickte die Initiative den Firmen Fragebögen zu ihrer sozialen Verantwortung. Nur die Hälfte antwortete. Die „Kampagne für saubere Kleidung“ veröffentlichte das Schweigen der Hersteller. Ein Jahr später beantworteten alle die Fragen. „Nichts kratzt mehr am Image als der Verdacht, Fabrikarbeiterinnen auszubeuten“, sagt Pflaum.

Einen Schritt weiter
Diesen Eindruck wollen die Hersteller vermeiden. Die ersten beantworten deshalb nicht nur Fragen, sie traten auch der „ Fair wear foundation“ bei. Diese Organisation setzt sich ein für faire Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftsfreiheit und gute Löhne. Mitgliedsfirmen müssen ihre Zulieferer von unabhängigen Stellen prüfen lassen. Die Sportbekleidungshersteller Mammut und Odlo gehören seit Oktober 2008 der „Fair wear foundation“ an. Jack Wolfskin folgte in diesem Sommer. Schöffel und Vaude wollen noch bis Ende des Jahres beitreten.

Kunden legen Wert auf gutes Image
Druck können die Kunden in den Fachgeschäften machen. Denn auch sie legen Wert auf das gute Image ihrer Waren. Nach Erfahrungen der CIR sollen Händler schon Marken aus dem Programm genommen haben, weil Kunden sie nach den Produktionsbedingungen fragten, der Hersteller diese Fragen aber nicht beantwortete.
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