Internationales Hilfsprojekt der IG Metall Esslingen
Werkbänke für Ägypten

Am Anfang war es eine fixe Idee. Jetzt wird es bald Realität: Dank der IG Metall in Esslingen erhalten 20 Ägypter eine Ausbildung zum Elektriker. Ein Gespräch mit der Initiatorin und Vereinsvorsitzenden Gesa von Leesen.

20. August 201420. 8. 2014


Die IG Metall in Esslingen will zusammen mit dem Verein Grussi Ausbildungsplätze im oberägyptischen Thot anbieten. Wer hatte die Idee?
Gesa von Leesen:
Mein verstorbener Mann, Sieghard Bender, der ehemalige Bevollmächtigte der IG Metall Esslingen. Die Idee entstand im Urlaub während einer unserer Reisen nach Ägypten. Sieghard war der Meinung, dass junge Ägypter eine Ausbildung brauchen, um eine Perspektive zu bekommen: „Elektriker und Sanitärtechniker brauchen die hier immer “, sagte er.


Gibt es in Ägypten denn keine Berufsausbildung?

Keine duale Ausbildung. Es gibt Berufsschulen. Wir haben uns die in Thot bei Luxor vor drei Jahren angeschaut. Das war ernüchternd. Für die Elektriker gibt es beispielsweise einen Meter Kabel pro Kopf pro Jahr. Fast 50 Prozent der Schüler sind Analphabeten.

Krass.
Für die Lehrer ist es also unmöglich guten Unterricht zu geben. Wir hatten schließlich die Idee, mit einer Lehrwerkstatt für Elektriker zu starten. Nach Sieghards plötzlichem Tod im vergangenen Jahr stand schnell fest, dass wir sein Projekt weiterführen. Viele spendeten Geld anlässlich seiner Beerdigung. Und im September beginnen die ersten 20 Jugendlichen mit ihrer Ausbildung als Elektriker in unserer Lehrwerkstatt. Im nächsten Jahr kommen die Sanitärfachleute dran. Ich kann es selbst nicht fassen.

Klingt alles ganz einfach?
Es läuft rund. Ja. Aber einfach ist es nicht. Das Verschiffen der Werkbänke nach Ägypten ... Horror. Ohne die Exporterfahrung der Firma Metabo hätten wir keine Chance.

Was hat denn der Werkzeugmaschinenhersteller Metabo mit Euren Werkbänken zu tun?
Hier in der Region packen viele mit an: Die Firmen Metabo, Index, Hirschmann sind Partner des Projekts, helfen mit Geld- und Sachspenden, auch Bosch Thermotechnik hat uns unterstützt. IG Metall-Mitglieder übernehmen Patenschaften für die Azubis. Betriebsräte und Ausbilder waren bereits vor Ort und fliegen im September erneut nach Luxor um sich um Aufbau, Einweisung und Material rund um die Lehrwerkstatt zu kümmern. Und sie begleiten den Ausbildungsstart der 20 jungen Männer.

Warum nur Männer?
Mädchen in Männerberufen, das ist für die ägyptische Gesellschaft noch unvorstellbar. Aber an der Berufsschule in Thot gibt es einen Textilbereich. Vielleicht bieten wir in ein paar Jahren Ausbildungen für Mädchen an.

Wer unterstützt Euch vor Ort?
Der Gouverneur von Luxor hat großes Interesse. Das Unterrichtsministerium in Kairo begleitet das Projekt. Eine kleine Entwicklungshilfeorganisation in Thot hilft, wo sie kann. Und der Sozialattaché der IG Metall in Kairo unterstützt uns. Aber am wichtigsten sind die Lehrer.

Warum?
Die Lehrer erstellen die Lehrpläne. Sie motivieren die Auszubildenden. Sie besorgen Unterrichtsmaterial. Sie erklären uns, wie wir die Lehrwerkstatt an die örtlichen Gegebenheiten anpassen.

Wer überprüft die Lehrinhalte?
Die Lehrer erhalten von deutschen Ausbildern viele praktische Tipps. Am Ende der Ausbildung wird es eine kleine Prüfung geben und ein Zertifikat.

Und nach der Ausbildung?
Die Ausbildung bietet den jungen Männern eine andere Perspektive als Touristen anzubetteln.

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